Der Verein "Hand in Hand für unser Land", hat, laut eigenen Angaben, Hundert solcher Plakate an Grundstückseigentümer im Landkreis verteilt.
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Der Verein "Hand in Hand für unser Land", hat, laut eigenen Angaben, Hundert solcher Plakate an Grundstückseigentümer im Landkreis verteilt.

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Wo Protestplakate abgebaut werden müssen

Seit den Bauernprotesten sind vielerorts Protestplakate aufgetaucht – mal mehr, mal weniger sachlich. Dabei bräuchte man für fest verankerte Protestbanner eine Baugenehmigung. In bestimmten Bereichen darf gar nicht plakatiert werden.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Seit den Bauernprotesten im Januar sind an vielen Orten in Bayern verschiedene Protestplakate von Landwirten sowie auch anderen Bürgern aufgestellt worden. Oftmals richtet sich die Kritik darauf gegen die Ampel-Regierung. Geäußert wird sie mal sachlich, mal besonders deutlich, etwa mit Kreuzen in Ampelfarben. Einige Monate sind die Protestplakate vielerorts von Behörden unkommentiert geblieben. Dabei bräuchte man für größere, fest verankerte Protestbanner eine Baugenehmigung. In bestimmten Bereichen darf grundsätzlich nicht plakatiert werden.

Grünen-Politikerin fragt nach Regeln

Im Landkreis Landsberg sind die Regeln rund um die Plakate nun in den Fokus geraten. Unter anderem durch eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Gabriele Triebel. Sie hat sich die Regeln rund um Protestplakate vom Bauministerium bestätigen lassen. "In der Antwort hieß es, dass im Außenbereich, also außerorts, diese fest installierten, in den Boden verankerten Großplakate nicht stehen dürfen", so Triebel. Laut der Bayerischen Bauordnung gibt es, anders als für Werbeanlagen, für Protestplakate keine explizite Regelung zur Verfahrensfreiheit.

Bauministerium: Genehmigung, wenn im Boden verankert

Für die Frage, ob eine Baugenehmigung erforderlich ist, kommt es zunächst darauf an, ob das Plakat als "bauliche Anlage" im Sinne der Bauordnung zu betrachten ist. Das teilt das Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr dem BR mit. Das sei der Fall, wenn es ortsfest benutzt wird und aus Bauprodukten hergestellt ist. "Bei einem am Stadl aufgehängten Leintuch dürfte das eher nicht der Fall sein, bei einem im Boden verankerten Holzkreuz oder einem freistehenden Plakat mit Ständerkonstruktion schon", so das Ministerium.

Soweit es sich bei einem Plakat um eine bauliche Anlage handelt, käme laut dem Ministerium, etwa bei einem kleineren Plakat im Garten, eine Verfahrensfreiheit als "unbedeutende bauliche Anlage" infrage. In der freien Landschaft aufgestellte Protestplakate seien aber keine unbedeutenden baulichen Anlagen in diesem Sinne. Deshalb seien sie in jedem Fall baugenehmigungspflichtig, teilt das Ministerium mit. Entscheidend ist außerdem, wie lang ein Plakat aufgestellt wird. Zum Beispiel braucht man für ein Plakat auf einem Anhänger erstmal keine Genehmigung, doch wenn der dauerhaft oder immer wieder aufgestellt wird, dann schon.

Landwirt versucht, Plakat genehmigen zu lassen

Im Norden des Landkreises bei Kaufering hat Landwirt Andreas Koneberg ein etwa zwei auf drei Meter großes Plakat aufgestellt – gut sichtbar für vorbeifahrende Autos. Bekommen hat er das Plakat von dem Verein "Hand in Hand für unser Land", der - laut eigenen Angaben - Hunderte der Plakate an Grundstückseigentümer im Landkreis verteilt hat.

Kurz nachdem Koneberg das Plakat Anfang März aufgestellt hatte, forderte ihn der Markt Kaufering per E-Mail auf, sein Plakat genehmigen zu lassen. "Irgendwann kam die Info, wir sollen es jetzt über das Landratsamt Landsberg genehmigen lassen. Das wäre kein Problem, hieß es", so Koneberg, "deshalb haben wir dann die E-Mail an das Landratsamt weitergeleitet. Und seitdem eigentlich nichts mehr gehört", so der Landwirt. Seine E-Mail an das Landratsamt bleibt seit einigen Wochen unbeantwortet.

StVO: Plakate dürfen außerorts nicht von Verkehr ablenken

Auf BR-Anfrage teilt die Behörde mit, dass für derartige Plakate keine Baugenehmigungen erteilt würden, weil Plakate außerhalb von geschlossenen Ortschaften, die sich an den Straßenverkehr richten, ohnehin verboten seien – denn die Plakate und Installationen könnten Autofahrer vom Verkehr ablenken.

