Am Rathaus sind goldene Plaketten angebracht. Auf der obersten steht: "Papst Benedikt XVI. Platz"
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Papst-Kritik: So reagieren die Leute in Marktl und Altötting

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Papst-Kritik: So reagieren die Leute in Marktl und Altötting

Das Münchner Missbrauchsgutachten belastet Papst Benedikt XVI. schwer. Die Menschen in seinem Heimatort Marktl und in Altötting zeigen sich bei einem Besuch vor Ort betroffen. Für ein abschließendes Urteil ist es ihrer Meinung nach aber zu früh.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Das Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München und Freising belastet auch den emeritierten Papst Benedikt XVI., der als Joseph Ratzinger in Marktl am Inn geboren wurde. Sein Geburtshaus ist das touristische Highlight des Dorfes - direkt am "Papst Benedikt XVI. Platz" mit einer von ihm geweihten Goldstele. Benedikts Porträt blickt vom Heimatmuseum herab, ebenso von den Aushängen der örtlichen Tourismusinformation und dem Schild an seiner Taufkirche.

Was halten die Menschen hier in Marktl von der Kritik am Papst?

  • Zum Artikel: Nach dem Missbrauchsgutachten: Kirche diskutiert Reformen

Menschen in Marktl sind betroffen

Es sei eine schwierige Situation, meint ein junger Mann. Ein anderer erklärt, dass die Kirche ganz andere Probleme als Benedikt habe, der zufällig mal hier gewohnt habe. Andere Menschen sprechen direkt darüber, wie schrecklich sie den Kindesmissbrauch finden.

Aus der Kirche austreten will deshalb aber keiner derjenigen, mit denen wir sprechen. Es gebe ja auch gute Leute in der Kirche und man könne nicht alle in einen Topf werfen, heißt es.

  • Zum Artikel: Kirchenaustritte nehmen nach dem Missbrauchsgutachten zu

Marktl und Altötting warten auf Statement von Benedikt XVI.

Der emeritierte Papst ist seit 1997 Ehrenbürger von Marktl. In anderen bayerischen Kommunen wird derzeit überlegt, ihm die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen. In Marktl wolle man erst einmal das persönliche Statement von Benedikt XVI. zum Gutachten abwarten, teilt Bürgermeister Benedikt Dittmann auf BR-Anfrage mit.

Ähnlich sieht das auch der Bürgermeister von Altötting, Stephan Antwerpen: Im Stadtrat gebe es unterschiedliche Meinungen dazu, entschieden werde erst nach einem Statement von Benedikt XVI. Wichtig sei auch eine juristische Auswertung des Gutachtens.

Auf dem Bild sind das Geburtshaus des emeritierten Papstes und eine goldene Steele zu sehen.
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Das Geburtshaus von Benedikt XVI. in Marktl am Inn - mit der von ihm geweihten Stele auf dem nach ihm benannten Platz.

Bürgermeister: "Benedikt XVI. hat sich für Altötting eingesetzt"

Auch im Kern des Wallfahrtsorts Altötting ist der emeritierte Papst präsent: Neben dem Kapellplatz liegt der Papst-Benedikt-Platz. Direkt an der Ecke, am Klostergebäude St. Magdalena, hängt in zwei Metern Höhe eine überlebensgroße Goldstatue von ihm. Daneben Johannes Paul II. als Statue.

Beide haben Altötting besucht: Highlights für die Stadt, erinnert sich Devotionalienverkäufer Leopold Duffik. Er hofft, dass die Statuen dort noch lange voller Respekt und unbeschädigt stehen dürfen - nicht so wie in Traunstein.

Kritik: Opfer sollten im Mittelpunkt stehen

An der Stiftspfarrkirche St. Phillipus und Jakobus treffen wir Kirchenpflegerin Andrea Schweer. Sie engagiert sich in der katholischen Reformbewegung Maria 2.0 und findet, die Frage nach Benedikts Ehrenbürgerwürde sei die falsche:

"Hilft es den Opfern, diese Frage zu beantworten, wie gehe ich mit dem Papst Emeritus um? Also mich bewegt die Frage, was wird jetzt passieren? Die Opfer stehen überhaupt nicht mehr im Mittelpunkt. Es stehen so viele Fragen im Mittelpunkt, um irgendwelche Personen, aber die Menschen, um die es eigentlich gehen sollte, nämlich die Opfer des Missbrauchs, über die redet überhaupt niemand mehr." Andrea Schweer, Kirchenpflegerin

Keine Symbolik sondern grundlegende Veränderung

Als Juristin, genauer gesagt von ihrem Referendariat bei einem Jugendstaatsanwalt, wisse sie, welche Schäden sexueller Missbrauch bei den Opfern verursache, so Schweer. Jetzt gehe es aber schon wieder seit Tagen nur noch um einzelne Namen und Würdenträger der Kirche.

Auch ihre "Maria 2.0"-Kollegin Ursula Gottschalk, die Vorsitzende des Frauenbunds der Stiftspfarrkirche, sieht in einer Entziehung der Ehrenbürgerwürde nur einen symbolischen Akt: Es müssten endlich richtige Konsequenzen folgen.

  • Zum Artikel: Katholische Verbände und Betroffene fordern schnelle Reformen

Altöttinger Stadtpfarrer plädiert für Transparenz

Stadtpfarrer Klaus Metzl kann die Enttäuschung seiner Pfarreimitglieder verstehen. Es sei an der Zeit, sich endlich hinzustellen und zu sagen, was Sache sei. Die "Salamitaktik" - Diözese für Diözese und Orden für Orden - sei auf Dauer zermürbend. Er fände es gut, die Ermittlungen unter staatliche Aufsicht zu stellen: "Ich glaube, dass wir darunter auch bestehen können."

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quer vom 03.02.2022
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Missbrauch: Wie steht Bayern zu seiner katholischen Kirche