Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, sieht sich ein Zelt mit Tarndruck an (Archivbild).
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Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, sieht sich ein Zelt mit Tarndruck an (Archivbild).

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Medienbericht: Nato-Zusagen der Bundeswehr sind nicht zu halten

Deutschland hat seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine große Pläne in Sachen Landes- und Bündnisverteidigung. Einem Bericht zufolge ist die Lage bei der Bundeswehr noch schlechter als gedacht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vor knapp zwei Wochen besuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die 10. Panzerdivision im unterfränkischen Veitshöchheim. Sie ist Teil des Großprojekts Division 2025. Bis zu diesem Jahr hat Deutschland der Nato eine vollausgestattete Division zugesagt. Pistorius sagt vor den Soldaten in Veitshöchheim: "Die Nato braucht Kampfeinheiten, die einsatzbereit und durchhaltefähig sind." Doch beides könnte schwierig werden, wie Medienberichte nahelegen.

Division 2025 "bedingt einsatzbereit"

Ernste Zweifel äußert demnach der Heeresinspekteur, übersetzt: der Chef des Heeres, Alfons Mais, in einer "Führungsmeldung" an den früheren Generalinspekteur Eberhard Zorn. "Trotz aller Bemühungen wird die Division 2025 nur eine bedingte Einsatzbereitschaft herstellen können", zitiert die "Bild"-Zeitung aus dem 14-seitigen Schreiben, das von Anfang März stammen soll. Thema Großgerät für Einsätze: Selbst unter Rückgriff auf das Material des gesamten Heeres, könne die Division 2025 nach derzeitigem Kenntnisstand "materiell nicht vollständig mit Zielsystemen aufgestellt werden", schreibt die Zeitung.

Zurzeit würden selbst bei Rückgriff auf die Bestände des gesamten Heeres "256 von insgesamt 1.139 Positionen zu weniger als 60 Prozent verfügbar sein". Gemeint ist, dass auch eine bundeswehrübliche Praxis nicht ausreichen könnte: Wegen fehlender Ausrüstung geben andere Einheiten eigenes Material an den Bereich ab, der zum Beispiel einen Einsatz vor sich hat. Diese Methode kommt auch bei der 10. Division in Veitshöchheim zur Anwendung. Hier gibt die 1. Panzerdivision viel Gerät ab. Das soll nun allerdings mit Geld aus dem Sondervermögen ersetzt werden.

Heeresinspekteur: Heer weiterhin unterfinanziert

Das Heer könne "seine Aufgaben nicht glaubwürdig wahrnehmen", zitiert die Zeitung aus dem Bericht des Inspekteurs. Mangelnde Ressourcen und die notwendige Priorisierung auf die der Nato bis 2025 versprochene Division führten "zu absehbar gravierenden Defiziten bei der Ausbildung der übrigen Truppenteile des Heeres". Außerdem kritisiere Mais, dass das Heer weiterhin unterfinanziert und durch die Unterstützung der Ukraine zusätzlich gefordert sei. Diese Belastungen führten bereits zu einer "deutlich spürbaren Herabsetzung der Einsatzbereitschaft des Heeres", heißt es im Zeitungsbericht.

Verteidigungsministerium: Wir haben Aufholbedarf

Die Pressestelle des Heeres wollte den Bericht auf Anfrage nicht kommentieren. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte im Gespräch mit BR24, man äußere sich nicht zu internen Dokumenten und auch nicht zur Einsatzbereitschaft einzelner Truppenteile. Nur so viel: "Natürlich haben wir nach einer langen Zeit des Sparens Aufholbedarf." Es seien bereits Maßnahmen ergriffen worden, um die Lücken zu füllen. Das Sondervermögen "soll und wird die Materiallage verbessern", sagte der Sprecher. Heißt: Nachbeschaffungen für das an die Ukraine abgegebene Material seien eingeleitet worden. Und Neubeschaffungen wurden auf den Weg gebracht.

Es geht zum Beispiel um den Ersatz für 14 Panzerhaubitzen 2000, die an die Ukraine abgegeben wurden, aber nach der Abgabe zunächst nicht wieder bestellt wurden. Das wurde vor Kurzem vom Verteidigungsministerium nachgeholt. Eine der ersten Neubeschaffungen ist das Kampfflugzeug F-35 aus US-amerikanischer Herstellung. Die ersten der 35 bestellten Kampfjets dürften aber frühestens 2026 bei der Bundeswehr ankommen.

Pistorius will die Bundeswehr schneller machen

Für Verteidigungspolitiker dürfte der Bericht wenig überraschend sein. Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), hatte Mitte März gesagt: "Die Bundeswehr hat von allem zu wenig." Zudem mahnte sie zu mehr Tempo bei der Beschaffung. Die gilt als ein Kernproblem der Truppe. Als Pistorius Mitte Januar das Amt des Verteidigungsministers übernahm, sagte er personelle und strukturelle Veränderungen zu. Pistorius tauschte vor Kurzem den Generalinspekteur aus, kündigte weitere Veränderungen in der Führung bei "Mitarbeitendenversammlungen nach den Ostertagen" an.

Kurz vor Ostern ließ er in einem internen Schreiben, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, durchblicken, dass ein Planungs- und Führungsstab eingerichtet werden soll. Mutmaßliches Ziel ist es, Prozesse in der Bundeswehr zu beschleunigen.

Boris Pistorius in Veitshöchheim am 30.03.2023
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Boris Pistorius in Veitshöchheim am 30.03.2023

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