Interessierte Traunsteiner Bürger lesen die Zitate von Papst Benedikt auf einem eigens aufgestellten Stein neben der Bronze-Büste des Papstes
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Interessierte Traunsteiner Bürger lesen die Zitate von Papst Benedikt auf einem eigens aufgestellten Stein neben der Bronze-Büste des Papstes

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"Kein Vorbild mehr": Protest mit Papst-Zitaten in Traunstein

Die Grüne Jugend Traunstein hat mit einer Aktion vor der Stadtpfarrkirche St. Oswald auf ihre Haltung zu Papst Benedikt aufmerksam gemacht. Dieser hatte auf Druck eine Falschaussage eingeräumt. Vorbild für die Traunsteiner Jugend sei er nicht mehr.

In der Traunsteiner Innenstadt haben Mitglieder der Grünen Jugend mit einer Zitat-Aktion gegen den ehemaligen Papst Benedikt XVI. protestiert. Nach den Gutachten zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum München Freising und des Eingeständnisses einer Falschaussage, sei Benedikt kein Vorbild mehr.

Umstrittene Zitate von Benedikt XVI.

Etliche Bürger bleiben bei der Aktion der Grünen Jugend stehen, um die Zitate von Papst Benedikt XVI. nachzulesen und um zu diskutieren. Weil sie die Schriftstücke nicht direkt auf der Bronzebüste anbringen durften – das hatte die Stadtverwaltung untersagt – transportierten die Initiatoren extra den 300 Kilo schweren Stein vor die Stadtpfarrkirche und brachten darauf die Zitate an. Unter anderem ist aus einem von Benedikt XVI. erschienen Aufsatz aus dem Jahr 2019 zu lesen. Der emeritierte Papst befasst sich darin mit dem Grund für die Ausbreitung von Missbrauch und stellt fest, dass dieser in der Abwesenheit Gottes liege. "Die Lösung des Problems bestehe unter anderem darin, zum Glauben zurückzufinden."

Kein Vorbild mehr für die Jugend

Mit ihrer Aktion wollte die Grüne Jugend Traunstein darauf hinweisen, dass der Papst kein Vorbild mehr für die Jugend sei. Für sie sei es deshalb nicht weiter hinnehmbar, dass Traunstein als "Papst-Stadt" weitermache, wie bisher. Damit stellen die Jungpolitiker die Ehrenbürgerwürde in Frage, aber auch die Benennung von Straßen und Plätzen nach Papst Benedikt. Martin Zillner im Vorstand der Grünen Jugend Traunstein meint, es sei furchtbar, dass es in Traunstein so einen Papst-Kult gibt. Ein Mensch, der aktiv Missbrauchsfälle vertuscht und damit weiter ermöglicht habe, könne nicht Vorbild für junge Menschen sein. So sieht es auch ein Passant, der sich über die Falschaussage des Papstes ärgert: "Das ist jetzt 40 Jahre her, aber dass er es wieder versucht hat, mit einer Lüge zu entkräften, finde ich sehr schlimm."

"Verantwortung übernehmen"

Eine Passantin, die an den aufgehängten Zitaten stehen bleibt, sagt über Benedikt: "Er muss die Verantwortung übernehmen, muss sich entschuldigen und endlich mal Schuldbewusstsein zeigen und nicht immer wieder alles klein reden und unter den Teppich kehren." Die Grüne Jugend fordert, dass die Stadt Traunstein ihr Verhältnis zum emeritierten Papst transparent aufarbeitet, betroffene Verbände mit einbezieht und nicht unter den Tisch kehrt "wie das die Kirche immer mache", so Martin Zillner zum BR.

Diskussion über Ehrenbürgerwürde

Das Landratsamt hatte am vergangenen Samstag angekündigt, eine Kommission einzusetzen zu wollen, die die Vorwürfe im Missbrauchs-Gutachten überprüfen soll. Es geht letztlich aber auch darum, wie die Ehrenbürgerwürde von Benedikt XVI. einzuordnen ist, die ihm nach seine Ernennung zum Papst von den Traunsteiner Kommunen Tittmoning, Traunstein und Surberg verliehen worden war. Ziel der Kommission ist es, wie es heißt, Verantwortlichkeiten in Hinblick auf die örtliche Erinnerungs- und Würdigungskultur sachlich und fachlich einzuordnen und – falls angezeigt – entsprechende Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Das bedeutet im Klartext: wie unter anderem auch mit der Ehrenbürgerschaft umgegangen werden soll.

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