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Fünf Zuhörer mit T-Shirts mit der Aufschrift "No PAG!" protestieren vom Zuschauerrang im Plenarsaal des bayerischen Landtags aus gegen das Polizeiaufgabengesetz (PAG).

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Mögliche Klagen gegen das Polizeiaufgabengesetz

Am Dienstag hat der Bayerische Landtag das neue Polizeiaufgabengesetz verabschiedet. Dagegen hatten in der Vorwoche rund 30.000 Menschen demonstriert. Nach dem Inkrafttreten planen nun einige Gruppen und Abgeordnete das Gesetz überprüfen zu lassen.

Ein Überblick von Wolfram Schrag:

Popularklage

Die Popularklage ist eine bayerische Besonderheit. Danach kann jedermann den Bayerischen Verfassungsgerichtshof anrufen, wenn er meint, ein bayerisches Gesetz verstoße gegen bayerische Grundrechte in verfassungswidriger Art und Weise. 

Im Unterschied zur Verfassungsbeschwerde muss er darin nicht belegen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Bei der Popularklage handelt der Beschwerdeführer nicht nur für sich, sondern auch für andere.

Prüfung bayerischen Verfassungsrechts

Der Verfassungsgerichtshof muss die Regelung dann am Maßstab des bayerischen Verfassungsrechts überprüfen. Und selbst wenn die Popularklage zurückgewiesen würde, böte sich dem Verfassungsgericht die Möglichkeit, eine umfassende Rechtsprüfung vorzunehmen, wenn dies im öffentlichen Interesse ist. Das ist beim neuen PAG denkbar. Eine Popularklage wurde schon Anfang Mai von verschiedenen bayerischen Jurastudentinnen und –Studenten eingereicht.

Neuer Begriff „drohende Gefahr“

Die Beschwerdeführer stören sich insbesondere am Begriff der "drohenden Gefahr". Diese verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. So hatte auch Ulrich Schellenberg, der Präsident des Deutschen Anwaltvereins im BR-Interview kritisiert, das neue PAG schaffe neben der „konkreten Gefahr“ mit der „drohenden Gefahr“ Neuland, das zu Rechtsunsicherheit führe.

Verfassungsbeschwerde

Derzeit prüfen die Oppositionsparteien im Landtag auch eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht. Konkret hat das der SPD-Abgeordnete und Rechtspolitiker Franz Schindler angekündigt. 

Auch der bayerische FDP-Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae plant den Gang nach Karlsruhe, vor allem mit dem Argument, das PAG könne als Blaupause für andere Länder-Polizeigesetze dienen, so dass es einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedürfe. 

Prüfung einzelner Befugnisse

Dreh- und Angelpunkt ist auch hier der Begriff der „drohenden Gefahr“. Zudem erhielten die Polizeibehörden Eingriffsmöglichkeiten, die sie bislang nur in der Strafverfolgung hatten, nicht aber im Bereich der Gefahrenabwehr. Im Moment sei man dabei, die einzelnen Befugnisse der Polizei im PAG zu prüfen, die nach Ansicht Thomaes gegen das Grundgesetz verstoßen.

Mögliche Betroffenheit

Im Gegensatz zur Popularklage baut die Verfassungsbeschwerde eine Hürde ein: Der Beschwerdeführer muss von dem Gesetz unmittelbar betroffen sein und das wäre er nur dann, wenn die Polizei gegen ihn vorgeht. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht selbst im Urteil zur Anti-Terror-Datei diese Betroffenheit dann angenommen, wenn der Betroffene von den Maßnahmen selbst gar nichts wissen kann. Andernfalls wäre ihm der Rechtsweg versperrt. Darauf will sich der Abgeordnete Thomae beziehen.