Blick in ein Amazon-Logistikzentrum
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Blick in ein Amazon-Logistikzentrum (Symbolbild)

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Weg für Amazon frei: Gemeinderat Rohr stimmt für Logistikzentrum

Die Entscheidung ist eindeutig: Mit großer Mehrheit hat der Marktgemeinderat Rohr in Niederbayern für das geplante Amazon-Logistikzentrum an der A93 gestimmt. Die Hoffnung auf Arbeitsplätze und Steuereinnahmen schlägt die Befürchtungen der Anwohner.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Rohr ist ein kleiner Markt in Niederbayern mit insgesamt rund 3.500 Einwohnern. Dort will sich der Online-Riese Amazon ansiedeln. Die Meinungen in Rohr über ein Amazon-Logistikzentrum an der Autobahn 93 im Landkreis Kelheim sind gespalten. Der Marktgemeinderat jedoch hat sich am Dienstagabend eindeutig dafür entschieden.

Vorwurf: Zu wenig Zeit, um sich eine Meinung zu bilden

Josef Krottenthaler ist zur Gemeinderatssitzung gekommen, um seinen Ärger loszuwerden. Zum geplanten Amazon-Logistikzentrum meldet er sich mehrfach zu Wort. Er ist verärgert, dass die finalen Pläne erst vergangene Woche an den Marktgemeinderat verschickt worden sind, samt 200-seitigem Anhang. "Ich gratuliere jedem, der in dieser kurzen Zeit eine fundierte Entscheidung treffen kann", sagt der Ortssprecher von Bachl, einem Ortsteil von Rohr.

Selbst hat Krottenthaler kein Stimmrecht, aber er darf im Marktgemeinderat Fragen stellen. Zum Beispiel, warum sich die erwarteten An- und Abfahrten am Amazon-Logistikzentrum im Vergleich zu früheren Zahlen mittlerweile verdoppelt haben. Aus dem Publikum bekommt er dafür Applaus.

Kleiner Ort Bachl direkt betroffen

Krottenthaler ist Ortssprecher von Bachl, das mit seinen 176 Einwohnern direkt an der A93 liegt. Gleich auf der anderen Seite der Autobahn soll der Logistikpark mit einer Gesamtgrundstücksfläche von 325.000 Quadratmetern – was etwa 45 Fußballfeldern entspricht – entstehen. Die meisten Einwohner des Orts haben einen "Brandbrief" an die Gemeinderäte und die Bürgermeisterin unterschrieben. 80 Prozent der Haushalte in Bachl seien gegen das Logistikzentrum, sagt Krottenthaler.

Sorge wegen Verkehr und Wertverlust

Im Brief schreiben die Bürger, dass sie einen Wertverlust ihrer Häuser und eine Beeinträchtigung durch die dauerhafte Beleuchtung des Logistikparks befürchten. Und natürlich darf auch der größte Kritikpunkt nicht fehlen: die Verkehrsbelastung. Im Brief ist die Rede von unzähligen Lkw, Sprintern und Pkw, die täglich das Logistikzentrum anfahren könnten. "Für die Bürger des Kernorts Rohr sind diese enormen Belastungen nicht zu spüren. Sie wohnen in fünf Kilometer Entfernung hinter einem großen Berg", heißt es im Brandbrief der Bachler.

Große Mehrheit für Amazon-Pläne

Doch ihr Appell verfehlt seine Wirkung ebenso wie Krottenthalers Fragen im Gemeinderat. Mit großer Mehrheit wird der vorhabenbezogene Bebauungsplan durchgewunken. Nur zwei Gemeinderäte stimmen gegen das Projekt.

Der Weg ist damit vorerst frei für den großen Amazon-Logistikpark. Viele Gemeinderäte betonen die Chancen, die das Projekt für den Ort Rohr bietet: Bis zu 1.500 Arbeitsplätze und dringend benötigte Gewerbesteuereinnahmen, die in die Kinderbetreuung oder Straßen des Orts investiert werden könnten.

Hoffnung: Jobs in Zukunftsbranche

Gerade bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage im Land sei es wichtig, diese Chance zu nutzen, sagt ein Gemeinderat. Auch für die zukünftigen Generationen, denn der Online-Handel sei eine Zukunftsbranche. Eine Marktgemeinderätin sagt, sie habe wegen des Flächenverbrauchs Bauchschmerzen, allerdings sei die Fläche direkt an der Autobahn ökologisch wenig wertvoll und daher ideal für das Projekt. Es sei besser, der Logistikpark entstehe hier als anderswo, wo die Böden besser seien. Argumente, die viele in Rohr teilen, denn auch den Befürwortern wird teilweise applaudiert.

Verkehr wird spürbar zunehmen

Schon bald sollen die Planungsunterlagen veröffentlicht werden. Dann können auch Einwände gegen das Projekt vorgebracht werden. Vor allem das Verkehrsgutachten wird hier wohl noch für Diskussionen sorgen. Schon in der Marktgemeinderatssitzung wird bekannt, dass in der Spitze täglich bis zu 6.500 An- und Abfahrten von Lieferfahrzeugen und Belegschaft möglich sein könnten.

Auch der Verkehr in den umliegenden Ortschaften wird sich erhöhen, so die Prognose. Das nahe gelegene Offenstetten müsse beispielsweise mit bis zu 1.600 zusätzlich durchfahrenden Fahrzeugen pro Tag rechnen. Diese Zahlen im Gutachten seien aber nur ein Maximal-Wert, ein "Worst-Case-Szenario", das wahrscheinlich nie eintrete, teilen die Bürgermeisterin und Amazon gleichsam mit.

Amazon will für Straßenausbau zahlen

Der Autobahnanschluss, Straßen und Kreuzungen müssen aber ausgebaut werden, um das Logistikzentrum zu ermöglichen. Hier übernehmen Amazon und der Projektpartner Panattoni einen großen finanziellen Anteil, teilt der Online-Händler mit. Argumente, die die Gegner des Projekts wohl nicht überzeugen werden. Trotz des klaren Ergebnisses der Abstimmung wird rund um Rohr wohl weiter über das Logistikzentrum gestritten werden.

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Modellgrafik: So könnte das Logistikzentrum aussehen

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