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Kommentar: Aiwanger, der politische Freestyler

Bei seiner ersten Regierungserklärung pflügt Huber Aiwanger durch fast alle Themen, zu denen ihm etwas einfällt. Wie seine energiepolitische Vision aussieht, bleibt jedoch unklar, meint Nikolaus Neumaier.

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Es ist nicht vermessen, die Regierungserklärung des bayerischen Wirtschaftsministers einzigartig zu nennen. So frei hat noch niemand gesprochen. Hubert Aiwanger schaffte es, die angemeldeten 40 Minuten Redezeit deutlich zu überschreiten. Am Schluss landete er bei etwa 55 Minuten - und das ohne Manuskript oder Spickzettel und ohne Punkt und Komma. Da gibt es vermutlich niemanden, der ihm das nachmachen kann.

Thematisch präsentierte sich der Wirtschaftsminister als Freestyler. Schließlich pflügt Aiwanger gerne auch abseits der eigenen Piste durchs Terrain und nimmt auch Themen mit, die ihn eigentlich nichts angehen. Er schaffte es, sich in seiner Regierungserklärung auch mit dem Mulch unter freistehenden Photovoltaikanlagen, mit Eier- und Schweinepreisen zu beschäftigen und er offenbarte damit wieder einmal seine eigentliche Passion: die Agrarpolitik. Als Landwirtschaftsminister würde Aiwanger sicher eine gute Figur abgeben.

Wirtschaftspolitik macht der Ministerpräsident

Jetzt also betreibt er offiziell die Wirtschafts- und Energiepolitik des Freistaats, doch die Weichenstellungen trifft er nicht. Wie es mit dem Technologiestandort Bayern weitergehen soll und wie die Transformation in der Automobilindustrie geschafft werden kann, das entscheidet der Ministerpräsident.

Unterschätzen sollte man Aiwanger dennoch nicht. Mit seiner hemdsärmeligen, bodenständigen Art mag er Konzernchefs irritieren, im Land aber kommt er damit an und ist politisch erfolgreich. Aiwanger stellt Fragen, die viele stellen und verstehen. "Gehen jetzt die Lichter aus?" fragt Aiwanger und beantwortet diese Frage genauso einfach: "Nein, das Licht geht nicht aus!" Bei Aiwanger gibt es den "Dreck im Schachterl", Wälder, die "vor sich hingammeln" und den "Schuss ins Knie". Er macht keinen Unterschied zwischen Plenarsaal und Wirtshaus.

Aiwangers Vision bleibt unklar

Doch Hubert Aiwanger ist auch widersprüchlich. Seit Jahren trommelt er dafür, Bürger bei der Energiewende mitzunehmen. Windkraftgegner will er durch Bürgerbeteiligungen für Windräder begeistern und den Gegnern der Stromtrassen redet er nach dem Mund. Allerdings denkt er auch darüber nach, den Einbau von Photovoltaikanlagen vielleicht vorzuschreiben. Inhaltlich kann das durchaus Sinn machen. Doch, wie so ein Schritt mit seinem Anspruch zusammenpasst, die Bürger mitzunehmen, das sollte er bei Gelegenheit mal erklären.

Der Freie-Wähler-Wirtschaftsminister ist auch kein Visionär. Aiwanger arbeitet sich durch die Themenfelder. Manchmal wird es sehr Klein-Klein. Er denkt und handelt pragmatisch. Aber wo er in zehn Jahren energiepolitisch sein will, das hat er nicht wirklich gesagt.

Ein Kommentar von Nikolaus Neumaier, Leiter Redaktion Landespolitik