Marine Le Pen, Fraktionschefin der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National in Frankreich
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Marine Le Pen, Fraktionschefin der Partei "Rassemblement National" in Frankreich, hat sich von der AfD distanziert. (Archivbild)

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Auf Distanz zur AfD: Woran ein EU-Rechtsbündnis scheitert

Die AfD hat mit ihren Ideen zu Europa und Migration in Deutschland eine Protestwelle ausgelöst. Rechtsparteien anderer Länder gehen auf Distanz. Das kommt nicht überraschend. Eine Analyse.

Äußerungen von AfD-Chefin Alice Weidel über einen aus ihrer Sicht wünschenswerten EU-Austritt Deutschlands haben heftigen Widerspruch von Experten und Wirtschaftsvertretern hervorgerufen. Sie warnen vor Wohlstandsverlusten. Schon seit Wochen demonstrieren Hunderttausende gegen Rechtsextremismus.

Auslöser war ein Geheimtreffen, an dem auch AfD-Politiker teilgenommen hatten. Die Teilnehmer sollen Pläne für die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund besprochen haben. Das geht auch Politikerinnen anderer europäischer Parteien am rechten Rand zu weit – und das macht ein Bündnis im beginnenden Europawahlkampf unwahrscheinlich.

Widerspruch von Le Pen und Meloni

Marine Le Pen, Fraktionschefin der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National in der französischen Nationalversammlung, distanzierte sich wegen des Geheimtreffens von der AfD und drohte sogar mit dem Ausschluss der Partei aus der gemeinsamen Fraktion im EU-Parlament. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hatte schon Anfang des Monats von unüberbrückbaren Differenzen zwischen ihrer ultrarechten Partei Fratelli d'Italia und der AfD gesprochen.

Die Französin Le Pen und Meloni in Italien vermeiden seit längerem extrem rechte Parolen. Beide Politikerinnen versuchen, die konservative Mitte in ihren Ländern zu umwerben und sich bürgerlichen Wählerinnen und Wählern zu empfehlen, während sich die AfD in Deutschland eher weiter radikalisiert. Alle drei Parteien gehören im EU-Parlament zu den zwei Fraktionen am rechten Rand: Europäische Konservative und Reformer (EKR) und Identität und Demokratie (ID). Vereint wären diese beiden Fraktionen drittstärkste Kraft im Parlament und hätten deutlich mehr Mitspracherecht – etwa bei der Vergabe von Posten.

Wie hältst du es mit Russland?

Aber es sind schon mehrere Anläufe gescheitert, eine schlagkräftige Allianz von rechtspopulistischen und nationalistischen Parteien aus ganz Europa zu schmieden. Schon der Ansatz ist schwierig: Eine Partei, die ganz auf den Nationalstaat setzt, tut sich bei grenzüberschreitenden Verbindungen naturgemäß nicht leicht. Und in der politischen Praxis sind die Meinungsunterschiede gewaltig. Großer Zankapfel sind die Beziehungen zu Russland: So steht die polnische PiS-Partei dem mächtigen Nachbarn im Osten nach jahrzehntelanger Einbindung in den sowjetischen Einflussbereich besonders ablehnend gegenüber.

Dagegen verfolgte Le Pen lange einen Schmusekurs mit Moskau und verlangte nach der Annexion der Krim 2014, die gegen Russland verhängten Sanktionen aufzuheben. 2017 ließ sich Le Pen ihren Wahlkampf von einer russischen Bank finanzieren. Während die PiS die Rolle der Nato für Europas Sicherheit betont, will Le Pen die militärischen Strukturen der Allianz verlassen. Zuletzt war die Französin auf größeren Abstand zu Wladimir Putin bedacht. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán unterhält weiter herzliche Beziehungen zum russischen Präsidenten, die er im vergangenen Oktober mit einem Handschlag besiegelte.

Streitthema Migration

Auch in der Migrationspolitik zeigen sich Differenzen. Zwar wollen praktisch alle europäischen Rechtsaußen-Parteien weniger Einwanderung nach Europa. Aber sie unterscheiden sich stark darin, wie sie die Menschen behandeln wollen, die gerade kommen oder schon hier sind. Italiens Regierungschefin Meloni und ihr Koalitionspartner Matteo Salvini von der Lega drängen darauf, in ihrem Land ankommende Migranten nach einem festen Schlüssel auf den Rest Europas zu verteilen. Dagegen verwahren sich die ungarische Regierungspartei Fidesz und die PiS in Polen, weil sie keine Migranten aufnehmen wollen.

In der Haushalts- und Finanzpolitik ticken rechte Parteien in Nord und Süd unterschiedlich: Die rechtsnationalen Schwedendemokraten drängen auf solide Staatsfinanzen, während das bei den Postfaschisten in Italien keine große Rolle spielt. Aus der AfD kam Kritik an Italien, Ungarn und Polen, weil sie von der Umverteilung deutscher Steuergelder profitierten. Die Corona-Pandemie offenbarte neue Brüche: Rechtsnationale in einigen Mitgliedsstaaten kritisierten das EU-Wiederaufbauprogramm scharf. Dagegen wurde es von den Rechten in den besonders betroffenen Ländern Italien und Spanien begrüßt. Auch wenn es um Geld geht, hört bei Europas rechtsnationalen Parteien also schnell die Freundschaft auf.

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