Ein Kleinbus, der "Gute-Nacht-Busserl", steht auf einer Straße abfahrbereit.
Bildrechte: Wohlleben/BR

Sieben Fahrgäste können bei dem Bus mitfahren - beim "Gute-Nacht-Busserl".

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Taxi-Service auf dem Land: Für einen Euro durch die Nacht

Ein Taxi für einen Euro, das auch zu später Stunde ins kleinste Dorf fährt: In Pfaffenhofen und Umgebung funktioniert dieser Service seit 23 Jahren. Taugt das als Vorbild? Wie andere Landkreise der Region Nachtschwärmer sicher nach Hause bringen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit am .

Es ist 3 Uhr nachts. Hinter den beiden Ehrenamtlichen Johanna und Wolfgang liegen vier Stunden Rufbus-Schicht. Johanna ist eigentlich Studentin. Im Bus war sie heute allerdings als Beifahrerin dafür zuständig, die Anrufe für die Rufbus-Hotline entgegenzunehmen und spontan die Fahrrouten zusammenzustellen. Ab und zu kommt Johanna sogar ein wenig zum Ratschen mit den Mitfahrenden. "Dadurch hat man einen schönen Abend", sagt sie. Wolfgang, eigentlich Rentner, steuert den Bus in dieser Nacht.

Bis 3 Uhr Nachts für einen Euro sicher nach Hause

Bis auf eine kurze Raucherpause waren Johanna und Wolfgang seit Schichtbeginn um 23 Uhr durchgehend unterwegs. An die 30 Personen haben die beiden mit ihrem Bus aufgesammelt und abgesetzt. Ihr Gebiet erstreckt sich über die Stadt Pfaffenhofen und vier Nachbargemeinden. Das Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 27 Jahren. Wer in der Stadt vom "Gute-Nacht-Busserl" eingesammelt oder abgesetzt werden will, zahlt 50 Cent. Wer auf dem Land unterwegs ist, zahlt einen Euro pro Fahrt.

120 Ehrenamtliche im Schichtbetrieb im Einsatz

Das Angebot verantwortet die Stadtjugendpflege Pfaffenhofen. Rund 120 Ehrenamtliche engagieren sich für das Projekt. Nach Möglichkeit sind am Freitag- und Samstagabend beide Busse der Initiative im Einsatz und mit Fahrer und Beifahrer besetzt. Es herrscht Schichtbetrieb: Je eine Frühschicht (19 bis 23 Uhr) und eine Spätschicht (23 bis 3 Uhr).

Hohe Nachfrage

Aber nicht immer finden sich genug Ehrenamtliche. Johanna und Wolfgang müssen an diesem Freitag ohne einen zweiten Bus auskommen. Die Nachfrage ist hoch, nicht jeder Anrufer bekommt einen Platz. Rentner Wolfgang findet das problematisch: "Ich finde es sinnvoll, dass junge Leute nicht wie früher zu zehnt im Auto fahren müssen. Ich habe selber Enkel in dem Alter."

Auch für Johanna ist der Rufbus eine Gelegenheit, nach Hause zu kommen. Eigentlich studiert sie in Regensburg, trifft aber gerne in ihrer Heimat Scheyern und Umgebung beim Ausgehen alte Bekannte. Auch von ihnen nutzen viele den Bus. Einige von ihnen kommen richtig ins Schwärmen, dass sie von manchen Busfahrern bis vor die Haustüre gefahren werden, wenn es die Zeit erlaubt.

Eine bessere Möglichkeit, am Wochenende nach Hause zu kommen, gibt es nicht, sind sich die Mitfahrenden einig. Manche nutzen den Bus sogar mehrmals am Wochenende. So viele Taxifahrten könnten sich junge Menschen gar nicht leisten, betont ein Jugendlicher.

Private Spenden und Stadt finanzieren Projekt

In der Anschaffung kosteten die Busse etwa 40.000 Euro und wurden durch private Spenden finanziert. Die Stadt stellt zusätzlich jährlich ungefähr 25.000 Euro zur Verfügung. Damit werden in erster Linie die Instandhaltung und der Sprit bezahlt. Das Projekt gibt es seit 23 Jahren. Es ist in seiner Form einzigartig im nördlichen Teil Oberbayerns.

Andere Landkreise und die Stadt Ingolstadt versuchen ähnliche Initiativen zu starten:

Eichstätt: Taxi zum halben Preis

In Eichstätt gibt es seit Juli 2022 das fifty-fifty-Taxi im gesamten Landkreisgebiet. Mithilfe einer App können alle im Alter von 16 bis 27 Jahren von 19 bis 5 Uhr für die Hälfte des Normalpreises ein gewöhnliches Taxi buchen. Die übrigen 50 Prozent zahlt der Landkreis für die jungen Nachtschwärmer.

Ingolstadt: Nachtlinien bis 3 Uhr morgens

Im Stadtgebiet Ingolstadt sind die Nachtlinien N1 bis N15 im 30-Minuten-Takt zwischen 21 und 0:15 Uhr unterwegs. Freitag- und Samstag-Nacht fahren die Linien von Mitternacht bis 3 Uhr im Stundentakt. Nötig dafür ist eine Nachtkarte. Mit ihr kann man ab 18 Uhr beliebig viele Fahrten zum Preis einer Einzelkarte unternehmen.

Neuburg-Schrobenhausen: Rufbusse bis Mitternacht

Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gibt es zwei Rufbuslinien, die auch nachts fahren; allerdings maximal bis kurz vor Mitternacht. Sie haben feste Haltestellen und Fahrzeiten. Fahrten müssen in einem Call-Center angemeldet werden - Spätfahrten bis spätestens 20 Uhr.

Freising: Projekt wegen geringer Nachfrage eingestellt

Über viele Jahre fuhr ein Rufbus für Jugendliche im Landkreis. Doch die Nutzerzahlen sanken mit der Zeit stetig. Der Betrieb wurde während Corona eingestellt und nicht wieder aufgenommen.

Dachau: Ruftaxi nach Voranmeldung

Der Landkreis Dachau ist mit der S-Bahn im MVV-Netz angebunden. Es gibt ein "RufTaxilinien"-Netz für den Landkreis mit festgelegten Haltestellen und Zeiten. Die Taxis fahren wie die Busse nach Fahrplan und MVV-Tarif - sind jedoch nur nach Voranmeldung des Fahrtwunsches unterwegs, wenn sie tatsächlich benötigt werden. Die Taxis sind bis Mitternacht verfügbar.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!