Winzer im Weinberg
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Streit um Mainwasser: Millionenprojekt für Winzer auf der Kippe

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Streit um Mainwasser: Millionenprojekt für Winzer auf der Kippe

Über mehrere Kilometer soll künftig Wasser aus dem Main von Kitzingen in die dürregeplagten Steillagen von Iphofen gepumpt werden. Obwohl die Förderzusage steht, könnte das Pilotprojekt jetzt auf den letzten Metern scheitern. Wie nachhaltig ist es?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Die Bewässerung ihrer Weinberge ist für die meisten Winzerinnen und Winzer in Franken eine beschwerliche Angelegenheit: Kanister für Kanister fahren sie in die Zeilen und bewässern die Rebstöcke, die im Sommer immer öfter stark unter Trockenheit und Hitze leiden. Eine mühsame, zeitaufwändige Arbeit.

In Iphofen im Landkreis Kitzingen soll das deshalb künftig eigentlich anders gehen. Doch es gibt Streit um das vom Freistaat bezuschusste Projekt. Jetzt könnte es nach mehr als zwölf Jahren Laufzeit in letzter Sekunde gestoppt werden.

Gegenwind zum Millionenprojekt: "nicht nachhaltig"

Geplant ist eigentlich, Wasser aus dem Main bei Kitzingen zu pumpen. Das Mainwasser soll durch kilometerlange Pipelines geleitet werden – und zwar über Flächen der Stadt Kitzingen. Dagegen stellt sich nun der Grünen-Stadtrat Klaus Sanzenbacher. Er wolle kein öffentliches Terrain für die Leitung zur Verfügung stellen, sagt er. Für die Winzer in Iphofen steht damit das ganze Projekt auf der Kippe.

Wenn sich der Stadtrat Klaus Sanzenbachers Position anschließt und die Wegenutzung verweigert, müssten die Iphöfer sämtliche private Grundstückseigentümer anfragen und sich auf Wegerechte verständigen. Die Frage ist, wie realistisch und bezahlbar das Projekt dann noch ist.

200.000 Kubikmeter Mainwasser für die Weinberge

Laut Sanzenbacher ist der Bau der Leitung nicht im Sinne des Gemeinwohls. "Das ist eine Leitung für ein paar Winzer in Iphofen, sonst nichts", sagt der Grünen-Stadtrat. Er ist deshalb entschieden gegen das Millionenprojekt. Jährlich sollen im Winterhalbjahr 200.000 Kubikmeter aus dem Main gepumpt werden, um damit Weinberge zu bewässern.

Sanzenbacher hält das für nicht nachhaltig: "Wo hört das auf, wenn das einmal genehmigt ist? Nächstes Jahr kommt vielleicht der Nachbar Rödelsee und hätte auch gerne einen Anschluss", befürchtet Sanzenbacher. Außerdem seien die ökologischen Folgen für den Main nicht ausreichend untersucht und mögliche Alternativen nicht in Betracht gezogen worden.

Winzerverein Iphofen: "Bewässerung ist Hochwasserschutz"

Andrea Wirsching vom Weinbauverein Iphofen steht dagegen voll hinter dem Pilotprojekt. "Es wird oft verkürzt und sehr dramatisch dargestellt. Aber das Wasser, das wir dem Main entnehmen, ist Hochwasser", betont sie. Für Wirsching ist die Leitung eine Art Win-Win-Projekt: Bewässerung im Weinberg – Hochwasserschutz im Tal. "Das überschüssige Wasser fließt aktuell ungenutzt weiter in die Nordsee."

Privatwirtschaftliche Nutzung oder Konzept für alle?

Wirsching widerspricht Sanzenbachers Kritik: "Es ist ja bewusst ein Pilotprojekt und damit der Beginn eines großen Konzepts." Langfristig könne die Leitung genutzt werden, um auch andere kommunale Flächen zu bewässern, wie etwa Sportplätze oder Friedhöfe.

Trotz des heißen, trockenen Sommers waren die Erträge beim Weingut Hans Wirsching heuer gut, sagt sie. Ohne punktuelle Bewässerung hätte das anders ausgesehen. "Anders geht es nicht. Sonst haben wir dürregeschädigte Reben und miese Trauben – und aus miesen Trauben machst du keinen guten Wein."

Nicht alle Winzer sind für die Wasserleitung

Qualität bekomme man aber auch ohne künstliche Bewässerung, sagt Winzer Nicolas Olinger. Sein Familienbetrieb in Iphofen hat schon vor 15 Jahren auf Bio-Anbau umgestellt. Er bewässert seine Reben überhaupt nicht. "Ich sehe, dass es auch so funktioniert – mir und meinen Kunden schmeckt der Wein so", sagt Olinger. Er hat sich deshalb dafür entschieden, nicht in das Pilotprojekt zu investieren – entsprechend auf den Anschluss ans Mainwasser zu verzichten.

Trotz Zuschuss vom Freistaat hohe Investitionskosten für Winzer

Denn immerhin: Etwa fünf Millionen Euro müssen die Winzer, die mitmachen, für ihre Leitung bezahlen. Nochmal fünf Millionen Euro übernimmt die Stadt Iphofen. Den Rest bezuschusst der Freistaat mit maximal 10 Millionen Euro. Unklar ist, ob die Gesamtkosten wegen der Inflation neu berechnet werden müssen und weiter steigen.

In Iphofen sollen knapp 300 Hektar Weinbergsfläche über die Pipeline bewässert werden. Nicolas Olinger fragt sich, wo das hinführen soll: "Wenn man das mal hochskaliert: Franken hat 6.000 Hektar Weinberge – was, wenn alle so eine Leitung vom Main wollen? Wo kriegen wir das ganze Wasser her?"

Ob das Pilotprojekt überhaupt realisiert wird, hängt jetzt am Kitzinger Stadtrat. Seit mehr als zehn Jahren läuft die Machbarkeitsstudie – mit der Stadtratssitzung am 14. Dezember könnte das Projekt trotz Förderzusage vom Freistaat und trotz sämtlicher Untersuchungen eines Ingenieurbüros scheitern.

Tröpfchenbewässerung per Schlauch an einem Rebstock.
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Schlauch zur Tropfbewässerung im Weinberg

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