Feuer und Kreuz vor Niclasreuth
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Mahnfeuer am Ortsrand von Niclasreuth, einem Dorf südlich von Grafing im Landkreis Ebersberg

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Mit Mahnfeuern gegen die Trasse "Limone"

Mit einer langen Kette aus Feuerstellen haben am Samstagabend viele Hundert Menschen im Landkreis Ebersberg gegen die geplante Trasse "Limone" des Brenner-Nordzulaufs demonstriert. Diese verläuft übers Land, zwischen Grafing und Ostermünchen.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Als es dunkel wird, entzünden die Einheimischen die Feuer. Mal sind es kleine Grillschalen, mal riesige Wannen, in denen den ganzen Tag über Holzstapel aufgeschichtet wurden. Nach und nach illuminieren die Flammen den Verlauf der Trasse "Limone". Dörfer wie Niclasreuth, Langkofen oder Dorfen träfe es besonders hart. Oft sind es nur ein paar Dutzend Schritte vom Ortsrand bis zum hier geplanten Teilstück der europäischen Nord-Süd-Achse.

Angst vor dem Verlust der Heimat

In den Gesprächen an den Feuern wird Unverständnis laut, aber auch Wut und Verzweiflung. "Uns Älteren wird das Lebenswerk zerstört, und den Jüngeren die Zukunft", sagt ein Bauer und zeigt auf die umliegenden Felder am Rand von Niclasreuth. Sie würden von "Limone" durchschnitten.

"Wir hätten dann von zwei Seiten Bahnlärm", sagt eine Nachbarin. "Wir werden hier eingekesselt." "Wir alle hier haben Angst, dass uns die Heimat genommen wird, und das werden wir nicht zulassen", so fasst eine junge Mutter, die mit ihren Kindern gekommen ist, die Motivation der Demonstranten zusammen.

CSU-Abgeordnete greifen Protest auf

Allen gemeinsam ist auch die Enttäuschung, dass die Bahn die sogenannte Bürgertrasse "Türkis" abgewiesen hat. Dieser Vorschlag aus den Reihen der "Bürgerinitiative Brennernordzulauf Landkreis Ebersberg" sieht den Ausbau der Bestandsstrecke um zwei weitere Gleise vor, mit massivem Lärmschutz, von dem dann auch die Bewohner von Aßling profitieren würden, durch deren Dorf die Strecke verläuft.

Dass diese Trasse von der Bahn zumindest in eine alternative Planung aufgenommen wird, dafür will sich der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz stark machen. Er ist zur Abschlusskundgebung in einen großen Stadel bei Niclasreuth gekommen und solidarisiert sich mit den Dorfbewohnern. Wie auch sein Parteifreund Thomas Huber. Er zeigt sich begeistert von der Mahnfeuer-Aktion. "Das ist ein klares Signal aus der Region an die Bahn und die Bundesregierung, dass hier alle zusammenstehen für eine bessere Lösung, und gegen eine billige und einfache Lösung", sagt der Landtagsabgeordnete.

Auf die Frage, ob nicht seine Partei für die Vorgaben, die der Bahn für den Bau des Brenner-Nordzulaufs gegeben wurden, mitverantwortlich sei, antwortet Huber, seines Erachtens gäben diese Vorgaben auch die Möglichkeit her, die Bestandsstrecke auszubauen. Die Bahn habe "Limone" von Anfang an gegen den Willen der Region durchsetzen wollen, und das werde man versuchen zu verhindern.

Familien stehen um ein Feuer
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Familien stehen um ein Feuer

Bahn: Stresstest bestätigt "Limone"

Die Bahn hatte erst vergangene Woche das Ergebnis eines sogenannten Stresstests bekannt gegeben, mit dem die Entscheidungsfindung bei der Trassenauswahl überprüft worden war. Demnach liege "Limone" bei elf von 14 Kriterien weiterhin deutlich vorne, sagte Matthias Neumaier, der Gesamt-Projektleiter des Brenner-Nordzulaufs, auf einer Pressekonferenz in Rosenheim. Vor allem die Punkte Lärm und Erschütterung seien den Bürgern wichtig gewesen. Deswegen habe man die lärmtechnischen Berechnungen von externen Gutachtern unter die Lupe nehmen lassen.

Ergebnis: Alle Kritikpunkte, die von Bürgern und Politikern vorgetragen wurden, seien widerlegt worden. Zwar habe sich die sogenannte Bürgertrasse "Türkis", die einen Ausbau der Bestandsstrecke vorsieht, nach dem Stresstest um einen Punkt verbessert, so Neumaier, insgesamt bleibe aber "Limone" die Trasse mit den meisten Vorteilen.

Bahn sieht auch viel Zuspruch für "Limone"

Der Projektleiter verwies darauf, dass die Bahn nur gemäß den verkehrlichen Zielen, die die Politik vorgegeben habe, planen könne. Die mit "Limone" gewählte Umfahrung von Ortschaften und Siedlungen bedeute eine große Entlastung von Gemeinden wie Aßling.

80 Prozent des jetzigen Güterverkehrs auf der Bestandsstrecke, so heißt es in der aktuellen Präsentation der Bahn, würden auf die neue Strecke verlagert. Und damit werde es möglich, den Nahverkehr auf den bestehenden Gleisen zu verdichten.

Wie Dieter Müller, Projektabschnittsleiter für den Bereich zwischen Grafing und Ostermünchen, erklärte, werde es nach Fertigstellung des Nordzulaufs entlang der Bestandsstrecke deutlich leiser. Und die neue Trasse "Limone" verlaufe überwiegend entlang von Einschnitten und durch lange Tunnel, so dass die Lärmbelastung niedrig bleibe. Müller sagte, es gebe von Bürgern in Aßling auch viel Zuspruch für die von der Bahn bestimmte Auswahltrasse.

Vertiefte Planung ab kommendem Jahr

Die Bahn will für diesen Streckenabschnitt ab 2023 in die vertiefte Planung gehen, dann werden Brücken, Straßen, Leitungen und Bauzeiten definiert und berechnet. Dabei gebe es durchaus noch Optimierungspotenzial, so Neumaier, etwa Verschiebungen der Trasse oder Vertiefungen von Einschnitten. 2025 steht die Genehmigung im Bundestag an, danach die Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Ab 2031 soll gebaut werden, die Fertigstellung ist für 2040 vorgesehen.

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