Bei zwei der wichtigsten Bauprojekten des bayerischen Landkreises Donau-Ries sind die Kosten explodiert. Es handelt sich um die Sanierung des Theodor-Heuß-Gymnasiums in Nördlingen und den Neubau eines Schulzentrums in Rain am Lech. Von 20 auf 30 Millionen Euro in Nördlingen, 60 statt der ursprünglich einmal anvisierten 25 Millionen Euro in Rain am Lech.
Unliebsame Überraschungen und Planungsfehler
"Das sind schon Knaller, die zum einen dem Landkreis sehr wehtun. Und zum anderen: Da geht’s um Schüler und Lehrer. Bauverzögerungen um zwei Jahre, das hat schon andere Komponenten, wenn man Kinder in Container steckt." Wolfgang Goschenhofer, Grünen-Kreisrat
Am Theodor-Heuss-Gymnasium habe man vergessen, Preissteigerungen einzuberechnen, sagt Kreisrat Goschenhofer von den Grünen. Dazu kamen während der Baumaßnahme unliebsame "Überraschungen", wie Landrat Stefan Rößle berichtet. Es stellte sich heraus, dass Fundamente nicht in den Planungsunterlagen eingezeichnet waren. Die Folge: Verzögerungen, Streitigkeiten mit den beteiligten Firmen, alles dauerte länger, und die Kosten stiegen weiter.
Längere Bauzeit: Schüler im Container
Eine Herausforderung vor allem für den Lehrbetrieb am Nördlinger Gymnasium. 33 Unterrichtsräume sind auf Jahre untergebracht in Containern. Der Jahresbericht hält fest: Baulärm, Sonnenhitze und Kälte, verschlammte Wege, verdreckte Flure und Klassenzimmer. Und weiter: "Die morgendlichen Temperaturen in der Modulschule machten an manchem Wintertag Unterricht im Anorak erforderlich."
Kostenexplosion bei Schulbauprojekten in Bayern
Solche Provisorien gibt es längst nicht nur in Nördlingen, genauso wie die Kostensteigerungen, beides ist aus ganz Bayern bekannt: Der Neubau einer Berufsschule in Vilshofen hat sich von zuerst geschätzten 35 Millionen Euro auf inzwischen 70 Millionen verteuert. In Gröbenzell und Planegg bei München sowie in Forchheim gibt es weitere Beispiele.
"Bei öffentlichen Bauvorhaben werden die Kosten immer noch nicht eingehalten. Es kommt zu Kostenexplosionen. Die Ursache dafür ist oft, dass es an genauer Planung fehlt." Maria Ritch, Vizepräsidentin des Bundes der Steuerzahler Bayern
Keine Kontrolle, keine statistischen Daten
Die Hertie School of Governance, eine private Hochschule in Berlin, hat in einer Studie ermittelt, dass öffentliche Großprojekte im Durchschnitt 73 Prozent teurer werden als geplant. Eine Bilanz für die bayerischen Schulprojekte gibt es nicht. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband, zuständig für die Kontrolle der kommunalen Haushalte, erklärt schriftlich, dazu erfasse man keine statistischen Daten.
Auch der Hauptgeldgeber, das bayerische Finanzministerium, das Schulbauten mit bis zu 80 Prozent fördert, hat die Kostensteigerungen offenbar nicht im Fokus, obwohl Kommunen für gestiegene Kosten meist eine Erhöhung der Förderung beantragen. Stattdessen wird auf die Selbstverwaltung der Kommunen verwiesen. Man mische sich nicht in die Verantwortung der Städte, Gemeinden und Landkreise ein und auch nicht in eventuelle haftungsrechtliche Fragen.
Kommunen wollen mehr Fördergelder
"Das ist kein Phänomen, dass nur im Landkreis Donau-Ries die Baumaßnahmen teurer werden. Von daher die Forderung der kommunalen Familie an die Politik, dass die Fördermittel erhöht werden." Stefan Rößle, Landrat Donau-Ries
Mehr Fördergelder, weil die Kosten auch aufgrund von Fehlern vor Ort aus dem Ruder laufen; ist das die richtige Antwort? Grünen-Kreisrat Wolfgang Goschenhofer ist als Bauingenieur selbst vom Fach und plädiert für bessere Ausschreibungen, um die Kommunen gegen Überraschungen und Preissteigerungen abzusichern. Eine bessere Planung sei der Schlüssel zum Erfolg, ist Goschenhofer überzeugt.
Entscheidend ist, darauf weisen zum Beispiel der Bayerische Gemeindetag oder auch die Regierung von Schwaben hin, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhält und das muss nicht das billigste sein. Die Kriterien dafür legt die jeweilige Kommune in der Ausschreibung fest.
Aufgeschobene Sanierungen rächen sich
Nur dass hier die Wirklichkeit alle guten Absichten schon wieder überholt. Ein echter Wettbewerb findet in der derzeitigen Hochkonjunktur gar nicht mehr statt. Preissteigerungen zwischen 20 und 30 Prozent seit vergangenem Jahr seien keine Seltenheit, teilt der Bayerische Gemeindetag dazu mit. Bayern steuert hier auf einen Schweinezyklus zu, denn lange aufgeschobene Sanierungen rächen sich jetzt doppelt.