Bildkombi: Siegfried Fischbacher, Franz Trojan und Gerd Müller
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Bildkombi: Siegfried Fischbacher, Franz Trojan und Gerd Müller

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Rückblick 2021: Die Toten des Jahres in Bayern

Ein Ball- und ein Katzendompteur. Eine Operndiva und ein Rock-Outlaw. Zwei Milliardäre. Das sind sechs von vielen Hunderten Bayern, die 2021 verstorben sind. An einige wollen wir hier erinnern.

Größen wie die Opernsängerin Edita Gruberova, der Tigerdompteur Siegfried Fischbacher und Fußball-Legende Gerd Müller sind im vergangenen Jahr verstorben. Doch nicht nur um diese bekannten Gesichter aus Bayern wird getrauert. Ein Überblick.

Siegfried Fischbacher: Im Auge des Tigers

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Siegfried Fischbacher * 13. Juni 1939 † 13. Januar 2021 in Las Vegas, Nevada

Erst Out of Rosenheim, jetzt Leaving Las Vegas: Mehr als 30 Jahre begeisterten Siegfried Fischbacher und sein Partner Uwe Ludwig ("Roy") Horn mit spektakulären Raubtiershows Las Vegas und die Welt - bis 2003 eine Tigerattacke auf Roy ihr Märchen jäh beendete. 2020 starb Roy an Covid-19, im Januar 2021 erlag Siegfried seinem Krebsleiden.

Als Filmdrehbuch wäre ihre Lebensgeschichte wohl abgelehnt worden - ziemlich aufwendig das Ganze, lebensgefährliche Stunts und ein unwahrscheinlicher Plot: Ein Bub aus Rosenheim und ein Bremer Jung heuern als Kellner an Bord eines Luxusliners an. Schiffssteward Siegfried bessert sein Trinkgeld auf, indem er die Passagiere mit Zaubertricks unterhält. Schiffssteward Uwe, ein Tierfan mit Kontakten zum Bremer Zoo, hat eine Idee: Statt Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, könnte man doch mit dem Geparden arbeiten, den Uwe an Bord geschmuggelt hat. Die Nummer schlägt ein und führt die beiden 1966 bis nach Monaco, wo sie dem Fürstenpaar Rainier und Gracia Patricia eine Galavorstellung geben. Der Rest ist Showgeschichte.

Noch größer als in Las Vegas ist die Trauer wohl in Rosenheim, wo sich zu einer Buchpräsentation der Magier 1992 nicht weniger als zehntausend Menschen in der Bahnhofsstraße versammelten und sich neben der Familie noch erstaunlich viele Menschen an den kleinen Siegfried erinnern. Im Januar würdigte eine Trauerfeier, im Sommer eine Ausstellung Siegfried & Roy.

Heinz Hermann Thiele: Durch Bremsen auf die Überholspur

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Heinz Hermann Thiele (* 2. April 1941 † 23. Februar 2021 in München)

Die Geldzähler-Zähler sind sich uneins, ob Thiele nun auf Platz 94 oder doch nur auf Platz 220 der reichsten Menschen der Welt stand. Unbestritten war Thiele ein klassischer Patriarch und prominentes Mitglied im Club der stillen Milliardäre. Der studierte Jurist baute aus dem Sanierungsfall Knorr Bremse einen Weltmarktführer für Zug- und Lkw-Bremsen mit fast 30.000 Beschäftigten und rund sieben Milliarden Euro Umsatz. Hobbys: Rinderzucht in Uruguay und geschäftstüchtige Finanz-Rettungsflüge für die ins Trudeln geratene Lufthansa.

