Farmroboter auf dem Zuckerrübenacker von Anton Maier
Bildrechte: BR

Farmroboter auf dem Zuckerrübenacker von Anton Maier

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Säen, düngen, Unkraut hacken: Was können Farmroboter noch?

Erst gut 50 Farmroboter arbeiten auf Bayerns Feldern, nicht viel bei über 100.000 landwirtschaftlichen Betrieben. Doch Feldrobotik ist die Zukunft, sagen Forscher und Landtechnikhersteller. Was können die autonomen Helfer am Acker?

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

"Ich habe zwei Jahre lang viele schlaflose Nächte verbracht", sagt Landwirt Anton Maier. Der Ackerbauer in Eitensheim im Landkreis Eichstätt hat vor ein paar Jahren seinen Betrieb auf Bio umgestellt und sich einen Farmroboter gekauft: Zum Säen und Unkraut hacken auf seinen Zuckerrübenfeldern. "Das Handy liegt neben dem Bett und nachts um drei meldet sich der Roboter mit einer Störung. Wenn das öfter vorkommt, schläft man nicht mehr gut", sagt Maier rückblickend.

Mittlerweile arbeitet sein Farmdroid problemlos, doch seine wichtigste Erkenntnis: "Der Roboter läuft nur so gut wie der Mensch, der ihn programmiert hat." Wer mit neuer digitaler Technik nicht umgehen könne, für den seien Roboter ungeeignet.

Wie "gefährlich" sind Roboter?

Während im Kuhstall Roboter zum Melken, Füttern oder Entmisten längst Standard sind, sind auf den Feldern in Bayern erst gut 50 Roboter im Einsatz. Sehr wenige, denn die Technik ist für die Landwirte noch Neuland und lange gab es keine rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn es stellen sich viele Fragen: Brauchen Roboter fürs Fahren auf der Straße oder im Acker eine Sondergenehmigung? Sind sie in der Lage, wenn sie auf ein Hindernis stoßen, sofort zu stoppen? Kann der Landwirt durch Fernsteuerung bei Gefahr jederzeit eingreifen? Erst seit 2018 gibt es in der EU mit einer ISO-Norm einen rechtlichen Rahmen für den Einsatz der Feldroboter.

Roboter statt Pflanzenschutzmittel

Mittlerweile sind Roboter in allen Größen und Formen von verschiedenen Herstellern auf dem Markt. Sie heißen Najo Oz, Agrointelli oder Farmdroid, fahren GPS-gesteuert übers Feld, solarbetrieben oder mit Akku, und säen und eliminieren Unkraut in Zuckerrübenfeldern. So wie bei Landwirt Anton Maier, der als Bio-Bauer auf chemischen Pflanzenschutz verzichten muss: "Der Roboter merkt sich jedes Saatkorn, das er abgelegt hat, und später entfernt er rundherum mechanisch alle anderen Pflanzen, also Unkräuter."

Der Vorteil: Keine Chemie am Acker, man spart sich viel Handarbeit und kleine Roboter sind im Gegensatz zu Traktoren leichter, also bodenschonender.

Problem: Wie kommt der Roboter zum Acker?

Dennoch sind Feldroboter nicht universell einsetzbar. Es dürfen keine zu großen Steine am Feld liegen, die den Roboter ausbremsen. Außerdem muss das Gelände möglichst flach sein. Und den Landwirt braucht es trotzdem noch, um den Farmroboter vom Hof zum Feld und zurück zu transportieren.

Kleine Roboter kann man mit einem Anhänger transportieren, aber für große Roboter, die den Traktor als Zugmaschine ersetzen, braucht man einen Tieflader zum Transport. Viel zu kompliziert, sagen deshalb derzeit noch viele Landwirte und bleiben lieber beim Traktor. Denn dass der Roboter alleine nach Hause fährt, Stichwort autonomes Fahren, ist nicht erlaubt.

Führen Feldroboter zum Strukturwandel?

