Die Atomkraftwerke Isar 1 und 2 bei Essenbach nahe Landshut
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Der Rückbau des AKW Isar 2 (links mit großem Kühlturm) beginnt. Das 2011 stillgelegte Isar 1 (rechts) ist schon zur Hälfte rückgebaut.

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Jahrestag des Atomausstiegs: So geht es mit Isar 2 weiter

Vor genau einem Jahr ist Deutschland aus der Kernenergie ausgestiegen. Seither bereiten die Betreiber den Rückbau vor. Ein Mammut-Projekt, über das die Betreiber am heutigen Jahrestag informieren wollen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Um kurz vor Mitternacht war Schluss – um 23.52 Uhr wurde auf der Warte des Kernkraftwerks Isar 2 der rote Knopf gedrückt. Mit der Trennung vom Stromnetz und der Abschaltung des Reaktors wurde heute vor einem Jahr das Atomzeitalter in Bayern beendet. Zeitgleich wurden auch die Atomkraftwerke Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim II in Baden-Württemberg abgeschaltet.

Vorbereitungen zum Rückbau längst angelaufen

Seither ist am stillgelegten Atomkraftwerk und heute reinen Rückbaustandort im Landkreis Landshut viel passiert: Teile wurden dekontaminiert, die Brennelemente liegen nun in einem Lagerbecken und erste Pumpen wurden ausgebaut. Das teilte die Betreiberfirma Preussen Elektra auf Anfrage des BR mit.

Genehmigung durch Bayerisches Umweltministerium erteilt

Seit der Abschaltung habe das sich das Unternehmen intensiv auf den Rückbau von Isar 2 vorbereitet. Die dafür erforderliche Genehmigung durch das Bayerische Umweltministerium wurde Ende März erteilt. Für Kraftwerksleiter Carsten Müller der endgültige Startschuss: "Wir haben uns auf diesen Augenblick sehr intensiv vorbereitet und werden uns nun vollkommen dem Abbau beider Blöcke widmen."

Demontage kann beginnen: Rückbau dauert circa 15 Jahre

Am Jahrestag des Atomausstiegs ist nun bei einem Pressetermin vorgestellt worden, welche Schritte als Nächstes geplant sind. Als erstes Großprojekt beschreiben die Betreiber die anstehende Demontage von Teilen des Reaktordruckbehälters.

Der Rückbau sei ein aufwendiges Verfahren, das behördlich exakt abgestimmt werden müsse, so Kraftwerksleiter Carsten Müller. Nicht radioaktive Teile werden demontiert, meist an Ort und Stelle zerlegt, dekontaminiert, gemessen und anschließend recycelt. Die Metalle können sich in Autos, Spielzeugen oder Fahrräder wiederfinden, das sei aber demnach komplett bedenkenlos.

Die Schwierigkeiten des Rückbaus seien zum Beispiel, dass manche Teile der Anlage derzeit noch weiterbetrieben werden müssen. Das heißt: Leitungen, beispielsweise für die Lüftung, stehen unter Druck und können nicht einfach abgeschnitten, sondern müssen auf einer Seite aufwändig verschlossen werden. Zudem müssen große Bauteile zum Teil auf engem Raum zerlegt werden – wie eine Kühlwasserpumpe mit der ursprünglichen Größe eines Wohnhauses.

Bis Oktober 2023 hätte man das AKW wieder hochfahren können

Schwach- und mittelradioaktive Stoffe kommen in das noch nicht fertiggestellte Endlager Schacht Konrad in Salzgitter in Niedersachsen, hochradioaktive Abfälle in das dafür noch zu findende Endlager. Bis dahin bleiben die Materialien am Standort Essenbach. In vier Jahren sollen die letzten Brennstäbe aus dem Kraftwerk entfernt sein. Bis der Rückbau auch für Passanten von außen sichtbar wird, könne es noch 15 Jahre dauern, sagte Müller dem BR.

Über 1.000 Menschen arbeiten aktuell am Rückbau der beiden Atommeiler in Essenbach. Davon sind rund 450 Arbeiter in der Planung und Überwachung tätig und circa 600 Beschäftigte von Fremdfirmen, unter anderem für die Zerlegung. Viele Bereiche, die seit sieben Jahren für den Rückbau von Isar 1 genutzt werden, können jetzt auch für Isar 2 weitergenutzt werden, so zum Beispiel das Zerlegungs- und Bearbeitungszentrum "Zebra".

Noch bis Oktober 2023 hätte die Möglichkeit bestanden, die Anlage erneut anzufahren, sagte Kraftwerksleiter Carsten Müller. Etwa ein halbes Jahr lang habe der Betreiber Preussen Elektra nach dem Abschalten bestimmte Wartungsmaßnahmen durchgeführt und Ersatzteile bereitgehalten für den Fall, dass die Politik nach einem Neustart gefragt hätte.

Rückbau von Isar 1 bereits zur Hälfte abgeschlossen

Der Rückbau der Anlage wird schätzungsweise 15 Jahre dauern und rund eine Milliarde Euro pro Kraftwerk kosten. Parallel befindet sich auch das 2011 abgeschaltete Kernkraftwerk Isar 1 seit 2017 im Rückbau. Nach Angaben von Preussen Elektra werden dort jährlich rund 2.500 Tonnen an Material abgebaut und entsorgt. Die Demontage sei etwa zur Hälfte abgeschlossen.

Frage der Atommüll-Endlagerung bleibt offen

Der Großteil an Metall- und Baustoffen wird nach Betreiberangaben dabei wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt. Ein Teil bleibt aber auch als Atommüll zurück. Ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll gibt es Deutschland nicht. Alleine die Suche und Festlegung auf einen Standort könnte sich bis 2068 hinziehen. Wie lange der hochradioaktive Müll also weiter in oberirdischen Zwischenlagern bleiben wird, ist unklar.

Zwischenlager wird noch stehen, wenn beide AKW weg sind

Eines dieser Brennelemente-Zwischenlager ist auch auf dem Gelände des stillgelegten Kernkraftwerks Isar. Zumindest soviel gilt als sicher: Es wird den Rückbau der Kraftwerksblöcke überdauern. Bis 2040 soll der Prozess abgeschlossen und vom gesamten Standort nichts mehr zu sehen sein. Was dann mit dem Areal auf dem Gebiet der Gemeinden Essenbach und Niederaichbach bei Landshut passieren wird, ist noch offen. Isar 2 erzeugte rund zwölf Prozent des bayerischen Stroms und wurde zehn Mal zum Weltmeister gekürt, als leistungsstärkstes Atomkraftwerk der Welt.

Neben dem Meiler Isar 2 waren am 15. April 2023 auch das Atomkraftwerk Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim II in Baden-Württemberg vom Netz genommen worden. Der Rückbau ist Aufgabe der Betreiber.

Heute vor einem Jahr ging das Atomkraftwerk Isar 2 in Niederbayern vom Netz - die Dekontamination und der Rückbau wurde in Angriff genommen.
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Heute vor einem Jahr ging das Atomkraftwerk Isar 2 in Niederbayern vom Netz - die Dekontamination und der Rückbau wurde in Angriff genommen.

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