Ein Betreuerin läuft in München mit mehreren Kleinkindern über einen Bürgersteig.
Bildrechte: dpa-Bildfunk / Peter Kneffel

Ein Betreuerin läuft in München mit mehreren Kleinkindern über einen Bürgersteig.

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Caritas der Erzdiözese München Freising befürchtet Kita-Kollaps

Eine Fachkräfteoffensive für Erzieherberufe fordert die Caritas der Erzdiözese München Freising. Wenn sich nicht bald etwas ändere, drohe den Kitas in Bayern der Kollaps, fürchtet Caritas-Direktor Sollfrank. Ab 2025 könnte es noch schlimmer werden.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Caritas der Erzdiözese München Freising fordert eine Fachkräfteoffensive gegen einen möglichen Kollaps in den Kitas. Allein in ihren 75 Kindertagesstätten sind demnach 100 Stellen im Kita-Bereich unbesetzt.

In jeder Einrichtung würden im Schnitt ein bis zwei Arbeitskräfte fehlen. Der Verband fordert deswegen unter anderem eine schnellere Anerkennung von Qualifikationen ausländischer Fachkräfte und mehr Geld vom Freistaat.

Erzieherberuf hat sich gewandelt

Dieser Arbeitskräftemangel erschwere dem vorhandenen Personal die Arbeit enorm, betont die Caritas. Dabei sei die Arbeit mit Kindern laut der Vorständin des Caritasverbands Gabriele Stark-Angermeier in Krippen, Kindergärten, oder Heilpädagogischen Tagesstätten auch in normalen Zeiten schon fordernd genug. Auch habe sich der Bedarf von Seiten der Eltern, was die Beratung in Erziehungsfragen oder auch die Entwicklung des Kindes betrifft, stark erhöht.

Erzieher - ein Knochenjob

Die Entwicklung von Kindern trotz der Mangelverwaltung qualitativ gut zu begleiten und zu fördern sei in großen Teilen nicht mehr möglich, warnt Stark-Angermeier. Gerade in diesem Winter und im vergangenen Herbst mussten nach ihren Angaben immer wieder Buchungszeiten verkürzt und Gruppen zeitweise geschlossen werden, weil Personal fehlte.

Mitarbeitende würden sich aufreiben, um die Lücken zu füllen. Die Leitungskräfte in den Kitas kämen immer weniger dazu, aktiv zu führen und Personal zu fördern, da sie ständig in Gruppen aushelfen müssten. Stark-Angermaier: "Wenn heute eine Küchenhilfe ausfällt, was glauben Sie, wer das Geschirr spült? Die Leitung, die eigentlich andere Aufgaben hat."

Rechtsanspruch wird Situation verschärfen

Stark-Angermeier warnt eindringlich, dass der ab 2025 geltende Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz für Schulkinder die Arbeitsmarktlage im pädagogischen Sektor noch verschärfen werde.

Die seit September 2022 in Bayern eingeführte Möglichkeit, die Kitas aufgrund von Personalmangel teilweise die Einrichtung größerer Gruppen mit weniger Fachpersonal erlaubt, sei der falsche Weg, denn damit werde billigend in Kauf genommen, dass der Bildungsauftrag zurückgestellt werde.

Kommt Kollaps der Kitas mit Ansage?

Auch Caritas-Direktor Herrmann Sollfrank befürchtet einen Kollaps mit Ansage, was den Personalmangel betrifft. Seit Jahren wisse man, dass die Babyboomer-Generation in Rente gehe. Zudem sei bekannt, dass der Bedarf an Kita-Plätzen in Metropolregionen kontinuierlich steige. Die immer größer werdenden Lücken müssten von den verbliebenen Erzieherinnen und Erziehern aufgefüllt werden. Das führe zu einer Überforderung und dann in der Folge nicht selten zur Kündigung, so Sollfrank.

Im Dezember hatten bereits mehrere Verbände und Wissenschaftler in einem bundesweiten Aufruf gefordert, die Rechte von Kindern in Kitas zu schützen und Fachkräfte zu stärken.

"Frühkindliche Bildung ist Fundament für späteres Leben"

Gute frühkindliche Bildung ist nach Ansicht von Caritas-Direktor Sollfrank das Fundament für ein erfolgreiches späteres Leben. Deswegen fordert er die Politik auf, Kindertagesstätten den Schulen gleichzusetzen.

Zwar gibt es laut Sollfrank einen Run auf entsprechende Ausbildungsplätze im Erzieherbereich. Doch reiche die Anzahl der Stellen bei Weitem nicht aus. Allein in Bayern müssten für eine kindgerechte Bildung nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung dieses Jahr 35.300 Fachkräfte eingestellt werden. Auch müssen nach Ansicht des Caritas-Direktors bürokratische Hürden weiter abgebaut werden. So wäre es hilfreich, wenn Qualifikationen aus anderen Ländern schneller anerkannt würden, betont er.

Vollfinanzierung der Kitas durch Freistaat

Um gutes Personal zu finden, muss der Arbeitsplatz attraktiv sein, ist Gabriele Stark-Angermeier überzeugt. Leider reiche es nicht mehr aus, nur einen krisensicheren Arbeitsplatz anzubieten. Es brauche auch kreative Arbeitszeitmodelle. Doch dafür fehle den Trägern das nötige Geld. Oft genug arbeite man eh schon defizitär.

Stark-Angermeier sieht deswegen den Freistaat in der Pflicht. Nur mit einer soliden Finanzierung der Kitas schaffe man Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder, ist die Caritas-Vorständin überzeugt.

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