Doch Roboter sind die Zukunft, prognostiziert Prof. Heinz Bernhardt vom Lehrstuhl für Agrarsystemtechnik an der Technischen Universität München: "Die Landwirtschaft ist einer der modernsten Sektoren der Wirtschaft. Landwirte waren schon immer Techniktreiber. Die Landwirtschaft steht vor einem positiven Bruch." Zwar gebe es die Befürchtung, der Einsatz von Robotern würde zu einem Strukturwandel führen, doch das sei unbegründet.

"Roboter sollen nicht komplett den Landwirt am Feld ersetzen, aber ihm stupide Arbeiten abnehmen." Prof. Heinz Bernhardt

Roboter pflücken Erdbeeren

Außerdem würde es nur mit Hilfe von Robotern gelingen, gegenüber Billiglohnländern konkurrenzfähig zu bleiben, zum Beispiel bei Sonderkulturen wie Erdbeeren oder Äpfeln. Bei der Ernte brauche man da bisher noch viele Arbeitskräfte, die immer weniger zu finden sind und trotz niedrigen Mindestlohns für die Landwirte ein immenser Kostenfaktor sind.

In Zukunft könnten das viel billiger Ernteroboter erledigen. Die ersten Erdbeerpflückroboter seien bereits im Einsatz: "Die brauchen zwar derzeit noch 30 bis 40 Sekunden pro Erdbeere, aber die werden schneller werden", so Heinz Bernhardt.

Ein Schwarm von Mähdreschern am Acker

Auch bei der Getreideernte werden in Zukunft Roboter über den Acker fahren, ist sich der Wissenschaftler sicher. Um Getreide schneller und schlagkräftiger zu ernten, sind in den vergangenen Jahrzehnten die Mähdrescher immer größer geworden. Ein Mähwerk mit einer Schnittbreite von über zwölf Metern stößt jedoch an seine Grenzen, wenn es auf der Straße transportiert werden muss.

Heinz Bernhardt fragt: "Warum nicht viele Mini-Mähdrescher, die wie ein Schwarm übers Feld fahren, und das Schneidwerk nur einen Meter breit. Die kippen das Getreide auf ein Fließband am Feldrand und weiter geht's."

Solche Kleingeräte seien für jede Betriebsgröße geeignet: "Auf einem riesigen Acker in Ostdeutschland fahren dann 15 oder 20 Robot-Mähdrescher, auf einem kleinen Acker in Bayern nur vier", so Bernhardt.

Staat zahlt 40 Prozent Zuschuss

Für viele Landwirte ist das noch Zukunftsmusik und entscheidend ist für die meisten auch der Anschaffungspreis. Kleine Roboter kosten 40.000 Euro, große bis zu 500.000 Euro. Der Freistaat Bayern fördert die Anschaffung von Farmrobotern mit bis zu 40 Prozent des Kaufpreises, maximal gibt es 40.000 Euro. Nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft werden derzeit rund 80 Förderanträge bearbeitet.

Auch für Landwirt Anton Maier in Eitensheim war der staatliche Zuschuss ausschlaggebend. 75.000 Euro hat sein Farmdroid vor drei Jahren gekostet, 30.000 Euro davon hat der Staat bezahlt: "Ohne diesen Zuschuss hätten wir es nicht gemacht, denn es war schon ein Risiko und wir wussten ja nicht, wird er funktionieren?"

Nach einigen schlaflosen Nächten in den Anfangsjahren funktioniert er heute. Und Anton Maier rechnet damit, dass sich die Investition in sechs bis sieben Jahren aufgrund der eingesparten Arbeitsstunden amortisiert hat.

  • Zum Artikel: "Revolutionär": Hackroboter auf Biohof im Kreis Cham vorgestellt

Zum Audio: Ernte gut, alles gut? Sind Roboter die Zukunft?

Solarbetriebener Farmdroid im Einsatz auf dem Feld (Symbolbild)
Bildrechte: BR
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Ernte gut, alles gut? Folge 8: Sind Roboter die Zukunft? - Im Notizbuch in Bayern 2 und in der ARD Audiothek

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!