Helmut Jahn: Nürnberg - Chicago und hoch hinaus

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Helmut Jahn * 4. Januar 1940 † 8. Mai 2021

Mit seinen Glas-Stahl-Monumentalbauten schrieb sich der gebürtige Nürnberger Helmut Jahn in die Stadtsilhouetten von Chicago und New York, Tokio, Rotterdam und Warschau ein. In Deutschland machte er sich mit den Entwürfen für Frankfurts Messeturm und das Sony-Center am Potsdamer Platz in Berlin einen Namen, in München zeichnet er für ein Flughafenterminal und das zweithöchste Gebäude der Stadt, die Highlight Towers an der Auffahrt zur A9, verantwortlich. Sein Verhältnis zu Nürnberg war eher ambivalent - ein Entwurf Jahns für das Augustinergelände wurde im ersten Bürgerentscheid Bayerns abgeschmettert und ist seither als "aufgeschnittene Bratwurst" in Erinnerung.

Seine kühnen - Kritiker fanden: effekthascherischen - Bauwerke brachten ihm, angelehnt an "Turnvater" Jahn, den Beinamen "Turmvater" Jahn ein - was dem selbsterklärten Innovator reichlich altväterlich vorgekommen sein dürfte. Kein technisches oder statisches Problem, vor dem Jahn zurückgeschreckt wäre. Seine stadtplanerische Leitidee indes war eher schlicht, zumindest sehr amerikanisch: "Man muss die Stadt so entwickeln, dass sie am internationalen Markt konkurrenzfähig ist. Dass sie internationale Investoren anlockt. Und dass sie gleichzeitig mehr Leute anzieht. Diese Leute werden dann Wohlstand in die Stadt bringen." Jahn starb bei einem Fahrradunfall in Campton Hills, einem Vorort von Chicago.

Erich Wirth: Wasserkraft-Antreiber aus Franken

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Erich Wirth * 1931 † 30. Juli 2021

Vielleicht lag es daran, dass er als Bub neben seinem Elternhaus - einer alten Mühle - das unermüdliche Flüsschen Trubach plätschern hörte. Jedenfalls interessierte Erich Wirth das kleine, 1914 gebaute Wasserkraftwerk fast mehr als die elterliche Bäckerei, welche es antrieb. Bald versorgte die modernisierte Turbine 25 Haushalte in Egloffstein. 1990 kaufte er sich ein ungarisches Elektroauto - einen gelben Kleinwagen namens Pinguin, der ein wenig aussah wie eine umgebaute Telefonzelle. Im Jahr darauf eröffnete er direkt an der Mühle die erste Stromtankstelle Bayerns.

Die Politik ließen Wirths Umtriebe jahrzehntelang kalt. Immerhin: Kurz vor seinem Tod konnte Wirth noch von der Zulassung des 1.000.000. Elektroautos in Deutschland lesen.

Gerd Müller: Bombentore, scheue Seele

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Gerd Müller (* 3. November 1945 † 15. August 2021) beim FC Bayern München in Aktion im Olympiastadion während der Bundesligasaison 1978/79.

"Ohne die Tore vom Gerd wären wir noch immer in unserer alten Holzhütte an der Säbener Straße", würdigte Franz Beckenbauer einst die Verdienste des "wichtigsten Spielers in der Geschichte des FC Bayern". Deutschland wäre 1974 ohne Müllers unnachahmliches 2:1-Siegtor wohl auch nicht Weltmeister geworden.

Hintern raus, Drehung, Schuss – und schon war die Kugel im Kasten. Dabei war das Geheimnis seiner Tore für ihn selbst eines. "I hau' halt immerzu aufs Tor", erklärte der Mann, der in der Bundesliga exakt so viele Tore schoss wie das Jahr Tage hat, seine Technik. Resultat: viermal deutscher Meister, einmal Europa-, einmal Weltmeister. Lukrative Angebote aus Barcelona und Florida, wo Fotos Müller am eigenen Pool und vor seinem Steakhaus "Gerd Müllers Ambry" zeigen. Der martialische Spitzname "Bomber der Nation" allerdings passte weder zu seiner Spielweise - welcher Bomber schafft derart schnelle Drehungen? - noch auf die Persönlichkeit des scheuen Mannes aus Nördlingen.

