Absperrung auf einer abgesackten Straße im Nördlinger Ries. Ursache für die Schäden ist ein Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren.
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Absperrung auf einer abgesackten Straße im Nördlinger Ries. Ursache für die Schäden ist ein Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren.

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Nördlinger Ries: Meteorit lässt Straße absacken

Eine Straße im Nördlinger Ries rutscht langsam aber sicher ab. Sie ist bereits halbseitig für den Verkehr gesperrt. Die Ursache geht letztlich auf den Meteoriteneinschlag vor rund 15 Millionen Jahren zurück.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Risse im Asphalt und die gesamte Straße ist schon einige wenige Zentimeter abgerutscht, sagt Michael Bauhammer, Leiter des Tiefbauamts der Stadt Nördlingen. Es sei zu befürchten, dass die Straße zwischen dem Nördlinger Ortsteil Nähermemmingen und Utzmemmingen im angrenzenden Baden-Württemberg weiter absacke, weil sie an einem Hang liegt. Geologen sprechen von einer "kriechenden Rutschung". Auf einer Länge von 30 Metern ist die Straße halbseitig gesperrt.

Ausgetrocknete Tonschichten ziehen sich zusammen

Die einfache Erklärung für das Absacken: Die Straße ist auf einer dicken Tonschicht gebaut. Ton kann viel Wasser speichern. Die letzten Sommer waren aber alle viel trockener als üblich. Die Folge: Der Ton trocknet aus, zieht sich zusammen und die Straße sackt ab. Dass es dort aber überhaupt so mächtige Tonschichten im Untergrund gibt, ist sozusagen eine Langzeitfolge des Meteoriteneinschlags im Nördlinger Ries.

Im Einschlagskrater hat sich ein See gebildet

Vor rund 15 Millionen Jahren ist ein ein Kilometer großer Meteorit mit 70.000 km/h auf die Erde gekracht. Nördlingen liegt in dem Einschlagskrater, der einen Durchmesser von 20 Kilometern hat. Gisela Pösges, Geologin des Geopark Ries, sagte dem BR: "Der Einschlag war ein Inferno und hat in einem Umkreis von 100 Kilometern das Leben ausgelöscht." Es seien Unmengen an Staub aufgewirbelt worden – eine perfekte Grundlage für die Bildung von Wolken. Es habe nach dem Einschlag über einen langen Zeitraum heftig geregnet. In dem Einschlagskrater hat sich dann ein See gebildet.

Mehrere Hundert Meter dicke Tonschichten

Nach und nach sei eine wahrscheinlich schöne Landschaft entstanden, mit Flachwasserzonen, Pflanzen und größeren Bäumen, sagt Pösges. Und wie in den meisten Seen üblich, haben sich am Seegrund Sedimente gesammelt. Im Ries waren die Ablagerungen sehr tonhaltig. Und weil es den See rund zwei Millionen Jahre gegeben hat, konnte sich ziemlich viel Material ansammeln: Die Tonschichten im Ries sind teils mehrere Hundert Meter dick.

Sanierung der Straße kostet 400.000 Euro

Die Straße zwischen Näher- und Utzmemmingen soll noch in diesem Jahr saniert werden, heißt es bei der Stadt Nördlingen. Um die Rutschung zu stoppen, braucht es dafür eine spezielle Bohrpfahlwand. Kosten insgesamt: Rund 400.000 Euro. Wenn man so will, Folgekosten einer 15 Millionen Jahre alten Katastrophe. Zum Glück sacken im Ries Straßen oder gar Häuser nicht ständig ab, aber es kommt immer mal wieder vor. Zum Beispiel beim Bau der Nördlinger Ortsumfahrung vor rund 20 Jahren. Da musste schon nachgebessert werden, bevor die Straße überhaupt eröffnet werden konnte. Damals war es das hohe Gewicht der Straße, das auf den Ton gedrückt hat.

Ton macht Böden im Ries sehr fruchtbar

So bestimmen die geologischen Bedingungen, die durch den Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren entstanden sind, noch heute oft genug das, was im Ries passiert. Die Tonschichten zum Beispiel haben auch einen Vorteil – für die Landwirtschaft. An Tonmineralen können Nährstoffe gut haften. Dazu kommt: Vom Wind transportierter, fruchtbarer Löss verfing sich in dem Einschlagskrater. Die Böden im Ries gehören deshalb heute zu den fruchtbarsten in ganz Bayern.

Wissenschaft nutzt Meteoritenkrater als Vergleichsobjekt

Für die Wissenschaft ist das Nördlinger Ries als einer der am besten erhaltenen und zugänglichen Meteoritenkrater der Erde ein wichtiges Vergleichsobjekt, sagt Geologin Pösges. "Ein Meteoriteneinschlag kann jederzeit wieder passieren – ohne jetzt große Angst zu schüren", sagt Pösges. Deshalb gebe es eine Weltraummission von ESA und NASA um an einem – für die Erde ungefährlichen Asteroiden – zu trainieren, wie man dessen Flugbahn ablenken kann. Damit man im Fall der Fälle gerüstet ist. Auch der Geopark Ries sei bei dem Projekt miteingebunden.

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