Die Interessengemeinschaft gegen den Polder Großmehring informiert über die Ausmaße des geplanten Projekts. Sprecher Rüdiger Woog deutet auf die blauen Markierungen in den Bäumen. Sie zeigen, wie hoch das Donauwasser hier stehen würde.
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Sprecher Rüdiger Woog von der Interessengemeinschaft gegen den Polder Großmehring zeigt: Bis zur blauen Markierung stünde das Polder-Donauwasser.

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Wanderung gegen den Polder Großmehring

In Großmehring wollen Bürger den dort geplanten Flutpolder verhindern. Eine Interessengemeinschaft organisiert Wanderungen auf dem betroffenen Gelände. Direkt an der Donau informiert die Gruppe Bürger über die Ausmaße und die Folgen des Bauprojekts.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Über 150 Menschen sind am Sonntag dem Aufruf von Rüdiger Woog gefolgt, darunter Anwohner aus Großmehring und den nahen Gemeinden wie Manching und Vohburg, aber auch zahlreiche Kommunalpolitiker und einige Landtagsabgeordnete. Vor Ort bringt ihnen der Sprecher der Interessengemeinschaft gegen den Flutpolder Großmehring seine Bedenken nahe.

Sorge um den Grundwasserspiegel

Ein Thema sind für ihn Flora und Fauna. Teile des Polders liegen im FHH-Gebiet "Alte Donau mit Brenne". Das sind ausgewiesene Schutzräume für Natur und Landschaft, die Bestandsschutz genießen. Hier leben viele heimische Tiere und wachsen diverse Orchideenarten. Woog befürchtet im Falle der Flutung aber vor allem negative Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel:

"Das Druckwasser wirkt sich auch auf das Grundwasser aus. Und wir befürchten, dass das größere Ausmaße annehmen wird und auch Nachbarortschaften wie zum Beispiel Manching und Irsching in Mitleidenschaft ziehen wird." Rüdiger Woog, Interessengemeinschaft gegen den Flutpolder Großmehring

Behörde sieht keine Gefahr

Auf die Bedenken der Bürger kann der Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt Martin Mayer nur mittelbar eingehen. Er selbst sagt, dass eine Informationsveranstaltung für die Bürger "überfällig" sei. Wegen der Pandemie hätten mehrere Anläufe im vergangenen Jahr nicht geklappt. Und auch bei der aktuellen Ortsbegehung hätten die Corona-Beschränkungen gegen eine Teilnahme des Wasserwirtschaftsamtes gesprochen. Allerdings will Martin Mayer "noch vor Ostern eine Online-Veranstaltung" organisieren. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk positioniert er sich zum Thema Grundwasser:

"Wenn der Polder geflutet wird, wird das Grundwasser im Polderbereich natürlich ansteigen. Doch außerhalb des Polders wird das kaum Auswirkungen haben. Und wenn es Auswirkungen haben sollte nach unserem jetzigen im Entstehen befindlichen Grundwassermodell, dann werden wir Gegenmaßnahmen einleiten, sprich: Wir bauen Drainagen und Pumpwerke, damit sich diese Grundwassererhöhung nicht weit verbreitet." Martin Mayer, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt

Wenig Vertrauen in das Wasserwirtschaftsamt

Viele Anwohner schenken den Aussagen des Wasserwirtschaftsamts allerdings wenig Glauben. Der Grund liegt dafür liegt lange vor Maiers Amtszeit gut drei Jahrzehnte zurück. Damals wurde in Vohburg eine Staustufe gebaut. Seitdem kämpfen manche Ortsteile von Ingolstadt, aber auch Ortsteile von Manching mit dem gestiegenen Grundwasser. Viele Anwohner haben immer wieder Wasser in ihren Kellern.

Beeinflusst der Polder die PFC-Belastung bei Manching?

Aus diesem Grund fürchten vor allem viele Bürger aus Manching den geplanten Polder Großmehring. Sie rechnen damit, dass der Flutpolder Großmehring sich negativ auf den Grundwasserspiegel in Westenhausen, Manching und im Süden Ingolstadts, auswirkt. Dort macht den Bürgern seit vielen Jahren der gesundheitsschädliche Schadstoff PFC zu schaffen, der aus dem Flugplatz Manching gesickert und ins Grundwasser gelangt sind. Die Bedenken der Manchinger artikuliert die Sprecherin der Interessengemeinschaft NO PFAS, Gudrun Lemle. "Seit es in Vohburg die Staustufe gibt, haben viele Bewohner Wasser im Keller", sagt sie. "Dazu kommt das PFC in unserem Grundwasser. Kommt nun der Polder in Großmehring und wird der geflutet, rechnen wir damit, dass auch bei uns das Grundwasser steigt und damit auch PFC in unsere Keller kommen kann."

Für Martin Mayer, den Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt , haben die Manchinger allerdings keinen Anlass zur Sorge. Er weiß zwar, dass vom Flugplatz Manching der Schadstoff PFC ins Grundwasser gelangt ist, versichert aber deutlich, dass der Polder das Problem nicht vergrößern werde:

"Es gibt eine Abstrom-Fahne, wo also dieser Schadstoff PFC im Grundwasser abwandert vom Flugplatzgelände Manching Richtung Nord-Osten. Die Ortsteile Westenhausen und Knodorf sind bereits betroffen. Aber das Poldergelände liegt im Nord-Westen. Das heißt: diese PFC-Fahne berührt aktuell das Poldergebiet nicht. Das ist nachgewiesen durch Grundwasseruntersuchungen. Und es kommt noch dazu: wenn wir den Polder fluten, werden wir eher eine Grundwasseraufhöhung als eine Grundwasserabsenkung haben. Das heißt: wir werden auf keinen Fall die Schadstofffahne zum Polder rüberziehen." Martin Mayer, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt

Gesamter Gemeinderat gegen den Polder

Maiers Versicherungen überzeugen viele Bürger nicht. Auch zahlreiche Kommunalpolitiker lehnen das Polderprojekt ab. Mitglied der Interessengemeinschaft ist deshalb auch Rainer Stingl, der Bürgermeister von Großmehring (WFG). Wie der gesamte Gemeinderat von Großmehring hat Stingl gegen den Polder gestimmt. Stingl bezeichnet die Donauauen, die auch von dem Polder betroffen wären, als "Kleinod der Gemeinde Großmehring, das es zu erhalten gilt". Gegen den Polder sind auch die Jagd- und Waldgenossenschaft, der Bauernverband und der Bund Naturschutz.

Hochwasserschutzprojekt soll Donauraum schützen

Der Flutpolder Großmehring gehört zu dem umfangreichen Hochwasserschutzprojekt der bayerischen Staatsregierung. Mit einer Reihe von Poldern entlang der Donau sollen Jahrhunderthochwasser kontrollierbarer werden. Der Polder Großmehring hat in der Planung zehn Millionen Kubikmeter Rückhaltevolumen. Die Fläche, die im Ernstfall überflutet würde, umfasst knapp 350 Hektar. Das wäre eine Fläche anderthalb mal so groß wie der Schliersee.

Noch viele Jahre bis zur Realisierung

An dem Projekt wird bereits seit Januar 2015 gearbeitet. Anfang 2021 wurde das Raumordnungsverfahren abgeschlossen. Seitdem werden die Unterlagen für das Wasserrechtsverfahren erstellt. Bis Ende 2024 sollen alle Planfeststellungs-Unterlagen fertiggestellt sein. Das Wasserwirtschaftsamt nimmt an, dass der Polder frühestens 2035 in Betrieb gehen kann. Die Kosten werden derzeit auf 80 Millionen Euro geschätzt.

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