Auch privat läuft es nicht immer bombig. Erst leidet Müller daran, zu wenig Zeit für seine Familie zu haben, später trinkt er zu viel. Sein letztes Lebensjahrzehnt wird überschattet von einer schleichenden Demenz-Erkrankung.

  • Zum Artikel: Trauer um Gerd Müller
  • Zum Artikel: Der "Bomber der Nation im Porträt"

Hermine Gernert: Der Feldhas' vom Würzburger Untermarkt

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Hermine Gernert * 1936 † September 2021

Der Untere Markt in Würzburg hatte drei Wahrzeichen: Die gotische Marienkapelle, den Obelisken und Hermine Gernert, die an ihrem Stand mit rauer Stimme und knorrigem Charme Obst- und Gemüse von den eigenen Feldern anpries. Ihre Stammkunden liebten Hermine, und Hermine liebte das Marktgewimmel. Denn, wie sie dem BR einmal erzählte: "Ich bin ein Feldhas und kein Stallhas."

Seit September hat Würzburg ein Wahrzeichen weniger.

Franz Trojan (Spider Murphy Gang): Der Blues vom einsamen Drummer

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Die Spider Murphy Gang. On drums: Franz Trojan * 1957 † 23. 09. 2021

"Keine Böcke", sagt Franz Trojan in einem vor einigen Jahren entstandenen Filmbeitrag, als man ihn fragt, ob er sein in einem Schuppen eingemottetes Schlagzeug noch einmal entmotten würde. Damals lebt Trojan, vom größten Teil der Welt und seiner alten Band entfernt, schon lang im Niemandsland hinter Kamp-Lintford (NRW). Ohne Trommelwirbel, ohne Cash & Glory, dafür mit spätem Liebesglück. Und ziemlich leise für einen, dessen Autobiografie den Titel "Hauptsache Laut" trägt.

Die Band hatte ihn da schon lange aussortiert, weil er die Zeile "Gestern hamma g'hascht, doch heitz'tag schnupft ma Kokain" aus ihrem Hit Schickeria zu wörtlich genommen hatte: Rock'n'Roll-Lifestyle killed Rock'n'Roll. Was nicht nur menschlich schade war, weil Trojan, wenn er Böcke hatte, ein echtes Tier am Schlagzeug war.

Albert Scharf: BR-Intendant und Vordenker von BR24

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Albert Scharf * 28. Dezember 1934 † 25. September 2021

Er prägte beim Bayerischen Rundfunk eine Ära. Von 1990 bis 2001 stand er an der Spitze des Senders, war zeitweise ARD-Vorsitzender und als bislang einziger Deutscher Präsident der Europäischen Rundfunkunion (EBU), dem Zusammenschluss der europäischen Rundfunkanstalten. Eine Funktion, in der er ebenso über Sportrechte für Olympia und die Fußball-WM verhandeln wie beim Eurovision Song Contest die Trophäe überreichen durfte.

Beim BR stand Scharf 1991 für Neuentwicklungen, ohne die es auch diesen Jahresrückblick nicht geben würde: Scharf entwickelte federführend das deutschlandweit erste 24-Stunden-Informationsangebot B5 aktuell, startete das erste BR-Online-Angebot und hob den Bildungskanal BR-alpha (heute ARD-Alpha) aus der Taufe.

