Leeres Klassenzimmer, die Stühle sind auf die Tische gestellt, ein Mundschutz hängt an einem Stuhl (Symbolbild).
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Leeres Klassenzimmer, die Stühle sind auf die Tische gestellt, ein Mundschutz hängt an einem Stuhl (Symbolbild).

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Frühere Weihnachtsferien? Kontroverse Debatte in Bayern

Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben es angekündigt, einige Politiker und die Leopoldina sind bundesweit dafür: Die Weihnachtsferien an den Schulen sollen wegen Corona früher beginnen. In Bayern gibt es Stimmen dafür und dagegen - ein Überblick.

Corona-Geschichte wiederholt sich - zumindest in Sachen Weihnachtsferien: Wie im vergangenen Jahr wird derzeit munter diskutiert, ob die Weihnachtsferien für die Schülerinnen und Schüler wegen der hohen Infektionszahlen früher beginnen sollen. Bisher haben Sachsen-Anhalt und Brandenburg angekündigt, die Weihnachtsferien schon am 20. Dezember beginnen zu lassen, andere Bundesländer erwägen das.

In Bayern ist als letzter Schultag bislang der 23. Dezember vorgesehen. Die Ferien beginnen damit erst an Heiligabend, erster Schultag im neuen Jahr ist am 10. Januar. Im vergangenen Jahr waren die Weihnachtsferien in vielen Bundesländern vorgezogen worden, auch im Freistaat. Und dieses Mal? Die einen sagen: Der späte Ferienbeginn lässt zu wenig Zeit, um Kontakte vor Familientreffen und Reisen zu reduzieren. Die anderen sagen: Inzwischen sind viele ab zwölf Jahren geimpft oder könnten es sein - und die Schülerinnen und Schüler dank vieler Tests eine vergleichsweise gut überwachte Gruppe. Wer für einen früheren Ferienstart plädiert und wer dagegen ist - ein Überblick.

Wer ist für vorgezogene Weihnachtsferien?

Für einen bundesweit früheren Ferienstart ist allen voran die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften. Das Gremium, überwiegend mit Naturwissenschaftlern und Medizinern besetzt, erklärte vergangenen Samstag in einer Stellungnahme: "Selbst wenn jüngere Kinder im Vergleich zu Erwachsenen nur selten schwer erkranken, lassen die hohen Inzidenzen auch unter ihnen die Fälle von schwereren Erkrankungen zunehmen." Zudem trügen die Infektionen von Kindern und Jugendlichen zum Infektionsgeschehen bei. Darüber hinaus forderte die Leopoldina eine "ausnahmslose Maskenpflicht" in den Schulgebäuden und regelmäßige Tests - beides in Bayern schon der Fall.

Im Bayerischen Landtag drängen die Grünen auf einen früheren Ferienstart ab 20. Dezember. Eine Notbetreuung für Kinder, deren Eltern kein Homeoffice machen können, müsse aber ermöglicht werden. Auch Grünen-Chef Robert Habeck spricht sich für vorgezogene Weihnachtsferien aus - jedenfalls in einigen Teilen Deutschlands. "Ich halte es für richtig, wenn die Weihnachtsferien in den Ländern, wo die Inzidenzen sehr hoch sind, vorgezogen werden", sagte Habeck zuletzt. Betreuungsangebote sollten laut ihm aber möglich sein.

Ralph Brinkhaus, Unions-Fraktionschef im Bundestag, sagte vor einigen Tagen der "Welt am Sonntag: Sollte sich die Corona-Lage noch verschlimmern, müsse "darüber nachgedacht werden, die Weihnachtsferien überall ein bis zwei Wochen früher beginnen zu lassen, um die Kontakte zum Beispiel in den Schulen zu reduzieren". In Bayern ist auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für frühere Ferien: "Vorgezogene Weihnachtsferien würden helfen, die Pandemiewelle zu durchbrechen, und es wäre eine gute Gelegenheit, die ausgefallenen Faschingsferien 2021 zurückzugeben", teilte die GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale mit.

Wer ist gegen vorgezogene Weihnachtsferien?

In Bayern spricht sich Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) klar gegen früher beginnende Ferien aus. "Oberste Maxime ist Präsenzunterricht", sagte Piazolo am Mittwochabend im Landtag. Aktuell sinkende Inzidenzen sprächen dafür, die Schulen offen zu lassen. Vorgezogene Ferien seien eine Schulschließung, betonte Piazolo. Auch FW-Parteichef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ist gegen eine solche Maßnahme. Unkontrollierte Treffen mit Freunden ohne regelmäßige Tests seien ebenfalls nicht ohne Gefahren, erklärte er.

