In Bayern darf weiter im Eingangsbereich jedes staatlichen Dienstgebäudes ein Kreuz hängen.
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In Bayern darf weiter im Eingangsbereich jedes staatlichen Dienstgebäudes ein Kreuz hängen.

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Kreuze in Bayerns Behörden bleiben: "Recht auf unserer Seite"

Der Freistaat Bayern muss Kreuze, die seit 2018 in jedem staatlichen Gebäude hängen, nicht abnehmen. CSU und Freie Wähler begrüßen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts – aber es gibt auch Kritik. Die Kläger wollen jetzt nach Karlsruhe.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Ein Kreuz in jedem staatlichen Gebäude in Bayern – seit Jahren wurde darüber gestritten, ob das rechtmäßig ist. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden: Die Kreuze in Bayerns Behörden dürfen hängen bleiben. Das Gericht wies Klagen gegen den umstrittenen Kreuzerlass des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ab.

Söder selbst zeigte sich im Internetdienst X, früher Twitter, zufrieden: "Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen und kulturellen Prägung. Es gehört zu Bayern."

"Recht auf unserer Seite": CSU und Freie Wähler zufrieden

"Auch in Zukunft ist es notwendig, Entscheidungen darüber zu treffen, was uns ausmacht, und entsprechende Orientierung zu geben. Mit dem Kreuzerlass beziehen wir klare Position und haben mit dem Urteil das Recht auf unserer Seite", erklärte Klaus Holetschek, CSU-Fraktionschef.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, das Kreuz stehe für elementare Werte wie Menschenwürde und Toleranz. "Unser ganzes Wertefundament, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, unsere Traditionen wie Weihnachten oder unsere Feiertage sind durchdrungen von christlich-abendländischer Kultur und Prägung."

Auch die Freien Wähler äußerten sich positiv. Durch das Kreuz sei sichergestellt, dass religiöse Symbole auch im öffentlichen Raum ihren Platz hätten und der Freistaat Bayern sich zu seinem Wertefundament bekennen könne, hieß es von Florian Streibl, dem Vorsitzenden der Freie-Wähler-Landtagsfraktion. "Das Kreuz in der Amtsstube oder im Gerichtssaal ist das einmalige Symbol des Artikels 1 des Grundgesetzes und mahnt uns alle und insbesondere alle in staatlicher Verantwortung: 'Die Würde des Menschen ist unantastbar.'"

Seit 2018 geltende Vorschrift wurde scharf kritisiert

In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats heißt es seit Juni 2018: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen."

Der Erlass von Ministerpräsident Söder war damals heftig diskutiert worden. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warf ihm seinerzeit vor, damit "Spaltung, Unruhe, Gegeneinander" ausgelöst zu haben. "Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden", sagte er. Es stehe dem Staat nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute.

Noch bevor das Gericht in Leipzig seine Entscheidung verkündete, war Kardinal Marx am Dienstag im Münchner Presseclub zur Thematik gefragt worden. Darauf erklärte er, er wolle jeden Zweifel entkräften, nicht für Kreuze zu sein. "Das gehört zu unserer Geschichte dazu." Die Frage sei das Wie und nicht das Ob. Dabei verwies er auf Gipfelkreuze, auf Kreuze am Wegrand oder in Schulen, all dies habe Tradition: "Das Kreuz bringt man in Bayern nicht zum Verschwinden. Die Sorge habe ich noch nicht."

Bambergs künftiger Bischof äußert sich positiv

Bambergs ernannter Erzbischof Herwig Gössl begrüßte die Gerichtsentscheidung. "Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen Kultur und steht für Frieden, Freiheit und Versöhnung. Ich freue mich daher, wenn durch das Zeichen des Kreuzes – in der Natur, in Wohnstuben oder auch in Amtsgebäuden – auf die christlichen Werte hingewiesen und an die Verantwortung vor Gott erinnert wird." Wichtiger als das Anbringen von Kreuzen sei allerdings, dass in staatlichen Behörden ebenso wie im privaten und öffentlichen Raum nach den christlichen Werten gehandelt und entschieden werde.

Die bayerische evangelische Landeskirche und das Münchner Erzbistum wollten sich auf BR24-Anfrage am Dienstag nicht zum Urteil äußern. 2018 hatten sie den Erlass teils deutlich und scharf kritisiert.

Heinig: Kreuz zur Schau gestellt

Auch der Göttinger Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hält die Entscheidung für falsch: Im Erlass sei das Kreuz bloßer Ausdruck der kulturellen Prägekraft des Christentums und werde in den Behörden zur Schau gestellt.

Heinig betonte, entscheidend sei nicht die Intensität der Konfrontation für Besucher, "sondern das – von einem verständigen Empfängerhorizont aus betrachtet – neutralitätswidrige Erscheinungsbild des Staates", das eine Religionskultur demonstrativ heraushebe und damit den Anspruch auf gleichberechtigte Achtung aller Bürger verletze.

Kläger wollen zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Geklagt hatte der religionskritische Bund für Geistesfreiheit. Er forderte die Aufhebung des Erlasses und die Entfernung der Kreuze. Schon vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte der Bund im Sommer vorigen Jahres allerdings eine Niederlage kassiert. Der VGH hatte zwar einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates gesehen, die Kreuze aber im Wesentlichen als passive Symbole "ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung" eingestuft.

Bei BR24live sagte die Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit, Assunta Tammelleo, sie könne die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nachvollziehen. "Wenn klar und deutlich im Eingangsbereich einer jeden Behörde in Bayern sichtbar ein Kreuz aufhängt wird, um damit zu erreichen, dass man es am besten im Vorbeigehen nicht bemerkt, das erschließt sich nicht wirklich, weil vorher hing ja da auch nichts."

Der Bund für Geistesfreiheit hatte schon vor der Urteilsverkündung den nächsten Schritt angekündigt: Im Falle einer Niederlage will man sich an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden.

Mit Informationen von dpa, epd und KNA

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