Verteidigungsministers Boris Pistorius im Portrait mit fragendem Blick.
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Verteidigungsministers Boris Pistorius im Portrait mit fragendem Blick.

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Ärger um Funkgeräte für Bundeswehr: Pistorius unter Druck

Die Bundeswehr soll für viel Geld digitale Funkgeräte bekommen. Doch noch ist unklar, ob und wie diese in die Fahrzeuge der Truppe eingebaut werden können. Die Opposition schäumt – und auch aus dem Regierungslager kommt Kritik.

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Die Stimmung war schon mal besser im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Ein Thema an diesem Mittwoch ist ein milliardenschweres Beschaffungsprojekt, das gerade vielen in Berlin Kopfschmerzen bereitet. Es geht um digitale Funkgeräte für die Bundeswehr, die die analogen Geräte ablösen sollen. Ein wichtiges Projekt für die Vernetzung auf dem Gefechtsfeld – und für die Kommunikation mit Nato-Partnern, bei der es bisher wegen der veralteten Geräte immer wieder zu Problemen kommt.

Digitale Funkgeräte für 13.000 Bundeswehrfahrzeuge

Deshalb hat die Bundesregierung Ende letzten Jahres bei der Industrie moderne Funkgeräte im Wert von 1,3 Milliarden Euro bestellt. Jetzt aber zeigt sich, dass sich damals offenbar niemand Gedanken über deren Einbau gemacht hat.

"Bei der Umrüstung auf digitale Funkgeräte handelt es sich um ein hochkomplexes Vorhaben", schreibt das Verteidigungsministerium in einem vertraulichen Dokument, das BR24 vorliegt. Schließlich müssten allein für eine Heeresdivision neue Geräte in rund 13.000 Fahrzeuge eingebaut werden – vom Panzer bis zum Militärlastwagen.

Umrüstung nun deutlich später als geplant

Eine Herausforderung, die "sowohl auf Industrie- als auch auf Amtsseite" unterschätzt worden sei, heißt es in dem Papier. Demnach hakt es beispielsweise bei Kühlsystemen und Lichtmaschinen, die für die Umrüstung wichtig sind. Nach jetzigem Stand sei deshalb mit einer Verzögerung von etwa einem Jahr gegenüber der ursprünglichen Planung zu rechnen. Dabei hat Verteidigungsminister Boris Pistorius immer wieder versprochen, deutlich mehr Tempo in das Beschaffungswesen der Bundeswehr zu bekommen.

Probleme mit Funkgeräten: Pistorius "einigermaßen verärgert"

Der SPD-Politiker ist nach eigenen Worten "einigermaßen verärgert" über den Vorgang. Bei einem Besuch in Estland verweist Pistorius darauf, dass der Auftrag schon im vergangenen Dezember erteilt worden sei – also vor seinem Amtsantritt. Doch die Opposition will das nicht gelten lassen, wie am Rande der Ausschusssitzung deutlich wird.

CSU kritisiert Verteidigungsminister

Der Minister sei "hochgradig nervös", sagt der CSU-Abgeordnete Florian Hahn im BR24-Gespräch. Pistorius versuche, seiner Vorgängerin Christine Lambrecht (SPD) "den Schwarzen Peter" zuzuschieben. "Das kann man aber so nicht durchgehen lassen", sagt der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Denn Pistorius sei schon seit acht Monaten im Amt und wisse, welche Beschaffungsprojekte am wichtigsten seien. "Dazu gehört die Digitalisierung", so Hahn. Für den Politiker aus Oberbayern steht fest, dass Pistorius sein Ministerium "nicht im Griff" habe.

Zweifel am Zeitplan für Nato-Zusagen

Die bestellten Funkgeräte sollten eine wichtige Rolle bei der voll einsatzbereiten Division spielen, die Deutschland der Nato für 2025 zugesagt hat. Das Verteidigungsministerium hält daran fest: Eine reibungslose Kommunikation mit den Verbündeten soll nun mit bereits eingeführten Funkgeräten eines anderen Herstellers ermöglicht werden. Doch angesichts der Probleme gibt es in Berlin Zweifel, dass das Ziel noch zu erreichen ist.

Auch aus Ampel-Reihen Kritik am Ministerium

Nicht nur die Opposition wundert sich über die Entwicklung. Auch im Regierungslager reiben sich manche die Augen. "Der Ärger ist schon groß", sagt die Verteidigungspolitikerin Sara Nanni. Das Problem sei nicht unlösbar, so die Grünen-Abgeordnete im BR24-Interview. Die Informationspolitik des Ministeriums gefalle ihr aber "überhaupt nicht". Teile des Hauses hätten noch nicht ganz verstanden, "was Zeitenwende bedeutet". Für die Zukunft fordert Nanni eine "ehrliche Risikoeinschätzung und kein Schönreden".

Den Minister trifft aus Sicht von Nanni allerdings keine Schuld. Schließlich habe er das Beschaffungsprojekt "noch von Frau Lambrecht geerbt". Jetzt müsse man schauen, wie eine Lösung aussehen könnte. Bis Klarheit herrscht, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Nach dieser Ausschusssitzung sieht die Grünen-Abgeordnete jedenfalls mehr Fragen als Antworten.

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