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Marion Kiechle, Bayerische Wissenschaftsministerin

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Wissenschaftsministerin Kiechle unter Druck

Marion Kiechle hat vor ihrer Zeit als Ministerin ihre Doppelrolle als Forscherin und Anteilseignerin an einem Pharmaunternehmen nicht ausreichend transparent gemacht. Nun hat sich auch Ministerpräsident Markus Söder zu den Vorwürfen geäußert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Eigentlich wollte Marion Kiechle heute nur den neuen Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums vorstellen. Allerdings musste sie sich dann doch unangenehmen Fragen stellen. Denn seit gestern stehen Vorwürfe gegen sie im Raum. Nach Recherchen von Bayerischem Rundfunk, NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hat sie als TU-Professorin einen Interessenkonflikt nicht ausreichend offengelegt – und muss sich jetzt gegen den Vorwurf wehren, wissenschaftliche Standards missachtet zu haben. Dazu sagte sie heute gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: 

"Ich habe ja eingangs gesagt, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt dazu Stellung nehmen werde." Marion Kiechle

Sie prüfe nun aber rechtliche Schritte. 

Markus Söder stellt sich hinter die Wissenschaftsministerin

Nur 100 Kilometer weiter in Ingolstadt stellt sich Ministerpräsident Markus Söder am Freitag demonstrativ hinter seine Wissenschaftsministerin:

"Also der Vorwurf geht dahin, dass eine Pressemeldung nicht genau konstruiert war? Also ich finde, sie hat das umfassend beantwortet und ich habe da keine Zweifel an der Darstellung." Markus Söder

Die Pressemitteilung stammt von einer Pharmafirma, in der die europaweite Einführung eines Tests für Brustkrebspatientinnen angekündigt wird. Darin lobt Marion Kiechle, dezidiert als Ärztin, den Test als "hervorragende Diagnosemethode" und weiter:

"Dieser neuartige Test bedeutet für uns Ärzte einen großen Fortschritt in der Behandlungsoptimierung." Marion Kiechle

Was sie dabei nicht erwähnt: Sie hält rund 10 Prozent der Anteile der Pharmafirma, die den Test mitentwickelt hat.

Kritik an Kiechles wissenschaftlichem Fehlverhalten

Für Experten wie Dr. Christiane Fischer vom Deutschen Ethikrat ist das eindeutiges wissenschaftliches Fehlverhalten.

"Moralisch ist das verwerflich, illegal ist es leider nicht." Christiane Fischer, Deutscher Ethikrat

Kiechle schreibt uns, es wäre besser gewesen, ihre Firmenanteile an dieser Stelle noch deutlicher darzustellen.

Für Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag, reicht das bei weitem nicht aus. Für ihn ist das Verhalten von Kiechle alles andere als eine Bagatelle - schließlich fehlte der Hinweis auf die Firmenanteile auch in einigen wissenschaftlichen Publikationen:

"Ihr Ansehen ist angeschlagen. Man muss sich mal vorstellen, wenn eine Wissenschaftlerin zwischen Forschung und unternehmerischer Tätigkeit keine klare Linie zieht, den Interessenkonflikt nicht offen ganz klar kommuniziert, ist das ein gewaltiges Problem, was wir haben." Ludwig Hartmann, Grüne

Kiechle hat ihrer Erinnerung zufolge in Publikationen, bei denen Interessenskonflikte relevant sind, diese stets angegeben, so sagte sie zum BR.

Opposition fordert lückenlose Aufklärung

Nicht nur die Grünen, auch die Freien Wähler und die SPD kritisieren die Wissenschaftsministerin. Für den Fraktionschef der SPD im Landtag, Markus Rinderspacher, geht es nicht nur um Kiechles wissenschaftliches Fehlverhalten:

"Jetzt ist auch der Ministerpräsident gefordert. Er hat diese Ministerin im Schnellschussverfahren ernannt." Markus Rinderspacher, SPD

Es stelle sich nun die Frage, ob Markus Söder die akademische Karriere Kiechles hinreichend geprüft habe.

"Deshalb ist die Affäre auch eine Affäre Markus Söder." Markus Rinderspacher.

Die SPD fordert nun eine lückenlose Aufklärung und kündigt eine parlamentarische Anfrage an.


Autoren: Anna Klühspies, Fabian Mader, Anna Tillack