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Michael Herrmann (r), Bruder des Entführungsopfers Ursula Herrmann, sitzt am 16.06.2016 im Landgericht Augsburg neben seinem Anwalt Joachim Feller (l).

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Urteil im Ursula Herrmann-Verfahren - oder neue Beweisaufnahme?

Im sogenannten Ursula-Herrmann-Verfahren vor der Zivilkammer des Augsburger Landgerichts wird heute das Urteil erwartet. Der Bruder der 1981 ermordeten Ursula Herrmann möchte Schmerzensgeld - und die Wahrheit.

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Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der Bruder von Ursula Herrmann, die im Alter von 10 Jahren ermordet worden ist, Michael Herrmann, klagt gegen den rechtskräftig verurteilten Entführer Werner Mazurek (68). Michael Herrmann, will 20.000 Euro Schmerzensgeld erstreiten, unter anderem weil er im Zuge des Strafverfahrens einen Tinnitus bekommen hatte.

Trotzdem aber, so Anwalt Joachim Feller, sei sein Mandant Michael Herrmann "auch auf der Suche nach der Wahrheit". Ihm seien im Zuge des Strafverfahrens Zweifel gekommen, ob mit Werner Mazurek der Richtige in Haft sitze. Michael Herrmann möchte "nicht mit dem Gefühl leben, dass jemand für diese Tat verurteilt worden ist, der es gar nicht war", so sein Anwalt. Über diese Klage vor dem Zivilgericht will er aber gleichzeitig überprüfen lassen, ob beim vorangegangen Strafprozess auch wirklich alles richtig gelaufen ist.

Ist der Verurteilte wirklich der Mörder von Ursula Herrmann?

Mazurek ist 2010 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Weil er die Tat aber bis heute bestreitet, erhofft er sich vom heutigen Urteil einen möglichen Schritt in Richtung Wiederaufnahmeverfahren. Dafür gibt es hohe juristische Hürden, doch ein etwaiger Richterspruch, dass die bisherige Beweisführung gegen Mazurek lückenhaft ist, wäre schon viel, so Anwalt Walter Rubach vorab zum BR. Er verweist dabei auf das Verfahren im Falle des Justizopfers Harry Wörz, der nur über den Umweg eines Zivilverfahrens seine Unschuld beweisen konnte.

Verteidiger des Verurteilten zweifelt an Beweisen

Rubach, der Mazurek bereits im Strafprozess vertreten hat, hat versucht, in der Beweisaufnahme des Zivilprozesses zwei Beweiskomplexe noch einmal überprüfen zu lassen, die für das Strafurteil wesentlich gewesen sind: Zum einen die Zeugenaussage eines Bekannten von Mazurek, der angegeben hatte, im Auftrag dessen ein Erdloch gegraben zu haben, in dem später die Kiste mit Ursula gefunden worden ist. Zum anderen war da das Tonbandgerät, das im Haus von Mazurek gefunden worden war und das laut einer LKA-Gutachterin "wahrscheinlich" im Rahmen der Erpresseranrufe benutzt worden ist. Beides ist nach Rubachs Ansicht mit Zweifeln behaftet. Dies muss die Zivilkammer des Augsburger Landgerichts nun werten.

Der Bruder von Ursula Herrmann kritisiert die "Augsburger Justiz"

Michael Herrmann hatte zu Beginn des Verfahrens im Jahr 2013 betont, dass eine Schmerzensgeldzahlung ihm auch insofern Frieden verschaffen würde, als dass er dann das Geschehene endlich akzeptieren könne. Zuletzt aber kritisierte der Musiklehrer, der in Augsburg lebt, das aktuelle Verfahren öffentlich: "Kann es sein, dass der Augsburger Justiz nicht an wirklicher Aufklärung des Falles Ursula Herrmann, dem Tod meiner kleinen Schwester, gelegen ist?", so schrieb er zuletzt in einem offenen Brief.

Anwalt des Verurteilten spricht von "Desinteresse des Gerichts"

Auch Walter Rubach, der Anwalt der Gegenseite, übt im Gespräch mit dem BR Kritik und spricht von einem "erkennbaren Desinteresse des Gerichts", das den Fall behandele wie einen "Sturzregen, den man erträgt, bis er vorbei ist".