Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann von der Uniklinik Augsburg
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Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann von der Uniklinik Augsburg

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Hitze-Gefahr: "Wohnungen könnten zur Todesfalle werden"

Temperaturen über 30 Grad sind gefährlich für Kinder, alte, kranke, aber auch für gesunde Menschen. So ändert sich zum Beispiel die Wirkung mancher Medikamente durch die hohen Temperaturen. In Städten fehlen derweil Hitzeschutzpläne und Kälteinseln.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es wird immer heißer in Europa. Zukünftig muss noch wesentlich mehr für den Hitzeschutz getan werden, um das Leben vieler gefährdeter Menschen zu retten - zu diesem Schluss ist eine Expertenrunde am Donnerstag gekommen, die auf Einladung der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit per Netzschalte zusammengetreten war.

Hitzeopfer: Kinder, Kranke, alte Menschen

Die Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann von der Uniklinik Augsburg warnte eindringlich davor, die Hitze zu unterschätzen. Mehrere Tage von Temperaturen über 30 Grad könnten gerade für kranke oder ältere Menschen, aber auch für Kinder sehr gefährlich werden. Auch Lungenerkrankte – oder alle, die gerade eine Covid-Infektion hinter sich hätten, seien gefährdet.

Generell ist Hitze ein Risiko, wenn man sich mehrere Stunden ungeschützt hohen Temperaturen aussetzt. So landen immer wieder ursprünglich kerngesunde Menschen mit Hitzschlag in der Ambulanz - teils in lebensbedrohlichem Zustand.

"Ein junger Mann, der in der Hitze auf der Straße gearbeitet hatte, konnte zuletzt in Augsburg leider nicht mehr gerettet werden." Claudia Traidl-Hoffmann, Umweltmedizinerin an der Universität Augsburg
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Einige Medikamente wirken anders bei Hitze

Auch würden bei Hitze und erhöhter Wasserzufuhr Medikamente anders wirken, viele Ärzte würden das aber bei ihren Patienten noch nicht berücksichtigen. Zu hohe Temperaturen würden auch Eiweiße im Körper dauerhaft schädigen, das sei nicht mehr reversibel, "denken Sie an ein gekochtes Ei", so die Umweltmedizinerin.

Europa massiv betroffen

Der aktuelle IPPC-Report, ein Bericht der Vereinten Nationen zum Klimawandel, habe der Umweltmedizinerin zufolge gezeigt, dass es gerade in Europa vielerorts deutlich heißer werde. Claudia Traidl-Hoffmann: "Deswegen schlagen wir Alarm."

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Kommunen brauchen Geld für Kälteinseln

"Die Kommunen müssen endlich Geld in die Hand nehmen," erklärt Martin Herrmann, Vorstand von KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. München. Außerdem müsse der "Bildungs- und Informationsstand in der Bevölkerung auf ein ganz anderes Niveau" gehoben werden. Städte und Gemeinden müssten in der Lage sein, auch kurzfristig Kälteinseln einrichten zu können, etwa in kühlen Kirchen oder Einkaufzentren, denn Wohnungen könnten für manche Menschen sonst zu "tödlichen Fallen werden". Laut Traidl-Hoffmann würden die meisten Kommunen aber noch keine Hitzeschutzpläne vorhalten.

Hitzeschutz für Gebäude sollte Pflicht werden

Hitzeschutz, so Herrmann, müsse künftig bei jedem Neubau verpflichtend werden, wie der Brandschutz, die Vorschriften müssten verschärft werden. In Hannover und in Göttingen würden aktuell noch Unikliniken gebaut ohne ausreichenden Hitzeschutz.

Forderung nach personalisierter Frühwarnung

Es müsse eine personalisierte Frühwarnung her, etwa per App. Eine alte Dame bekomme dann einen anderen Hitzealarm aufs Handy als der durchtrainierte Sportler. In Frankreich etwa würden Hitzewarnungen und Tipps bei Hitze mittlerweile automatisch über alle Wetter-Apps laufen. In Deutschland würden solche Warnungen bislang nur über die Katastrophen-Apps Nina oder Katwarn gesendet. Andreas Matzarakis, Umweltmeteorologe vom Deutschen Wetterdienst, nannte als seinen Wunsch "ein durchlaufendes Infoband im Fernsehen bei Hitzealarm"– um möglichst viele Menschen zu erreichen.

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