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Polizisten in München

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Wie steht es ums Personal bei Bayerns Polizei?

In Bayern ist derzeit fast jede zehnte Stelle bei der Polizei nicht besetzt. Während die SPD eine Personalaufstockung fordert und die Staatsregierung kritisiert, bewerten die Gewerkschaften die Zahlen differenziert. Von Jochen Eichner

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Laut einer Antwort des Innenministeriums auf die Anfrage der SPD-Fraktion waren zum Stichtag 1. Januar 2018 insgesamt 9,7 Prozent der Stellen vakant – in absoluten Zahlen sind das 2.691. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher moniert, entgegen den großspurigen Ankündigungen der Staatsregierung habe sich die Situation an den Polizeiinspektionen im Freistaat Bayern im Durchschnitt nicht verbessert.

"Im Gegensatz zur bloßen Verkündung von Wohltaten durch das Innenministerium, die Polizei werde personell aufgestockt, ergeben die Zahlen ein anderes Bild und entlarven die Mär, dass in Bayern sicherheitspolitisch alles in Ordnung ist." SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher

Herrmann nennt Zahlen "groben Unfug"

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hält die von der Bayern-SPD veröffentlichten Zahlen für "groben Unfug". Am Rande einer Diplomierungsfeier für 172 Kommissare in Fürstenfeldbruck sagte er: "Ich weiß nicht, wie diese Darstellung zustande gekommen ist." 

Herrmann erklärt die Zahl damit, dass zu einem bestimmten Stichtag die verfügbare Personalstärke auf den Präsidien abgefragt wurde. Die Unterbesetzung ergebe sich daher aus dem Unterschied zwischen eingeplanter Soll-Stärke und den tatsächlich verfügbaren Beamten an diesem Tag. Laut Herrmann bleibt dabei unberücksichtigt, dass an diesem Stichtag beispielsweise Beamtinnen im Mutterschutz gewesen sind oder dass Beamte auf einem Lehrgang oder krank waren. "Die sind an dem Tag nicht auf ihrer Dienststelle, haben aber eine bezahlte Planstelle. Man darf dann nicht behaupten, die Stellen seien nicht besetzt", sagte er. 

Zwei Millionen Überstunden

Die Polizeigewerkschaften zeichnen ein etwas differenzierteres Bild. Zwar habe die Politik in der vergangenen Jahren reagiert und zu den erhöhten Einstellungszahlen zusätzliche Stellen geschaffen. Allerdings seien auch zahlreiche neue Aufgaben dazu gekommen. Die Beamtinnen und Beamten auf den Polizeiinspektionen bekämen das Fehlen von Personal durchaus zu spüren, so Rainer Nachtigall, der bayerische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dies zeige sich zum Beispiel an den fast zwei Millionen Überstunden, die die Polizisten in Bayern angesammelt hätten.

"Die Kollegen merken jeden Tag, dass sie mehr Personal bräuchten". Rainer Nachtigall, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft

"Da, aber nicht verfügbar"

Das bestätigt auch Peter Schall, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. "Das Personal als solches ist da, es ist aber nicht verfügbar". Das liege unter anderem an sogenannten Langzeitabordnungen, bei denen Polizisten aus den Dienststellen für Sonderaufgaben abgezogen werden, so Schall.

SPD verlangt Aufstockung

Aus den Zahlen des Innenministeriums geht hervor: Besonders auffällig ist die Unterbesetzung im nördlichen Oberbayern, wo fast zwölf Prozent der Stellen vakant sind – aber auch in den Polizeipräsidien in Mittelfranken, Nordschwaben und Oberfranken fehlt rein rechnerisch mehr als jeder zehnte Polizist. Die SPD im Bayerischen Landtag fordert eine realistische Personalaufstockung bei der bayerischen Polizei.