Ein historisches Ereignis der Domspatzen: erste Chorprobe bei den Mädchen
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Nach fast 1.000 Jahren: Mädchen starten bei Domspatzen

Nach fast 1.000 Jahren: Mädchen starten bei Domspatzen

Zum Schuljahresbeginn bricht der weltberühmte Knabenchor mit einer Tradition. Bisher haben nur Buben und junge Männer für den Chor gesungen und die gleichnamige Schule besucht. Nun zählen auch 33 Mädchen zu den Regensburger Domspatzen.

Von
Sebastian Grosser
Sarah Höger

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Wer in den weltberühmten Chor der Regensburger Domspatzen aufgenommen werden wollte, musste bisher zwei Hürden bestehen: Er musste singen können - und sollte ein Junge sein. So war das seit fast 1.000 Jahren.

Mit dem Start des neuen Schuljahres ändern sich die Voraussetzungen. Zwar muss der Domkapellmeister nach wie vor durch gesangliche Qualitäten überzeugt werden. Doch gilt das nun für Jungen wie auch Mädchen. "Der Beginn dieses Schuljahres ist für uns sehr besonders, ja historisch", sagte Domkapellmeister Christian Heiß dem BR.

Mädchen auf der Schule: "Zeit war reif"

33 Mädchen werden am Gymnasium der Regensburger Domspatzen in das neue Schuljahr starten, die Hälfte davon in der 5. Klasse. Sie sind die ersten Mädchen, die bei den Regensburger Domspatzen die Schulbank drücken werden. Noch zum Schulstart hat sich am Montag ein weiteres Mädchen angemeldet. Weiterhin gibt es Nachfragen, es könnten also noch mehr dazukommen.

"Die Zeit war nun einfach reif, diesen Schritt zu gehen", erklärt Schulleiterin Christine Lohse. Schließlich seien die Domspatzen bundesweit eine einzigartige Institution, was die musikalische Ausbildung von Kindern angeht.

"Warum sollte man diese Möglichkeiten den Mädchen vorenthalten, wenn noch dazu die Nachfrage da ist und Kapazitäten vorhanden sind?" Christine Lohse, Schulleiterin Regensburger Domspatzen

Die Regensburger Domspatzen gehen mit der Öffnung einen Weg, den viele Knabenchöre in den vergangenen Jahren beschritten haben - teils beschreiten mussten. Man habe die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ihr Kind lieber auf eine gemischte Schule schicken würden, so ein Sprecher der Domspatzen.

Der Missbrauchsskandal, durch den die Regensburger Domspatzen in die Schlagzeilen gerieten, habe bei der Entscheidung aber keine Rolle gespielt, so Domkapellmeister Christian Heiß. "Es wäre ja absurd zu sagen: Jetzt sind Mädchen da und das Problem ist gelöst." Inzwischen gebe es ein Präventionskonzept.

Domspatzen: Rückgang bei Schülerzahlen

Nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals wurde bei den Regensburger Domspatzen viel verändert. So wurden etwa nicht nur das Gymnasium und die Probensäle generalsaniert, sondern auch personell Neuaufstellungen vorgenommen. Seit 2019 gibt es mit Christine Lohse eine neue Schulleiterin und mit Christian Heiß einen neuen Domkapellmeister. Beide wollen den Chor in eine neue, gute Zukunft führen.

Denn: Die Schülerzahlen am Gymnasium der Regensburger Domspatzen waren in den vergangenen Jahren rückläufig. Waren es 2015 noch 336 Schüler, haben 2021 nur 265 Jungen das Gymnasium besucht. Mit dem Start des neuen Schuljahres und der Öffnung für Mädchen steigt die Schülerzahl wieder - auf 310 Schüler und Schülerinnen.

Mädchen mit Vorfreude am ersten Tag

Die Regensburgerin Lara Dechant ist in der 10. Klasse und voller Aufregung: "Ich bin ein bisschen aufgeregt, man kennt noch nicht so viele und es ist alles neu, aber ich freue mich auch. Die Trennung von der alten Schule war ehrlich gesagt nicht so schwer. Deswegen: Ich freue mich, hier zu sein." Die erste Schulstunde war für die Zehntklässlerin "spannend" und humorvoll.

"Welcome Coaches" für den Umbruch

Um die Kinder bei dem Umbruch und in der neuen Umgebung zu unterstützen, gibt es drei Frauen, die als sogenannte Welcome-Coaches fungieren. Sie sind Ansprechpartnerinnen für alle Mädchen und Jungen - falls Fragen zum Zusammenleben bei ihnen aufkommen. Gut die Hälfte der Mädchen sind Internatsschülerinnen.

Viele Mädchen steigen in höhere Jahrgangsstufen ein und kommen damit in bisher rein von Jungen geprägte Klassenverbände hinein. Schulleiterin Lohse sieht darin aber keine großen Probleme. Nach ein paar Wochen sei dann alles ganz normal, schätzt sie. Mit Elena Szuczies gebe es auch eine eigene Chorleiterin. Elena Szuczies zeigt sich von der ersten Probe begeistert: "Ganz toller Klang! Schon direkt in der ersten Probe kann man hören, wie die Mädchen klingen, wie sie ihre Stimme zum Klingen bringen und das ist wirklich ganz toll und vielversprechend. Ich denke, dass der Chor sich super entwickeln wird in den nächsten Monaten und wir dann bald auch unser erstes Konzert und unseren ersten Gottesdienst haben werden."

Mädchenchor statt gemischter Chor

Doch trotz Gleichberechtigung wird bei den Domspatzen nicht alles gleichgemacht. So wird es zum Beispiel keinen gemeinsamen Chor geben, in dem Mädchen und Jungen zusammen singen - stattdessen ein eigener Mädchenchor mit Chorleiterin und eigenem Probesaal.

"Der Knabenchor hat in seiner Prägung, von seiner Zusammensetzung her Tradition. Seit mehr als 1.000 Jahren sind wir als reiner Knabenchor geschätzt, werden dafür sogar geliebt. Von daher war ganz klar: Der Knabenchor bleibt." Christian Heiß, Domkapellmeister Regensburger Domspatzen

Der Domkapellmeister will den Mädchenchor damit jedoch keineswegs abwerten. Mädchen könnten neben einem Knabenchor durchaus bestehen, so Heiß. "Schließlich hat jeder Chor seine eigene Charakteristik, sowohl klanglich als auch vom Repertoire her. Beide haben künstlerischen Wert und auch ihre Berechtigung."

Viola beim Vorsingen beim Domkapellmeister
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Viola beim Vorsingen beim Domkapellmeister

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