Lkw-Fahrer Marcus Budig steht vor seinem Lkw.
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Lkw-Fahrer Marcus Budig steht vor seinem Lkw.

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Stress, Müdigkeit, Parkplatznot: Knochenjob Lkw-Fahrer

Rücksichtslose Autofahrer, gefährliche Situationen, verrückte Arbeitszeiten - der Alltag vieler Lkw-Fahrer. Den Knochenjob will kaum noch jemand machen. Wie schlimm ist es wirklich? Das BR-Politikmagazin Kontrovers hat einen Lkw-Fahrer begleitet.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Bis zu 80.000 Lkw-Fahrer fehlen in Deutschland. Ein Grund: Den Knochenjob wollen immer weniger machen. Denn der Arbeitsalltag ist hart: lange Arbeitszeiten, gefährliche Situationen auf den Straßen und täglich die Suche nach einem Nachtparkplatz, von denen es viel zu wenige gibt. Was das ganz konkret bedeutet, erlebt ein Reporter des BR-Politikmagazins Kontrovers hautnah bei einer Schicht eines Fahrers mit.

Zeitstress: 15 Stunden maximal erlaubt

Um fünf Uhr morgens geht es los in Dortmund mit Lkw-Fahrer Marcus Budig. Bevor er losfährt, kontrolliert er das Fahrzeug. Es ist schon vorgekommen, dass Menschen über Nacht seinen Lkw beschädigt haben. Sein erstes Ziel: Arnsberg, dort lädt er Toilettenpapier, um es nach Darmstadt zu fahren. Beladen, Fahrtstrecke, Entladen - bei jedem Schritt kann es zu Verzögerungen kommen, die er dann hinterher büßt. Denn Marcus Budig darf nur maximal 13 Stunden arbeiten. Dann muss er einen Schlafplatz gefunden haben. In Ausnahmefällen darf die Schichtzeit auch 15 Stunden betragen. Das darf allerdings höchstens dreimal pro Woche vorkommen.

"Krieg auf der Straße"

Nicht nur Staus auf den Straßen machen es den Lastwagen-Fahrern schwer, sondern auch gefährliche Situationen stehen auf der Tagesordnung. Marcus Budig erlebt das oft: "Das ist echt Krieg manchmal auf der Straße. Da gönnt keiner keinem einen Millimeter Straße." Allein 2020 hat es mehr als 22.000 Lkw-Unfälle gegeben, bei denen jemand verletzt oder getötet worden ist. Immerhin nimmt die Zahl der Lkw-Unfälle ab, weil sich die Technik in den Last-Fahrzeugen verbessert hat und Ruhezeiten strenger geregelt sind.

Mangel an Lkw-Fahrern

Bei all den Fortschritten bleibt Lkw-Fahren ein gefährlicher Job, der viel Stress und einen ständigen Kampf gegen die Müdigkeit bedeutet. Wer Pech hat, wird auch noch schlecht bezahlt. Auch Marcus Budig wollte schon hinschmeißen. Aber noch macht ihm sein Job Spaß und er hat eine Spedition gefunden, die ihn besser entlohnt.

In Deutschland fehlen bis zu 80.000 Lkw-Fahrer. Der Güter-Verband BGL warnt davor, dass es auch bei uns leere Regale wie in Großbritannien geben wird.

Helden der Straße? Knochenjob Lkw-Fahrer

Wahnsinn Parkplatzsuche

Fahrer Marcus Budig muss noch eine zweite Ladung liefern von Mannheim nach München. Es kommt zu Verzögerungen beim Beladen, was bedeutet, dass er auch erst später nach einem Nachtparkplatz suchen kann. Ab 17 Uhr geht der Run auf die Parkplätze los, erzählt Marcus Budig. Das schafft er nicht. Er kommt erst nach 18.30 Uhr los. Und er kann nicht einfach irgendwo parken, denn in Industriegebieten etwa gibt es meist Parkverbote. Bis 21 Uhr darf er heute noch fahren. Die ersten Plätze, die er ansteuert, sind schon voll. Teils stehen sogar zehn Lkw hintereinander auf dem Standstreifen - lebensgefährlich.

Zu wenig Nachtparkplätze

Nachtparkplätze für Lastwagen sind rar. Schon nächstes Jahr fehlen deutschlandweit voraussichtlich mehr als 33.000 Parkplätze, die meisten in Bayern. Das Problem verschärft sich zudem, weil die Zahl der Lkw seit Jahren schneller wächst als die Parkplätze an den Autobahnen.

Politik verspricht Besserung

Das alte Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU) wollte das Problem "mittelfristig" lösen und schreibt auf Anfrage des BR-Politikmagazins Kontrovers: "Gemäß Finanzierungs- und-Realisierungsplan der Autobahn GmbH stehen von 2021 - 2025 Haushaltsmittel in Höhe von 700 Millionen Euro für den Bau von Rastanlagen an Bundesautobahnen zur Verfügung." Auch das neue FDP-geführte Verkehrsministerium hält laut Koalitionsvertrag an dieser Linie fest.

Knochenjob jeden Tag aufs Neue

Lastwagen-Fahrer Marcus Budig glaubt an die Versprechungen der Politik nicht mehr. In absehbarer Zeit werde sich an dem Problem nichts ändern, schätzt er.

Kurz vor Ende seiner erlaubten Arbeitszeit schafft er es gerade noch, einen Nachtparkplatz zu finden – nach 14,5 Stunden. Sehr viel länger hätte es sein Körper vielleicht auch nicht mehr mitgemacht, erzählt er. Der tägliche Wahnsinn - er geht für ihn am nächsten Tag in aller Früh wieder aufs Neue los.

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