Gespanntes Warten vor der Luitpoldhalle: Eine große Gruppe Schülerinnen und Schüler vom Ignaz-Günther-Gymnasium ist gekommen, um die ukrainischen Kinder zum Spielenachmittag abzuholen. Und dann geht sie auf, die Tür der Halle, und heraus kommen Kinder verschiedenen Alters. Sie freuen sich sichtlich, die deutschen Kinder wiederzusehen. Lehrer Michael Thoma wird sogar auf Kniehöhe umarmt.
Durchs Spalier zum Spielenachmittag
Zweimal in der Woche, dienstags und donnerstags, werden die ukrainischen Kinder zum Spielenachmittag abgeholt. Die Luitpoldhalle, die derzeit als Notunterkunft dient, befindet sich gleich gegenüber des Gymnasiums. Von Anfang an ist der Spielenachmittag bei allen Kindern auf ein enormes Interesse gestoßen und jede Woche kommen mehr Kinder des Gymnasiums dazu, berichten die Lehrer, die die Aktion betreuen.
Keinerlei Berührungsängste
Er sei da, weil die geflüchteten Kinder sicher Ablenkung brauchen, meint ein Schüler des IGG. Sein Freund schickt hinterher: Vielleicht könne man ja auch neue Freunde finden. Auch wenn es freilich Sprachbarrieren gibt, scheinen diese niemanden aufzuhalten. Es wird gerannt, balanciert, der Ball fliegt übers Volleyballnetz und Franziska spielt mit einer Ukrainerin Federball. Sie habe ihr einfach den Schläger hingehalten, erzählt die Gymnasiastin.
Schülerin wird zur Dolmetscherin
Die 19-jährige Gymnasiastin Liliya hat ganz unvermutet eine Sonderrolle bekommen: Sie ist über Nacht zur gefragten Dolmetscherin geworden. Liliya kann ins Russische übersetzen und hilft nun bei Verständigungsproblemen gerne weiter. Ansonsten wird mit Händen und Füßen sowie mit Apps kommuniziert.
Soziales Lernen für alle
Hauptorganisator der Spielenachmittage ist der Lehrer und Schulpsychologe Michael Thoma. Man erlebe derzeit eine "Schulung der Gefühle" bei den Kindern, sagt er. Viel Empathie werde gerade entwickelt und es gehe viel um das "Dabei-sein-wollen". Thoma verschickt Clips und Fotos von den Spielenachmittagen an seine Schülerinnen und Schüler und je mehr von der Atmosphäre der gemeinsamen Nachmittage transportiert werde, desto mehr Kinder würden mitmachen wollen.
Verschnaufpause für die Mütter
Während ihre Kinder spielen und toben, bleiben viele der ukrainischen Mütter in der Notunterkunft, um ein paar Stunden für sich zu haben, berichtet der Leiter des Gymnasiums Dieter Friedl. Zu Beginn seien alle Mütter vor Ort gewesen, um zu sehen, ob ihre Kinder auch gut aufgehoben seien. Doch inzwischen würden die alleine zu den Spielenachmittagen kommen. Das Angebot soll bis auf Weiteres erhalten, weitere Rosenheimer Schulen sollen mit einbezogen werden.
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