Im Bayerischen Landtag stimmten am Mittwoch neben den Freien Wählern auch SPD, AfD und FDP gegen einen Dringlichkeitsantrag der Grünen, der unter anderem vorgezogene Weihnachtsferien vorsah. Die Landtags-AfD forderte die Staatsregierung stattdessen auf, Schulschließungen "kategorisch auszuschließen". Zumindest Skepsis gibt es offenbar auch in der CSU-Fraktion: Redner der Christsozialen sprachen in der Debatte von vorgezogenen Ferien als "letztem Mittel".

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Matthias Fischbach, erklärte: "Unsere Schülerinnen und Schüler würden durch diesen Unterrichtsausfall nicht nur schulisch weiter zurückfallen, sondern auch seelisch darunter leiden. Zahlreiche Studien sind schon zu dem Ergebnis gekommen, dass die physischen und psychischen Folgen eines Lockdowns für die jüngere Generation schwerwiegend sind.

Elternverband gegen früheren Ferienstart

Der Bayerische Elternverband (BEV) lehnt Pläne für vorgezogene Weihnachtsferien ebenfalls kategorisch ab. In einem Offenen Brief an Kultusminister Piazolo und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schreiben die Elternvertreter, eine solche Maßnahme stehe "dem Bildungsauftrag und den elementaren Entwicklungsbedürfnissen der Schülerinnen und Schüler grob entgegen". Es sei auch fraglich, ob vorgezogene Schulferien die Ausbreitung des Virus bremsen könnten. Fazit des Elternverbands: Im Ernstfall solle lieber Distanzunterricht als gar kein Unterricht stattfinden.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) ist "nach aktuellem Stand der Dinge" klar gegen vorgezogene Weihnachtsferien. "Wir haben immer gesagt: "Präsenzunterricht ist wichtig, bei maximaler Sicherheit", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann auf BR24-Anfrage. Letztlich sei die Ferien-Frage aber eine Entscheidung der Staatsregierung. Über Schulschließungen müsse man aus BLLV-Sicht immer regional spezifisch und im Einzelfall entscheiden, betonte Fleischmann.

Auch auf Bundesebene gibt es viele Stimmen gegen vorgezogene Weihnachtsferien. Die designierte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sprach sich bei RTL dagegen aus: "Wir können durch Masken, Hygienevorschriften, konsequentes Impfen und vor allen Dingen Boostern in den Schulen verhindern, dass eben solche Maßnahmen getroffen werden müssen." Stark-Watzinger sagte allgemein zu Corona-bedingten Schulschließungen: "Sie dürfen nicht das Erste sein, sondern müssen das Letzte sein."

Wer äußert sich nicht eindeutig?

Bayerns Ministerpräsident Söder lässt bisher keine Präferenz erkennen, hält sich also beide Optionen offen. Am Dienstag schloss er vorgezogene Weihnachtsferien nicht aus: "Ob die Ferien etwas vorher stattfinden können, da wäre ich offen, wenn wir uns auf solche Regelungen verständigen." Er sei aber dafür, die Schulen "so lange wie nur möglich offen zu halten". Am Mittwoch äußerte sich Söder in der BR-Sendung "jetzt red i" skeptischer zu früheren Ferien: Viele Eltern bekämen dann ein Betreuungsproblem, mit Maske und Testen seien die Schulen sicher.

Auch die Landtags-SPD will sich bisher nicht abschließend festlegen. Es müsse alles dafür getan werden, die Schulen offen zu halten, erklärte Fraktionschef Florian von Brunn. "Und wenn die Weihnachtsferien vorgezogen werden, muss die Betreuung sichergestellt sein."

Der Bayerische Realschullehrerverband (brlv) ist zwar gegen eine "unnötige Feriendebatte", plädiert aber für bayernweiten Distanzunterricht an den Realschulen ab 13. Dezember. Der bayerische brlv-Vorsitzende Jürgen Böhm teilte mit: "Auch unsere Schüler haben einen Schulweg, auf dem vielfältige Kontakte stattfinden und reduziert werden müssen." Daher brauche es einen geordneten Übergang in den Distanzunterricht und umgehend niedrigschwellige Impfangebote an den Schulen.

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