Jannis Panagiotopoulos ist Platzmeister auf dem Schrottplatz in München
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Jannis Panagiotopoulos ist Platzmeister auf dem Schrottplatz in München

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Recycling auf dem Schrottplatz: So wertvoll ist unser Müll

Hier landen Mikrowellen, Waschmaschinen, Autos und vieles mehr. Verantwortlich für alles ist Platzmeister Jannis Panagiotopoulos. Kontrovers – Die Story begleitet ihn bei seiner Arbeit auf dem Schrottplatz, die auch nach Jahren unvorhersehbar bleibt.

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Kurz sieht es so aus, als müsste der Notarzt kommen. Zwischen Bergen aus Schrott sitzt ein Lieferant in tiefer Hocke hinter einem LKW und hält sich an einem bettgestellartigen Metallteil fest, das am Boden liegt. "Das Ding ist mir auf den Schädel gefallen", sagt er zum schnell herbeigeeilten Platzmeister Jannis Panagiotopoulos, den hier alle nur Janni nennen. Mit signalgelber Warnweste und blauem Schutzhelm regelt er die Situation. "Bleib du bei ihm", sagt Janni zu einem weiteren Kollegen, "ich fahr den LKW weg".

Beim Öffnen der hinteren Türen war das Metallgestell herausgefallen und hatte den Mann getroffen. Er hat eine leicht blutende Wunde am Kopf, es geht ihm aber schnell wieder besser. Oft passieren solche Unfälle laut Janni nicht. "Aber beim Türaufmachen ist es gefährlich, da muss man aufpassen", erklärt der Platzmeister.

Bis zu 150 LKW-Ladungen Schrott jeden Tag

Janni ist für alles verantwortlich, was auf dem Schrottplatz in München passiert. Seit fünf Uhr morgens ist er auf den Beinen. Zu dem Job ist er durch seinen Vater gekommen – auch der hat schon hier gearbeitet. "Ich wollte das nur aushilfsweise machen", erzählt Janni über seine Anfänge auf dem Schrottplatz. Inzwischen sind mehr als 35 Jahre vergangen. Von einer Vertretung in der Metallhalle zum "Chef auf dem Platz". Janni ist in Griechenland geboren, mit sieben Jahren kam er nach Deutschland. Für den zweiten Teil einer dreiteiligen Serie über Müll hat Kontrovers - Die Story den Schrottwerker einen Tag bei seiner Arbeit begleitet.

Für Außenstehende wirken die Abläufe inmitten all des Schrotts zunächst etwas chaotisch, tatsächlich gibt es aber einen klar geregelten Arbeitsprozess. Im ersten Schritt liefern große Firmen und Privatpersonen den Schrott an - dafür erhalten sie in den meisten Fällen Geld. Bis zu 150 LKW-Ladungen kommen jeden Tag bei Janni und seinen Kollegen an. Die sortieren das Material mit dem Bagger grob vor, bevor eine Maschine die Schrottteile anschließend zerkleinert. Ziel ist es, die verschiedenen Rohstoffe voneinander zu trennen. Das übernimmt eine Sortieranlage mithilfe von Fließbändern. Am Ende bekommen die Schrottwerker beispielsweise sortenreines Kupfer, Aluminium oder Eisen. Diese Rohstoffe werden im letzten Schritt weiterverkauft.

Kupfer, Stahl und Messing: wertvolle Rohstoffe

Janni steigt in den Bagger, um das Vorsortieren zu übernehmen. Im Schredder dürfen keine Glasflaschen landen, "sonst gibt es eine Explosion", erklärt der 58-Jährige, das sei schon vorgekommen. Wie er so dasteht, wirkt der kniehohe Wohnzimmertisch recht massiv und robust. Doch als die fünf sogenannten Schalen des Greifers zupacken, hat das entsorgte Möbelstück keine Chance: Die Holzplatte splittert, die metallene Grundkonstruktion ist binnen Sekunden vollkommen deformiert. Auf dem Schrottplatz wird jede Menge Material mit immenser Kraft bewegt. Janni ruckelt in der Fahrerkabine ganz schön hin und her.

Nächste Station für den Schrott: Schredder und Sortieranlage. Janni sitzt im Häuschen und überwacht auf Monitoren die Vorgänge in der Anlage. Am Ende kommen die sortierten Rohstoffe aus der Maschine, "zu 99,99 Prozent sauber", sagt Janni. Aber eben nicht zu 100 Prozent. Manchmal verirrt sich ein Stück Kupfer oder Messing auf das Fließband mit Eisen. Diese fehlgeleiteten Kleinteile müssen die Mitarbeiter händisch aussortieren: "Das kann keine Maschine", sagt Janni.

12.000 Tonnen Material im Monat - Schrott-Recycling im großen Stil

Der Platzmeister muss schon wieder an anderer Stelle einspringen. Ein noch recht neuer Kollege kommt mit dem Abtransport einer Schrottlieferung nicht hinterher. "Der nächste, der abkippen will, hat keinen Platz", erklärt Janni und steigt selbst in den Bagger, so geht es schneller. Ein LKW nach dem anderen fährt auf das Gelände, hebt die Ladefläche an und quaderförmige Massen an Schrott rutschen auf den Platz. Pro Monat werden hier bis zu 12.000 Tonnen Material umgeschlagen.

Am frühen Nachmittag gibt es ein Problem in der Sortieranlage, die spuckt gerade kein Material aus. Über ein Funkgerät spricht Janni mit einem Kollegen. Kritisch wird es, wenn sich Teile in den Fließbändern verhaken, dann steht die ganze Anlage still. Kurz darauf geht es aber schon wieder weiter. "Da war was verstopft, das kommt schon mal vor", sagt Janni.

So wertvoll ist unser Schrott

Der Platzmeister ist ständig in Bewegung und hilft überall dort, wo Not am Mann ist. Die Arbeit auf dem Schrottplatz hält immer wieder Überraschungen parat. Einmal sei ein Auto angeliefert worden, in dessen Sitzen offenbar Geld versteckt war. "Das Auto haben wir geschreddert", erzählt Janni, "und hinten, wo der Müll rausfällt in die Container, da hat es Geld geregnet."

Am Ende des Arbeitstages, wenn die Maschinen schon stillstehen, muss der Platzmeister noch Bilanz ziehen. Wie viel Rohstoffe haben er und seine Kollegen in letzter Zeit gewonnen? "Das sind jetzt ungefähr sechs Waggons oder 300 Tonnen“, sagt Janni und zeigt dabei auf den großen Haufen Eisen. Die Eisenpreise schwanken stark, eine solche Menge kann im Verkauf - beispielsweise an Stahlwerke - rund 90.000 Euro einbringen.

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