Hierbei bezieht sich das Landratsamt auf die Straßenverkehrsordnung. Das Bauministerium merkt dazu an: "Bei in der Nähe von Straßen aufgestellten Plakaten kann sich unabhängig von der baurechtlichen Relevanz solcher Plakate die Frage nach einer Gefährdung des Straßenverkehrs stellen." Deshalb könne die zuständige Straßenverkehrsbehörde gegen die Plakate einschreiten. Sollte es zu einem Unfall kommen, da ein Verkehrsteilnehmer von einem Plakat abgelenkt war, könnte es außerdem zu haftungsrechtlichen Problemen für den Aufsteller kommen.

Fuchstals Bürgermeister hat andere Prioritäten

Ebenfalls im Landkreis Landsberg, weiter südlich, sind einige Protestaktionen an die Autofahrer im Bereich der B17 bei Fuchstal gerichtet. Darunter auch einige Holzkreuze in Ampelfarben. Diese Holzkreuze findet der dortige Bürgermeister Erwin Karg zwar nicht angemessen, die Plakate hingegen sieht er weniger kritisch. "Bei mir in der Gemeinde gibt es wesentlich dringendere Angelegenheiten als dass ich mich darum kümmere, dass ein Plakat entfernt wird", so Karg. "Solange sie nicht in den Straßenverkehr eingreifen, sprich Sichtdreieck freihalten, nicht Fahrradfahrer oder Fußgänger behindern, werden wir nicht dagegen vorgehen", sagt der Bürgermeister.

Landratsamt fordert Abbau von Plakaten

Unterdessen verlangt das Landratsamt die Protestplakate abzubauen. Entsprechende Beseitigungsaufforderungen hat die Behörde per E-Mail an den Bayerischen Bauernverband, den "Bund der Milchviehhalter" sowie den Verein "Hand in Hand" gewandt. Sie fordert die Mitglieder auf, die Plakate zu entfernen. Sollten Plakataufsteller nicht reagieren, könnte ein Bußgeld drohen.

Landwirt Koneberg möchte erst reagieren, wenn er direkt von der Behörde und nicht über einen der Vereine zum Abbau aufgefordert wird. Sobald er diese Aufforderung schwarz auf weiß hat, will er sein Plakat am anderen Ende des Grundstücks, abseits der Straße, aufstellen.

Signalwirkung für ganz Bayern?

Die Landtagsabgeordnete Triebel hofft, dass das Vorgehen im Landkreis Landsberg Signalwirkung für ganz Bayern hat. "Ich hoffe, dass die Staatsregierung die Verwaltungen in den Landkreisen und Gemeinden auch entsprechend informiert, damit die Gemeinden wissen, was gemacht werden darf, was möglich ist, und wo das Recht ganz klare Grenzen setzt", so Triebel.

Bayerischer Bauernverband will sich an Regeln halten

Aufgrund der anhaltenden Diskussionen im Landkreis Landsberg rund um die Protestplakate hat der Bayerische Bauernverband eine Art Merkblatt an seine Mitglieder versandt. Darauf verweist der Verband auf die Regelungen und Gesetze der Bayerischen Bauordnung, des Bundesfernstraßengesetzen, der Straßenverkehrsordnung sowie des Straßen- und Wegerechts.

Dem BR teilt Martin Wunderlich, Direktor des BBV Oberbayern, mit, dass es sich bei den vom Landratsamt Landsberg angedrohten Beseitigungsanordnungen um eine Frage im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit handele. "Wir sehen als BBV weder Raum noch den Sinn einer Grundsatzdiskussion im Hinblick auf die erfolgreichen Bauernproteste", so Wunderlich. Bereits bei den eigentlichen Aktionen der Protestwochen habe der BBV stets auf die Notwendigkeit von genehmigungsfähigen, rechtmäßigen Protestformen hingewiesen.

Bauernverband informiert Mitglieder über Gesetze

Den Vorwurf von Landwirten wie Andreas Koneberg, der BBV würde sich "als Sprachrohr der Behörde betätigen", weißt der Verband zurück. "Wir haben unverzüglich sachliche Mitgliederinformation betrieben und hinter den Kulissen alles versucht, um eine Änderung der Rechtsauffassung des Landratsamtes herbeizuführen, hatten allerdings in juristischer Hinsicht sehr schlechte Karten", so Wunderlich. Der Verband habe seinen Mitgliedern Handlungsalternativen aufgezeigt, damit die Protestbotschaften - in rechtmäßiger Weise - auch künftig im Fokus der Betrachtung bleiben können.

Martin Wunderlich betont, der Bauernverband wolle bei seinen inhaltlichen Forderungen an die Politik hart bleiben und klare Kante zeigen. Wenn es jedoch um die Wahl der Kundgebungsmittel und die Form der Aktionen gehe, wolle der Bauernverband auf dem Boden der Gesetze bleiben. "Wenn es um die angedrohten Beseitigungsanordnungen geht", so Wunderlich", sollten wir emotional etwas runterfahren, die Wertigkeit des Problems erkennen und die Kirche sowie die Protestplakate am besten im Dorf lassen", sagt der Direktor des BBV Oberbayern und Schwaben.

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