Körnerhirse auf einem Versuchsfeld bei Schwarzenau
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Körnerhirse auf einem Versuchsfeld bei Schwarzenau

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Hirse-Anbau als Chance fürs trockene Unterfranken?

Wird auf bayerischen Äckern bald mehr Körnerhirse zu sehen sein? Ein Forschungsprojekt im unterfränkischen Schwarzenau zeigt: Die trockentolerante Nutzpflanze aus Afrika wächst auch hierzulande. Landwirte könnten damit ihre Fruchtfolgen erweitern.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Gut 1,20 Meter hoch steht die Körnerhirse auf einem Versuchsfeld in der Nähe des unterfränkischen Schwarzenau. Mehr als 100 verschiedene Varianten wachsen hier. Die reife Hirse wirkt wie ein buntes Mosaik – von weiß über verschiedene Braun- und Orangetöne bis hin zu einem kräftigen Rot reicht die Farbpalette. Ein mehrjähriges Projekt am Forschungszentrum für Landwirtschaft in Trockenlagen soll klären, ob die Hirse auch im trockenen Franken wächst.

Trockentolerante Pflanze aus Afrika

Verschiedene Sorten und Aussaattechniken, unterschiedliche Abstände – all das wird getestet. Agrarwissenschaftlerin Janina Goldbach leitet das Projekt. Sie sieht in der Körnerhirse viel Potenzial. Denn die Kulturpflanze aus Afrika hat sich an Trockenheit und Hitze angepasst. Mit ihrem intensiven Wurzelsystem kann sie sich Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten holen. Außerdem schützt eine Wachsschicht auf der Blattoberfläche vor Verdunstung. So hat die Hirse bei Schwarzenau den Extremsommer auch gut überstanden - obwohl es von der Aussaat im Mai bis Ende August gerade nur 40 Liter geregnet hat.

Wenig Dünger und Pflanzenschutz nötig

Noch dazu hat "Sorghum Bicolor" – so der Fachbegriff - ackerbauliche Vorteile: Beim Pflanzenschutz kommt die Körnerhirse mit weniger aus, in der Regel reicht eine Unkrautbehandlung. Insektizide und Fungizide sind nicht nötig. Außerdem sieht Janina Goldbach im Gegensatz zu Mais oder anderen Getreidesorten bei der Hirse noch viel züchterisches Potenzial: etwa in der Reifezeit, im Ertrag oder beim Thema Kälte- bzw. Frosttoleranz.

Denn das ist bisher noch das große Manko der Hirse: Die Pflanze ist sehr kälteempfindlich, Spätfröste können sie absterben lassen. In der Regel wird sie deshalb erst Mitte Mai gesät. Idealerweise sollte sie dann aber möglichst schnell wachsen und reif werden. Sonst kann es in einem feuchten Herbst schwierig werden mit der Ernte.

Sortenempfehlung für Landwirte

Anfang Oktober, nach viel Regen im September, ist es dann soweit: Die Hirse ist reif und trocken. Parzelle für Parzelle wird das bunte Hirsemosaik gedroschen. Die Körnerhirse wird anschließend getrocknet und Proben ins Labor geschickt. So lassen sich die Erträge der einzelnen Sorten exakt bestimmen, ebenso ihre Inhaltsstoffe. Bis Februar, also rechtzeitig vor der nächsten Aussaat, hofft Janina Goldbach, Landwirten eine Sortenempfehlung geben zu können.

Mit einem Parzellenmähdrescher wird die Hirse auf dem Versuchsfeld geerntet.
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Mit einem Parzellenmähdrescher wird die Hirse auf dem Versuchsfeld geerntet.

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Diese Ergebnisse werden viele Landwirte interessieren, so wie Otto und Michael Weigand aus Hellmitzheim. Seit fünf Jahren bauen sie Hirse an, in kleinen Mengen. Letztes hatten sie fast 80 Doppelzentner je Hektar geerntet, dieses Jahr erwarten sie maximal die Hälfte. Denn ihre Hirse steht auf einem schwachen Standort. Dort machte die Trockenheit der Hirse mehr zu schaffen, als etwa auf den guten Lössböden bei Schwarzenau.

Verwendung der Körnerhirse

Bisher landet die Körnerhirse meist im Futtertrog von Schweinen und Geflügel. So auch bei den Weigands. Doch einen kleinen Teil des glutenfreien Getreides lassen sie zu Mehl vermahlen und verkaufen es in ihrem Hofladen in Hellmitzheim. Durch seinen geringen Ölgehalt hat das Vollkornmehl einen nussigen, leicht bitteren Geschmack. Es eignet sich gut zum Panieren oder für Pfannkuchen- und Waffelteig. Für Brote hingegen ist es weniger geeignet, weil das Hirsemehl keinerlei Klebereiweiß hat. Michael Weigand empfiehlt, das Hirsemehl zu mischen: "Eins zu eins mit Weizen- oder Dinkelmehl, dann bleiben auch die Teig- und Backeigenschaften erhalten."

Breitere Fruchtfolge mit Körnerhirse

Dass Körnerhirse einmal den Körnermais ersetzen wird, das bezweifeln sowohl die Landwirte als auch die Wissenschaftlerin. Denn in feuchten Jahren bringt Mais deutlich mehr Ertrag. Trotzdem könnte in Zukunft vielleicht mehr Körnerhirse auf bayerischen Feldern zu sehen sein. Denn die Landwirte sind gefordert, ihre Fruchtfolgen zu erweitern. Körnerhirse sei da eine gute Option, findet Janina Goldbach: "Sie lässt sich relativ einfach in den Betrieb integrieren, ohne zusätzlichen technischen Aufwand."

In einer breiteren Fruchtfolge sieht auch Michael Weigand das Potenzial der Hirse: "Jedes Jahr hat man Gewinner und Verlierer, die mehr oder weniger Ertrag bringen." Trockentolerante Kulturen wie die Hirse helfen ihm bei der Risikostreuung.

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