"Original Nürnberger Rotbier" steht auf dem Etikett einer Biersorte der Nürnberger Tucher-Bräu. So original ist das Rotbier aber gar nicht, meint Braumeister Reinhard Engel von der Nürnberger Hausbrauerei Altstadthof und sieht in dem Tucher-Rotbier eine Verbrauchertäuschung. Engel ist quasi ein Rotbier-Experte, braut die mittelalterliche Bierspezialität seit 20 Jahren. Das Landgericht Nürnberg-Fürth gibt ihm weitgehend Recht. Die Richter ließen in der Verhandlung am Freitag (02.07.21) durchblicken, dass sie der Auffassung der Altstadtbrauerei in weiten Teilen folgen.
Kein "originaler" Herstellungsprozess wie im Mittelalter
Das Tucher-Rotbier wird in getoasteten Eichenfässern gelagert, der Sud kommt aus dem Alten Sudhaus am Nürnberger Schillerplatz. Die restlichen Bestandteile des Rotbiers aber stammen aus der Braustelle an der Stadtgrenze zu Fürth, und per Mikrooxidation wird dem Bier Kohlensäure zugeführt. Drei Punkte, die auch das Landgericht Nürnberg-Fürth kritisch sieht. Wie der Vorsitzende Richter in der Verhandlung ausführte, sieht auch er hier einen klaren Widerspruch zu der originalen Herstellungsweise von Rotbier, wie es im frühen Mittelalter gebraut wurde.
Außergerichtliche Einigung zwischen Hausbrauerei Altstadthof und Tucher gescheitert
Vor 20 Jahren hatte Reinhard Engel die Tradition des Rotbiers wiederaufleben lassen. Rotbier etablierte sich daraufhin schnell in Nürnberg und wird inzwischen von Jung und Alt getrunken. Die Hausbrauerei Altstadthof verkauft es ebenfalls als "Original Nürnberger Rotbier" in Ein-Liter-Flaschen. Das Tucher-Rotbier gleichen Namens dagegen kam erst 2019 auf den Markt.
Eine vom Gericht angestrebte gütliche Einigung der Streitparteien kam in dem Zivilprozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth nicht zustande.
Altstadtbrauerei fühlt sich vom Gericht bestätigt
Braumeister Reinhard Engel freut sich über die Einschätzung des Landgerichts: "Wir kämpfen ja nicht für die Hausbrauerei Altstadthof allein, sondern es ist ein Produkt, das in Nürnberg eine lange Tradition hat und das ist wichtig, dass es für die Zukunft auch unverfälscht bleibt", so der Kläger.
Tucher-Bräu: Kunde denkt bei Rotbier nicht ans Mittelalter
Die Brauerei Tucher, die seit 2004 zur Dr.-Oetker-Gruppe gehört, will die Einschätzung des Gerichts nicht akzeptieren. "Ich halte das Ergebnis nicht für richtig. Wir sind sehr fest davon überzeugt, dass der Kunde, wenn er hört "Original Nürnberger Rotbier", davon ausgeht, dass das ganz besondere Zutaten hat, die den Charakter des Rotbieres ausmachen, und dass die Frage, ob der Brauprozess noch genauso ist wie vor 500 Jahren, dabei keine entscheidende Rolle spielt", so Ulf Heil, der Anwalt der Tucher-Bräu.
Tucher-Bräu will in Berufung gehen
Heil kündigte an, dass Tucher in Berufung gehen werde. Möglicherweise könne aber auch die Bezeichnung des Tucher-Rotbiers geändert werden. Allerdings: Am "Original" im Namen will er zunächst festhalten.
Das Urteil in dem Zivilprozess Hausbrauerei Altstadthof gegen Tucher-Bräu soll am 23. Juli fallen.
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