Mountainbikefahrer auf dem Hesselberg
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In der Coronazeit sind immer mehr Mountainbikefahrer unterwegs. Das führt zu Konflikten mit Wanderern, etwa am Hesselberg.

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Wanderer ärgern sich: "Pisten-Rambos" am Hesselberg unterwegs

In der Corona-Pandemie wollen immer mehr Menschen raus in die Natur und etwas erleben. Viele dringen dabei mit dem Mountainbike auch in einsame Gebiete vor. Am Hesselberg führt das allmählich zu Problemen.

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Mit fast 700 Metern ist der Hesselberg die höchste Erhebung Mittelfrankens und damit ein Eldorado für Radfahrer aller Art. Doch das wird allmählich zum Problem: Immer häufiger kommen sich Spaziergänger und Radfahrer in die Quere. Außerdem ist nicht geklärt, wo die Biker wirklich fahren dürfen. Immer mehr Mountainbiker erobern den Hesselberg. Augenzeugen sprechen von "Pisten-Rambos", die mit ihren von E-Motoren angetriebenen Boliden in voller Schutzmontur den Berg der Franken hoch und runter preschen.

Beschwerden der Wanderer am Hesselberg nehmen zu

Der Radverkehr nehme immer weiter zu, es führen viel mehr Leute den Berg hoch, sagt Peter Wack im BR-Interview. Er ist Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Polizeidienststelle Dinkelsbühl. Die Biker müssen natürlich alle wieder runter und benutzen dabei auch Wege, die nicht unbedingt geeignet sind zum Abfahren, so Wack weiter. Schwere Unfälle gab es bisher nicht, doch die Beschwerden von Wanderern nehmen zu. Deswegen zeigen Polizei und Naturschutzwächter jetzt mehr Präsenz.

Mountainbiker fahren auch auf ungeeigneten Wegen

Grundsätzlich ist Radfahren in der Natur verfassungsrechtlich geschützt. Das Bayerische Naturschutzgesetz mit dem Art. 28 schränkt das jedoch ein und schreibt "geeignete Wege" für Radler vor. Und da fange das Problem an, sind sich Peter Wack und Naturschutzwächter Willi Fettinger einig. Denn bislang ist nicht klar definiert, wann ein Weg als geeignet gilt. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: Sind die Kurven übersichtlich? Wie ist die Bodenbeschaffenheit? Immer wieder nutzten Mountainbiker auch Wege, die zum Radfahren ungeeignet seien, sagt Wack.

"Es gibt hier am Hesselberg einige Wege und Pfade, die objektiv nicht geeignet sind für Mountainbiker aber dennoch benutzt werden. Das führt natürlich zwangsläufig zu Gefahren und Konfliktsituationen zwischen Bikern und anderen Erholungssuchenden.“ Peter Wack, Erster Polizeihauptkommissar Dinkelsbühl

"Ausweichverkehr": Einer muss den Weg verlassen

Die Natur leide unter dem hohen Aufkommen der Ausflügler, sagt Willi Fettinger. Schon seit vielen Jahren beobachte er als Naturschutzwächter ehrenamtlich die Entwicklungen am Hesselberg. Auf besonders engen Wanderpfaden könnten sich Spaziergänger und Biker kaum ausweichen. Einer von beiden müsste zwangsläufig den Weg verlassen. Dann trampele er sprichwörtlich über alles, was am Wegesrand wachse.

Biker und Radler zerstören vielfältige Pflanzenwelt

Der Hesselberg bietet eine vielfältige Flora und Fauna. Mehr als 500 Tier- und Pflanzenarten leben auf dem höchsten Berg Mittelfrankens. Nirgendwo sonst gebe es in Bayern so viele verschiedene Biotop-Arten auf einem Fleck wie hier, sagt Naturschutzwächter Fettinger. Ein Beispiel für die reiche Pflanzenwelt ist die gelbe Schlüsselblume, die auf dem Hesselberg wächst. Viele Wanderer kennen sie und freuen sich, wenn sie sie entdecken. Doch nur wenige wüssten, dass es sich dabei um eine geschützte Art handele, so Fettinger. Deshalb werde sie oft aus Unwissenheit gepflückt. Außerdem leide die Schlüsselblume auch massiv darunter, wenn Biker Fußgängern auswichen und die Wege verließen.

Reiterstaffel soll auf dem Hesselberg für Ordnung sorgen

Neben mehr Polizeipräsenz auf dem Hesselberg soll es in naher Zukunft auch zwei Sonderkontrollen der Reiterstaffel Mittelfranken geben. Zweimal werden mindestens vier Reiter anreisen und Kontrollen durchführen, sagt Kommissar Peter Wack. Der Einsatz der berittenen Polizei eigne sich besonders für das teils unwegsame Gelände. Außerdem spiele auch der ökologische Aspekt eine Rolle. Die Polizei sei nicht glaubwürdig, wenn sie einerseits Mountainbiker ermahne, pfleglich mit der Natur umzugehen, und andererseits selbst mit dem Streifenwagen auf Waldwegen unterwegs sei.

Zunächst Prävention statt Strafen

Bis es zu einer konkreten Regelung komme, was ein geeigneter Weg für Mountainbiker ist, wird noch einige Zeit vergehen. Sobald dann jedoch ein Regelungswerk vorliegt, muss die Polizei Verstöße bei der Unteren Naturschutzbehörde melden und Strafen verhängen. "Wir wollen die Mountainbiker nicht als Buhmänner abstempeln", sagt Polizeihauptkommissar Peter Wack. "Aber wir wollen auf die Gefahren aufmerksam machen, die sich durch die Benutzung bestimmter Wege am Hesselberg ergeben."

Bis spätestens 2023 sollen Kommunen in Zusammenarbeit mit Mountainbikern und Tourismusverbänden geeignete Wege am Hesselberg markieren. Wie so etwas funktionieren kann, zeigt das Beispiel Treuchtlingen, wo sich alle Beteiligten regelmäßig an einen Tisch setzen, um ein konfliktfreies Miteinander im Wald und auf Wegen zu ermöglichen. Bis es auch am Hesselberg soweit ist, setzen Polizei und Naturschutzwacht auf regelmäßige Kontrollen und vor allem auf viel Aufklärung, denn nur so kann das Miteinander von Natur, Spaziergängern und Mountainbikern gelingen.

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