Automobilzulieferer Leoni.
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Sanierungspläne bei Autozuliefer Leoni

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Leoni: Zukunft zwischen "Happy End" und Katastrophe

Der Nürnberger Autozulieferer Leoni hat turbulente Monate hinter sich. Das Unternehmen entkam nur knapp einer Insolvenz, wird von der Börse genommen. Bei Leoni spricht man nun von einem "Happy End" – für andere ist es aber eine Katastrophe.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Krisen ist man beim Nürnberger Autozulieferer Leoni gewohnt. Eigentlich sind sie seit Jahren zur Regel geworden. Doch die vergangenen Monate waren selbst für Leoni-Verhältnisse turbulent. Der Verkauf des Kabelgeschäfts an einen Investor aus Thailand sollte mehrere hundert Millionen Euro frisches Geld in die Kassen kommen. Geld, das für die Rückzahlung von Schulden fest eingeplant war. Doch dann macht der Käufer einen Rückzieher. Leoni steht kurz vor der Insolvenz. Nur weil der österreichische Investor Stefan Pierer Schulden übernimmt und frisches Geld investiert, geht es bei dem Autozulieferer weiter. Dank der Lösung spricht man bei Leoni nun von einem "Happy End". Die Aktionäre gehen dagegen leer aus: Leoni wird von der Börse genommen.

"Völlig überraschend": der Verkauf der Kabelsparte platzt

Am 13. Dezember verschickt Leoni eine Ad-hoc-Mitteilung. "STARK Corporation verweigert Closing des Verkaufs der Business Group Automotive Cable Solutions", heißt es in der Überschrift. Hinter der sperrigen Formulierung verbirgt sich nicht weniger als ein Paukenschlag. Der Verkauf der Kabelsparte ist gescheitert. Der Käufer, die thailändische Stark Corporation, macht einen Rückzieher. "Vollkommen überraschend für Leoni und auch rechtlich nicht nachvollziehbar", sagt Vorstands-Sprecher Hans-Joachim Ziems. Laut dem Unternehmen waren die Kaufverträge bereits unterschrieben. Weil das Geschäft im Umfang von 600 Millionen Euro nun aber nicht zustande kommt, bekommt Leoni Probleme bei der Schuldenrückzahlung.

Pierer beschert Leoni ein "Happy End"

Wegen des geplatzten Verkaufs der Kabelsparte sei "die Situation sehr prekär geworden", so Hans-Joachim Ziems. Der Autozulieferer muss sich mit seinen Gläubigern in Verbindung setzen. Am Ende schlittert Leoni allerdings nur an einer Insolvenz vorbei, weil der bisherige Großaktionär Stefan Pierer in die Bresche springt. Der österreichische Unternehmer übernimmt rund die Hälfte der Schulden und steckt zudem 150 Millionen Euro frisches Geld in den Nürnberger Autozulieferer. Für Leoni sei das "eine hervorragende Lösung", so Vorstands-Sprecher Ziems. Das Sanierungskonzept sei für das Unternehmen "eine sehr stabile Grundlage für die Zukunft".

Geplatzter Verkauf "sehr, sehr unüblich"

Der Verkauf von Leonis Kabelsparte ist geplatzt. Die Art und Weise wie der Deal gescheitert ist, ist laut Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) allerdings "sehr, sehr unüblich". Dass Verkäufe von Unternehmensbereichen platzen, komme zwar grundsätzlich vor. Meist geschehe das aber "in der Phase der Anbahnung" noch ehe ein Vertrag unterschrieben wird. Bei Leoni war die Tinte der Vertragsunterschrift dagegen längst getrocknet. Auch in einem solchen Fall könne man den Käufer allerdings "nicht zwingen", so Bauer. Allerdings seien in derartigen Kaufverträgen meist hohe Strafzahlungen vorgesehen, wenn sie trotz Unterschrift doch nicht zustande kommen.

Leoni will vor Gericht ziehen

Leoni sieht sich mit Blick auf den geplatzten Verkauf der Kabelsparte um 600 Millionen Euro geprellt. Das Unternehmen will vor Gericht ziehen. Vorstands-Sprecher Hans-Joachim Ziems weiß allerdings, dass es wohl Jahre dauern wird, ehe klar ist, ob Leoni eine Entschädigungszahlung von der thailändischen Stark Corporation bekommt. "In Thailand deutsche Rechtspositionen durchzusetzen ist nicht sehr einfach", so Ziems. Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger sagt aber, er gehe davon aus, dass Leoni auch vor Gericht Recht bekommen wird – vorausgesetzt die Verträge waren "wasserdicht abgeschlossen".

Aktionäre gehen komplett leer aus

Dass Leoni einer Insolvenz entgangen ist, ist erfreulich. Die Kehrseite des Sanierungskonzeptes ist allerdings, dass das Unternehmen von der Börse genommen wird. "Die Aktionäre werden jetzt einen Totalverlust erleiden", sagt Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren sieht Bauer nicht. Der Gesetzgeber habe die entsprechenden Instrumente für die Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. "Man will eben verhindern, dass Unternehmen in eine unkontrollierte Insolvenz rutschen, dass Arbeitsplätze verloren gehen", erklärt Bauer. Das gehe allerdings auf Kosten der Streubesitzaktionäre. Es könnte zwar einzelne Klagen von Aktionären geben, die versuchen ihr Investment zu retten. "Aber unsere Juristen sehen da wenig Erfolgsaussichten", so Bauer.

Leoni blickt wieder zuversichtlicher in die Zukunft

Trotz des "bedauerlichen" Totalverlusts der Aktionärinnen und Aktionäre sei das Sanierungskonzept, mit dem Leoni einer Insolvenz entkommt, eine "hervorragende Lösung", so Vorstands-Sprecher Hans-Joachim Ziems. Die Mischung aus übernommenen Schulden und frischem Geld bringe dem Unternehmen "eine sehr stabile Grundlage für die Zukunft", so Ziems. Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger meint, dass Leoni "langfristig schon noch einmal über sein Geschäftsmodell nachdenken" müsse. Der Markt der Automobilzulieferer sei hart umkämpft und sehr wettbewerbsintensiv. Das Unternehmen müsse innovativer werden, um die Verhandlungsmacht seiner Kunden, sprich der Autohersteller, zu brechen. Leoni müsse es schaffen, dass die Kunden auf das Unternehmen angewiesen seien, so Bauer. Anderenfalls werde Leoni in den kommenden Jahren immer wieder in neue Probleme geraten.

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