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Studie sieht 2028 Ende des Erziehermangels – Opposition zweifelt

Sozialministerin Ulrike Scharf sieht Bayern bei der Kinderbetreuung auf einem guten Weg. Laut einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie könnte der Bedarf in Kitas und Horten bald gedeckt werden. Die Opposition zweifelt daran.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Rechnung ist vergleichsweise simpel: In den kommenden Jahren braucht es in Bayerns Kitas bis zu 24.000 zusätzliche Fach- und Ergänzungskräfte. In den vergangenen Jahren wurden jährlich zwischen 4.000 und 5.000 Arbeitskräfte eingestellt – setzt sich diese Entwicklung linear fort, hätte der Freistaat sein Personalproblem in der Kinderbetreuung also in spätestens fünf Jahren gelöst. So steht es jedenfalls in einer Studie, die Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) selbst in Auftrag gegeben hatte und am Montag präsentierte.

Mehr Fachakademien soll Einstellungen konstant halten

"Für den Hortbereich und Kitabereich gehen wir fest davon aus, dass wir bis 2028 Platzbedarf, aber auch Personalbedarf schaffen werden", sagte Scharf. Die Ministerin begründete die positive Prognose damit, dass die Anzahl der Fachakademien für Sozialpädagogik in Bayern in den vergangenen gut zehn Jahren von 49 auf 73 gestiegen sei, weitere seien in Planung. Außerdem habe man den Meisterbonus für Erzieherinnen und Erzieher von 2.000 auf 3.000 Euro erhöht.

Aufgrund dieser Maßnahmen sei davon auszugehen, dass man das Einstellungsvolumen der vergangenen Jahre fortführen könne. Vor allem die Ausbildung von sogenannten Assistenzkräften für Kitas, die dort Verwaltungs- oder andere Hilfsarbeiten übernehmen, laufe gut, so Scharf. Im besten Fall könnte der Bedarf laut der Studie des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP) sogar schon 2026 gedeckt sein.

Nicht nur beim Personal, auch bei den Betreuungskapazitäten besteht großer Bedarf. Für Kinder unter sechs Jahren soll es bis zum Ende des Jahrzehnts 50.000 zusätzliche Plätze geben. Bei der Betreuung von Grundschulkindern seien laut der zweiten vorgestellten Studie weitere 130.000 Plätze nötig. Grund dafür ist, dass es ab 2026 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Erstklässler geben wird, 2029 dann für alle Grundschüler.

Betreuung in Grundschulen weiter unklar

Um alle neu geschaffenen 180.000 Plätze zu betreuen, brauche es insgesamt rund 60.000 Fach- und Ergänzungskräfte, sagte IFP-Direktorin Fabienne Becker-Stoll bei der Pressekonferenz am Montag. Die vorgestellten Studien beziehen sich aber lediglich auf den Aufgabenbereich des Sozialministeriums – die dort nötigen 24.000 Stellen in Kitas und Horten seien machbar. Ministerin Scharf wies aber auch auf weitere Betreuungsformen hin: "Es gibt auch die Mittagsbetreuung und es gibt schulischen offenen und gebundenen Ganztag." Auf diese Bereiche entfällt der noch ausstehende Bedarf von rund 36.000 Fach- und Ergänzungskräften. Für diese Betreuungsformen sei jedoch das Kultusministerium verantwortlich.

Ein weiteres Problem ist der ungleich verteilte Bedarf im Freistaat. Während es auf dem Land teilweise sogar ein Überangebot gibt, herrscht in den Städten oft großer Mangel. Sozialministerin Scharf sieht vor allem die Städte und Gemeinden in der Pflicht. "Die Kinderbetreuung ist eine kommunale Pflichtaufgabe", sagte Scharf. Die Staatsregierung stehe aber, sowohl was das Schaffen neuer Plätze als auch das Personal betrifft, sehr eng an der Seite der Kommunen und fördere beispielsweise Investitionskosten.

Opposition und Kita-Verband sehen Lage deutlich kritischer

Die Opposition ist von den Prognosen nicht überzeugt. Laut Johannes Becher, Sprecher der Grünen für frühkindliche Bildung, bescheinigt sich die Staatsregierung selbst, dass in wenigen Jahren alle Probleme gelöst sind: "Das ist ja eine Farce", sagte Becher zu BR24. Es gebe aktuelle Probleme, die Lage sei ernst. "Die Arbeitsbedingungen sind immer noch zu schlecht und da wird man mit irgendwelchen Zahlen auf dem Papier in fünf Jahren kein Problem in der Praxis lösen", so Becher. Auch Doris Rauscher von der SPD forderte Akuthilfen wie "den flächendeckenden Einsatz von Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräften" in den Kitas.

Veronika Lindner ist Vorsitzende vom Verband Kita-Fachkräfte Bayern. Sie geht davon aus, dass nicht alle Auszubildenden auch tatsächlich in der Kinderbetreuung bleiben. Aufgrund der hohen Belastung, und den fehlenden Perspektiven gebe es immer mehr sehr kurz ausgebildete Kräfte in den Kitas, wodurch die Qualität sinke. "Die Belastung steigt für das gut ausgebildete Personal und auch die Unzufriedenheit. Und das verlässt dann den Beruf genau aus diesem Grund", sagte Lindner. Eine angemessene Bezahlung sei notwendig. Auch die Opposition fordert insgesamt mehr Geld im System.

Im Video: Interview mit Sozialministerin Ulrike Scharf

Sozialministerin Ulrike Scharf sieht Bayern bei der Kinderbetreuung auf einem guten Weg.
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Sozialministerin Ulrike Scharf sieht Bayern bei der Kinderbetreuung auf einem guten Weg.

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