Eine Frau übersetzt ein Theaterstück mit Gebärden.
Bildrechte: BR

Barrierefreiheit im Theater: Gebärdensprachdolmetscherin in Trebgast

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Trebgast: Vorhang auf für Theater in Gebärdensprache

Theater für alle und barrierefrei: Das ist ein neues Projekt der Naturbühne Trebgast. Erstmals wurde eine Inszenierung zeitgleich zur Aufführung in Gebärdensprache übersetzt. Für hörendes und gehörloses Publikum ein besonderes Erlebnis.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Anspannung in Trebgast: Gleich beginnt der Grusel-Klassiker "Dracula". Premiere feiert allerdings nicht das Stück auf der Naturbühne, sondern vielmehr die Idee der künstlerischen Leiterin Anja Dechant-Sundby, das Stück während der Aufführung auch in Gebärdensprache zu übertragen. Eine Premiere im Landkreis Kulmbach. "Ich hoffe auch, dass es die Augen öffnet, sowohl für Hörende als auch für Gehörlosenverbände im weiteren Umkreis", sagt Anja Dechant-Sundby, die kpünstlerische Leiterin der Naturbühne Trebgast. Zudem hoffe sie, dass "wir auch ein bisschen Bewusstsein dafür schaffen, welche Hürden diese Menschen täglich auf sich nehmen müssen, um am Alltag teilnehmen zu können."

Vorbereitung mit Video und Textbuch

Gewinnen konnte sie für das Projekt ihre ehemalige Studienkollegin Kathrin Enders: Sie ist nicht nur Schauspielerin, sondern auch ausgebildete Dolmetscherin der deutschen Gebärdensprache und war sofort bereit, zu kommen. "Es muss einfach viel selbstverständlicher werden, dass im Veranstaltungskalender solche Angebote sind", so die Dolmetscherin. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Yvonne Barilaro ist Kathrin Enders aus Frankfurt nach Oberfranken gekommen. Sie werden sich während des Stücks beim Dolmetschen abwechseln. Vorbereitet haben sie sich die beiden mit Textbuch und Videoaufzeichnungen der Inszenierung. Ein Theaterstück zu übersetzen, sei immer eine besondere Herausforderung. "Man kann da nicht so neutral sein, wie man es eigentlich beim Dolmetschen ist. Beim Schauspiel geht das nicht. Da muss man die Emotion mitspielen. Aber nicht zu sehr – die Schauspieler stehen ja auf der Bühne!"

Kulmbacher Gehörlosenverein im Publikum

Und noch eine Premiere gibt es: Im Publikum sitzen zahlreiche Mitglieder des Kulmbacher Gehörlosenvereins. Das erste Mal können sie gemeinsam mit Hörenden ins Theater. Aufgeregt und dankbar seien sie für die Initiative der Naturbühne, sagt die Vorsitzende Christine Jandy in Gebärde. 64 Mitglieder hat der Gehörlosenverein Kulmbach. Immer wieder organisieren sie selbst Veranstaltungen – wie etwa VHS-Kurse mit Hörenden. Einen solchen Theaterbesuch, wie es Trebgast nun erstmals ermöglicht, haben sie als Verein bisher aber noch nie gemeinsam unternehmen können.

Neue Erfahrung auch für hörendes Publikum

Die beiden Dolmetscherinnen – ganz in Schwarz gekleidet, sitzen am linken Bühnenrand auf einem Felsen und werden angestrahlt. Der Schatten, den sie dadurch auf den hinteren Bühnenrand werfen, passt sich unbewusst perfekt ins Stück ein. Auch für die hörende Zuschauer eine neue Erfahrung. "Sehr beeindruckend – und es lenkt überhaupt nicht ab. Macht es barrierefrei, macht es für alle erlebbar", sagt ein Herr aus dem Publikum. Und eine Dame ergänzt: "Wir müssen dauernd schauen, es ist toll, wie die beiden Damen das machen. Unwahrscheinlich. Wir sind ganz fasziniert."

Am Ende der Vorstellung ist Applaus zu hören – aber auch winkende Hände mit gespreizten Fingern in der Höhe zu sehen. Diese Gebärde für Applaus übernehmen auch die Schauspieler auf der Bühne.

Sponsorensuche für Neuauflage

Die Naturbühne Trebgast wird durch das Engagement von Ehrenamtlichen betrieben und finanziert sich durch Ticketeinnahmen. Damit Anfahrt, Vorbereitung und Gage der Dolmetscherinnen bezahlt werden kann, gibt es finanzielle Unterstützung vom Bundesprogramm "Demokratie Leben", so Anja Dechant-Sundby. Eine Fortführung des Projektes würde sie sich wünschen. Dafür braucht es aber Sponsoren. In den kommenden Tagen soll es noch einen Austausch zwischen Verein und Theater geben, wo was verbessert werden kann. Wie etwa, welche Sitzplätze am geeignetsten sind. Ein erstes Feedback aller gibt es aber schon jetzt: gerne mehr davon – auch auf kleineren Bühnen.

Ein Schauspieler steht auf der Bühne mit einem Gewehr in der Hand (links), während eine Frau vor der Bühne sitzt und das Stück in Gebärdensprache übersetzt
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Vorhang auf für Theater in Gebärdensprache

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!