Die Klinik Höhenried liegt beschaulich am Starnberger See. So beschaulich, dass sie nahezu abgeschnitten ist vom ÖPNV.
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Die Klinik Höhenried liegt beschaulich am Starnberger See. So beschaulich, dass sie nahezu abgeschnitten ist vom ÖPNV.

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Höhenried - eine Klinik im ÖPNV-Niemandsland

Die Klinik Höhenried liegt beschaulich am Starnberger See. So beschaulich, dass sie nahezu abgeschnitten ist vom ÖPNV. Zwar gibt es einen Shuttlebus, doch viele Mitarbeiter und Besucher sind aufs Auto angewiesen.

Mit der S-Bahn nach Tutzing und dann? Das wusste Reha-Patient Robert Czerny auch nicht so recht. Deshalb wurde er von seiner Tochter und seiner Frau mit dem Auto zur Klinik Höhenried gebracht, wo er eine fünfwöchige Reha macht. Wenn seine Frau und seine Tochter ihn aber besuchen kämen, wollten sie von Regensburg auf jeden Fall mit dem Zug fahren, erzählt Czerny.

Doch spätestens vom Tutzinger Bahnhof müssten sie rund sechs Kilometer zur Klinik laufen, weil kein Bus fährt. Deshalb würden sie wohl ein Taxi zur Klinik nehmen, vermutet Czerny. Freunde und Bekannte, die sich bereits auf einen Besuch angekündigt hätten, würden es öffentlich erst gar nicht versuchen und wohl eher das Auto nehmen.

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Bus fährt von Tutzing aus nur am Wochenende und feiertags

Das Problem: Die öffentliche Buslinie 9614 des Regionalverkehrs Oberbayern (RVO), die den Bahnhof Tutzing mit dem Bahnhof Penzberg verbindet, fährt die Klinik Höhenried nur am Wochenende oder an Feiertagen an. Zumindest gilt das für die Richtung Tutzing – Penzberg, also wenn man vom S-Bahnhof Tutzing zur Klinik möchte.

Für die entgegengesetzte Richtung, wenn man von der Klinik zum Tutzinger Bahnhof möchte, gilt ein anderer Fahrplan. Hier steuert der Bus laut dem offiziellen Fahrplan viermal am Tag die Klinik Höhenried an. Deshalb reisen viele Patienten mit dem Taxi an und ab, fahren selber mit dem Auto oder werden von Freunden oder Familienangehörigen hergefahren, so wie Robert Czerny.

Busfahrplan "ist Katastrophe": Mitarbeiter kommen mit dem Auto

Die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist "bescheiden", sagt Robert Münz vom Deutschen Roten Kreuz, der hier arbeitet. Die Klinik sei einfach zu abgelegen. "Ich habe keine Chance hierher zu kommen zum Dienst mit den öffentlichen Verkehrsmitteln". Deshalb fährt Münz mit dem Auto. Das Gleiche gilt für seinen Kollegen Peter Lanzner, der aus Wolfratshausen anreist. Lanzner wäre bereit auf S-Bahn und Bus umzusteigen, aber: "Ich habe mir mal den Busfahrplan angeschaut, das ist eine Katastrophe. Vor allem zu unseren Dienstzeiten. Keine Chance."

Marietta Koch hat von 2014 bis 2020 in der Klinik Höhenried gearbeitet. Koch, die inzwischen als Rentnerin in Ingolstadt lebt, bestätigt: "Fast alle kommen mit dem Auto." In all der Zeit habe Koch es nicht verstanden, dass die Klinik nie so ganz an den öffentlichen Nahverkehr angebunden wurde. "Es sind ja so an die 500 Patienten und auch Mitarbeiter und Tutzing ist ja ziemlich nah dran, es sind vielleicht sechs Kilometer, aber es geht einfach nicht weiter, also diese letzte Meile, die hat keiner geschafft zu stopfen."

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Gemeinde: ÖPNV muss auch genutzt werden

Die Gemeinde weiß um das Problem. Man bemühe sich, den ÖPNV für die Leute attraktiv zu machen, sagt der Bernrieder Bürgermeister Georg Malterer (ÜFW). Zu diesem Zweck habe man zum Beispiel gemeinsam mit dem Tourismusverband Pfaffenwinkel die "Pfaffenwinkel-Gästekarte" eingeführt. Mit der können Touristen, wenn sie Sehenswürdigkeiten, Museen oder Veranstaltungen besuchen, auch den ÖPNV kostenlos nutzen.

Im Zuge dessen hat die Gemeinde auch die Klinik Höhenried ans ÖPNV-Netz angebunden. "Da fährt jetzt ein Bus bis zur Pforte", so Malterer (ÜFW). Zumindest am Wochenende.

Der Regionalverkehr Oberbayern (RVO) zeige sich bei Gesprächen grundsätzlich offen dafür, Buslinien zu bedienen. Wenn "sie es wert sind, dass man sie anbindet", sagt Malterer. Denn die viel größere Hürde sei, dass die Leute den ÖPNV dann auch annehmen und nutzen. "Wir haben zum Beispiel schon mal eine Linie nach Weilheim gehabt, die war gewünscht, aber genutzt hat sie im Endeffekt keiner und dann ist sie wieder eingeschlafen."

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Klinik bietet Shuttlebusse an

Der Geschäftsführer der Klinik Höhenried, Robert Zucker, teilt mit, dass es ein "dringender Wunsch" gewesen sei, dass der öffentliche Bus die Klinik am Wochenende anfahre. "Damit die Patienten auch mal Ausflüge machen können, das wird auch sehr gut angenommen", so Zucker.

Zur An- und Abreise der Patienten bietet die Klinik viermal täglich einen Shuttlebus an, für die Mitarbeiter zweimal täglich. Den würden aber nur zwanzig von insgesamt fünfhundert Mitarbeitern nutzen. Denn: Aufgrund der stark unterschiedlichen Dienstzeiten sei es sogar schwierig, Fahrgemeinschaften zu bilden.

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