Ob Autos, Papier, Erze oder Altmetall – jeden Tag verlassen mehr als 1.500 Waggons mit den unterschiedlichsten Gütern den Nürnberger Rangierbahnhof. Er zählt zu den wichtigsten in Deutschland. Heuer feiert er sein 120-jähriges Jubiläum.
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Lok auf dem Rangierbahnhof Nürnberg

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Von Nürnberg nach Europa: Rangierbahnhof feiert Jubiläum

Ob Autos, Papier, Erze oder Altmetall – jeden Tag verlassen mehr als 1.500 Waggons mit den unterschiedlichsten Gütern den Nürnberger Rangierbahnhof. Er zählt zu den wichtigsten in Deutschland. Heuer feiert er sein 120-jähriges Jubiläum.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Bis zu 700 Meter lang sind die Güterzüge, die den Rangierbahnhof in Nürnberg täglich verlassen. Acht sogenannte Gleisbündel mit insgesamt 60 verschiedenen Gleisen gibt es, auf denen die Waggons ankommen und zum Teil neu arrangiert werden, bevor sie weiterfahren, erklärt Wolfgang Sanwald, Standortleiter des Rangierbahnhofs bei der DB Cargo. Und auch die Maße des Areals sind beachtlich: Es ist über fünf Kilometer lang und zweieinhalb Kilometer breit.

Dazu kommt ein Höhenunterschied zwischen der sogenannten Einfahr- und Ausfahrgruppe von 24 Metern, der das Rangieren erleichtert, denn die Waggons rollen dank des Gefälles von selbst. Heute arbeiten hier noch etwa 650 Mitarbeitende und an Werktagen verlassen im Schnitt 70 Güterzüge den Bahnhof. Sie fahren Ziele in ganz Europa an. Insgesamt gibt es acht verschiedene Lokomotiven, die die Waggons rangieren, eine Werkstatt und ein Materialverteilzentrum auf dem Gelände.

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Der Nürnberger Rangierbahnhof

Rangierbahnhof von Gostenhof zum Lorenzer Reichswald

Der alte Güterbahnhof Nürnbergs befand sich zeitweise am Kohlenhof im Stadtteil Gostenhof. Durch den wachsenden Güterverkehr Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dieser aber schnell zu klein. So entschied man sich, auf dem Gelände des Lorenzer Reichswald einen neuen Rangierbahnhof zu bauen. Am 3. August 1903 wurde dieser eröffnet.

Hinzu kam ein Wohnviertel für die Arbeiter, das bis heute noch existiert: die Rangierbahnhof-Siedlung. Bis heute sei dieses Viertel zur Hälfte von Bahnmitarbeitenden bewohnt, sagt Wolfgang Sanwald, der Rest sei an neue Eigentümer verkauft worden. Sanwald arbeitet schon seit 1990 bei der Bahn, seit 2016 ist er Standortleiter am Rangierbahnhof.

Erst Handarbeit - dann Teilautomatisierung

Viel hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Vor 1988 gab es viele kleine Wärterstellwerke mit Mitarbeitenden, die die Weichen umgestellt und die Gleisbremsen betätigt haben. Jetzt gibt es eine Teilautomatisierung, erzählt Sanwald.

Jeder große Rangierbahnhof hat einen Ablaufsteuerrechner, der die Züge auf die richtigen Gleise lenkt und die Geschwindigkeit vorgibt. Maximal zwei Meter pro Sekunde sind derzeit an Tempo drin, es wäre sogar noch etwas mehr möglich, so der Standortleiter. 100 Meter und 500 Tonnen können am Rangierbahnhof maximal transportiert werden, derzeit ist man aber etwa bei 250 Tonnen pro 100 Meter. Ein Waggon wiegt im Durschnitt mit Ladung etwa 80 Tonnen.

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Thomas Wolf, Urgestein am Rangierbahnhof Nürnberg. Er arbeitet seit 42 Jahren als Wagenmeister.

Viel Einsatz für die Sicherheit

Thomas Wolf kann als Urgestein des Rangierbahnhofs bezeichnet werden. Seit 42 Jahren arbeitet er als Wagenmeister hier. Er kümmert sich darum, dass die Waggons alle in technisch gutem Zustand sind. Dazu hat er neben einem Tablet auch einen Klanghammer. Wenn er damit auf die Bremsen klopft, kann er prüfen, ob sie fest sind oder andere Beschädigungen haben.

Bei sogenannten bereiften Rädern, bestehend aus einer Felge und einem Radreifen, erkennt er anhand des Klangs, ob diese zum Beispiel einen Sprung haben. Heute gebe es aber überwiegend sogenannte Vollräder, die aus einem Guss sind. 26 Tonnen oder 58 Tonnen Bremsgewicht kann so ein Güterwagon mit seinen Bremsen erzeugen, an einem Hebel kann die Bremskraft eingestellt werden.

Güterzüge aus Nürnberg in ganz Europa unterwegs

Auf dem Tablet wird angezeigt, wie groß die Bremskraft für den gesamten Zug sein muss. Dies sei enorm wichtig, denn ein Güterzug habe einen Bremsweg von einem Kilometer. Stimmt die Bremskraft bei den Waggons nicht, weil Parameter falsch eingestellt sind oder Bremsen nicht richtig funktionieren, kann das fatale Folgen haben, so Wolf.

Durchschnittlich 500 Meter sei einer dieser Güterzüge, die von hier aus zum Beispiel nach München, Kornwestheim bei Stuttgart oder Maschen bei Hamburg gehen. Auch nach Österreich und Tschechien fahren einige Güterzüge.

Tag der offenen Tür zum Jubiläum

Alle Waggons, die auf dem Rangierbahnhof einlaufen, werden am Eingang an einer Kamerabrücke, die viele hochauflösende Kameras besitzt, von mehreren Seiten gescannt. Dabei werden viele tausende Bilder gemacht. Diese werden von einer Software (KI) analysiert. Werden Schäden an den Waggons oder der Ladung erkannt, wird dies an die Mitarbeitenden weitergeben. Unter anderem deshalb gehört der Rangierbahnhof Nürnberg zu den zehn wichtigsten Rangierbahnhöfen in Deutschland.

Am 29. Juli findet anlässlich des 120-jährigen Jubiläums des Rangierbahnhofs Nürnberg ein "Tag der offenen Tür" mit einem umfangreichen Programm statt.

Auch nach 120 Jahren ist der Nürnberg Rangierbahnhof einer der bedeutendsten Umschlagplätze für ganz Deutschland.
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Der Rangierbahnhof Nürnberg feiert heuer 120-jähriges Bestehen.

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