Gedrechselte Produkte aus Furth
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Wie Furth zum Dorf der Drechsler wurde

Wie Furth zum Dorf der Drechsler wurde

Das Drechseln von Holz ist eine der ältesten Handwerkstechniken überhaupt. Moderne computergesteuerte Fräsmaschinen haben das Handwerk aber fast zum Aussterben gebracht. Doch jetzt erlebt es eine Renaissance in Furth bei Landshut.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Immer mehr Menschen wollen wieder drechseln. Vor allem die jüngere Generation zeigt großes Interesse. Inzwischen gibt es sogar Volkshochschulen in Bayern, die Drechselkurse anbieten. Und das beschauliche Furth bei Landshut mit seinen rund 3.000 Einwohnern ist in den vergangenen Jahren sozusagen zum Drechslerdorf geworden. Mit mehreren Hobby-Werkstätten und einem eigenen Drechsler-Stammtisch im Wirtshaus.

Vom Banker zum Drechsler

Konzentriert und fast ein wenig entrückt steht Werner Staudinger an seiner Drechselmaschine in seiner kleinen Werkstatt im Garten. Mit einem langen scharfen Drechslermesser schält er an der sich schnell drehenden Maschine aus einem Stück Holzstamm ein rundes Gebilde. Eigentlich ist Staudinger gelernter Banker. Doch inzwischen gilt seine ganze Leidenschaft dem Drechseln. Er ist einer von vier Männern in Furth bei Landshut, die das fast ausgestorbene Handwerk wiederbeleben: "Für mich ist das Entspannung pur", sagt er, während ihm die Holzspäne um die Ohren fliegen. "Damit kann man sich stundenlang beschäftigen und man ist abgelenkt von all den Themen, die es sonst noch gibt. Da zählt nur das Projekt". In diesem Fall ist das Projekt eine große Dose mit Deckel. Aus seinem Lieblingsmaterial: "Kirsche. Einheimische Kirsche. Das Holz hat eine wunderbare Maserung und wenn es bearbeitet ist, sieht man wie es glänzt."

Höchste Konzentration und Entspannung

Für manche ist Drechseln wie Meditation. Nur ein wenig unberechenbarer. Denn wenn das Messer einmal abrutscht, kann es gefährlich werden. Deshalb ist höchste Konzentration gefragt, wenn die Maschine einmal läuft. Der Handwerksberuf ist zwar fast ausgestorben, die Hobbydrechsler aber werden immer mehr: "Das Drechseln hat sich mehr zu einem Kunsthandwerk verändert", analysiert Staudinger.

Drechselmaschinen selbst gebaut

Die Drechslerdichte in dem 3.000-Einwohner-Dorf Furth bei Landshut ist überdurchschnittlich hoch. Ein paar Hundert Meter weiter steht Sepp Lifka an seiner Drechselmaschine im Keller. Mit ihm hat alles angefangen in Furth: Er hat alle vier Drechselmaschinen, die im Dorf im Einsatz sind, selbst gebaut. Ein Tüftler. Auch bei ihm läuft die Maschine: "Das Holz ist von einem Zierstrauch von meinem Schwager. Und das wird ein moderner Kerzenständer. So wie ihn die jungen Leute gerade schön finden", sagt er und drechselt einen filigranen, schlanken langen Kerzenständer aus Holz. Verarbeitet wird bei den Further Drechslern nur Holz aus dem eigenen Dorf. Ihre Produkte sind gefragt. Eine Existenz aber sind sie nicht. "Mei da hängst eine halbe Stunde dran", erzählt Lifka. "Und dann bekommst vielleicht acht Euro. Also leben wird man davon nicht können. Aber das wollen wir Hobbydrechsler auch nicht."

Pfeffermühlen für Frankreich

Seine bis zu einem halben Meter hohen gedrechselten Pfeffermühlen haben es sogar bis in ein Restaurant bei Paris nach Frankreich geschafft. Aber es bleibt ein Hobby. Auch für ihn ist Drechseln zur Sucht geworden. Stundenlang steht er oft an der Maschine und merkt es gar nicht. Ein Albtraum für jede Ehepartnerin - möchte man meinen: "Mein Spruch lautet immer: Nur Drechsler machen Frauen glücklich. Denn die Frauen wissen, wo die Drechsler sind. Und meistens bringen die Männer für die Deko irgendwas Brauchbares mit". Noch bevor wir seine Frau fragen können, kommt der nächste Further Drechsler Werner Englmann in die Werkstatt. Wie alle andren braucht auch er immer wieder mal Rat und Hilfe vom Sepp: "Den können wir immer fragen, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Sonst hätten wir wahrscheinlich eh schon aufgehört mit dem Drechseln."

Alle zwei Wochen ist Stammtisch

Dann machen die beiden das Licht aus in der Werkstatt im Keller und machen sich auf den Weg in das prächtig restaurierte Klosterstüberl in Furth. Dort treffen sich die Drechsler alle zwei Wochen zum Drechslerstammtisch. Werner Staudinger ist natürlich auch dabei, der vierte im Bund Sebastian Halbinger kann heute leider nicht. "Du bring uns drei Bier, weil heute hat es wieder ganz schön gestaubt," sagt Sepp Lifka zur Bedienung. Denn gegen den Drechslerstaub hilft angeblich am besten ein frisch gezapftes Bier.

Drechsler Werner Staudinger bei der Arbeit
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