Edita Gruberová: Königin des Belcanto und der Münchner Nacht

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Edita Gruberová * 23. Dezember 1946 † 18. Oktober 2021 (Porträt von Matthias Bitzer)

Familie, Briefmarken sammeln, Gartenarbeit: Das sind manchmal die Dinge, mit denen sich eine weltberühmte Primadonna im Ruhestand bei Laune hält. Zum Hochkomplexen, Exzentrischen - etwa im Regietheater - fühlte sich Edita Gruberová ohnehin nie hingezogen. Ihr ging es stets und vehement um die Fülle des Wohllauts. Die im slowakischen Bratislava geborene Sopranistin ist in einfachen (wenngleich nicht unkomplizierten) Familienverhältnissen aufgewachsen: "Wir haben durch unser Singen unsere Seelen gelüftet", erzählte Gruberová später. Der örtliche Pfarrer bugsierte sie ans Konservatorium; ihr selbstbewusst beschrittener Lebensweg führte sie von der Provinzstadt Banská Bystrica bis an die New Yorker Met und die Bayerische Staatsoper, wo ihr Belcanto sein treuestes Publikum fand.

Max Volpert: Tod eines Überlebenden

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Max Volpert *1931 † 19. September 2021

Überlebende der Shoa besuchen Schulklassen und Stadtsäle oder kehren zurück an die Stätten des Grauens, um den Nachgeborenen über ihre Erlebnisse zu berichten: eine Tradition, die irgendwann in den 1980ern ihren Anfang genommen hat und nun vor ihrem Ende steht. 76 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sind die meisten Zeitzeugen verstorben. In diesem Jahr der 90-jährige Max Volpert.

Als Teenager wurde er erst ins litauische Ghetto gesperrt, dann zusammen mit seinem Vater als Zwangsarbeiter ins KZ-Außenlager Kaufering deportiert, während seine Mutter und seine Schwester nach Auschwitz verschleppt und ermordet wurden. Volperts Vater starb im Lager III bei Hurlach. In einem Massengrab musste Volpert als Teenager Leichen bestatten.

Heute ist das Grab nördlich von Kaufering eine Gedenkstätte. Hier, in Dachau und Landsberg hat Volpert oft über sein Leben erzählt - zuletzt noch im Mai 2021 im Videochat einer Landsberger Realschule. Jetzt ist er in Israel gestorben. Der Verein "Gedenken in Kaufering e.V." will seine Geschichte weitertragen.

Wilhelm Schraml: Passauer Bischof mit Grab in Altötting

Bischof Wilhelm Schraml in seiner Amtszeit vor dem eingerüsteten Passauer Dom
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Bischof Wilhelm Schraml (* 26. Juni 1935 † 8. November 2021)

Von 2002 bis 2013 leitete der gebürtige Oberpfälzer das kleinste Bistum Bayerns. In Altötting, wo er auch seinen Ruhestand verbrachte, wurde er in der Anbetungskapelle beigesetzt, die er selbst in der ehemaligen Schatzkammer des Marienwallfahrtsortes eingerichtet hatte: "Durch das Grab in der Anbetungskapelle bleibt Altbischof Schraml als Vorbeter, als ein mit Maria Hörender unter uns und zeigt uns den Weg", so der emeritierte Papst Benedikt XVI. in seinem Kondolenzschreiben.

August von Finck: Der Großspender

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August von Finck * 11. März 1930 † 28. November 2021

Man muss sie nicht mit den Buddenbrooks vergleichen, aber geschichtsträchtig ist diese Dynastie ehemaliger Essig-und-Öl-und-Äppelwoi-Händler aus Hessen schon. Großvater Wilhelm von Finck: Der erste Finck in München und der erste mit "von" ist Mitgründer (unter anderem) des Bankhauses Merck, Finck & Co. (heute im Besitz des Herrscherhauses von Katar), Vater August senior ein früher Unterstützer Hitlers, Geldgeber für das Haus der Kunst.

August junior: Immobilienmilliardär, Mövenpick-Großaktionär, Wahlschweizer, davon abgesehen vom Jahr 2015 viertreichster Bayer (nach Heinz Hermann Thiele - s.o.), Parteispender für CSU, FDP und AfD. Zuletzt zusammen mit Peter Gauweiler in den Schlagzeilen, dem er mindestens elf Millionen Anwaltshonorare zahlte. Wie es nach ihm in der Dynastie weitergeht?

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