Polizisten in München im April bei einer Kundgebung
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Polizisten in München im April bei einer Kundgebung

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#Faktenfuchs: Gilt das Abstandsgebot auch für Polizisten?

Im Alltag halten Polizisten und Polizistinnen nicht immer den empfohlenen Mindestabstand von 1,50 Meter ein. Der #Faktenfuchs klärt, wie die Rechtslage in Bayern ist – und wie die gängige Praxis zu Corona-Zeiten aussieht.

München, 2. Mai, gegen 11 Uhr vormittags: Auf den Stufen der Oper in München stehen etwa 20 bayerische Polizisten in Einsatzuniform. Alle direkt nebeneinander. Üblicherweise nichts Ungewöhnliches, in Zeiten der Corona-Pandemie fragen sich aber manche Bürger: Gilt das Abstandsgebot von 1,50 Metern auch für Polizisten? Mit dieser Frage wurde uns das Foto auch geschickt.

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Ein Foto zeigt Polizisten vor der Oper in München am 2. Mai

Abstandsregeln – wenn es der Einsatz zulässt

Grundsätzlich gilt das Abstandsgebot für jeden, also auch für Polizisten. "Abstandsregeln sollen an die individuelle Situation und den Einsatz angepasst, sofern es möglich ist, eingehalten werden", sagt Sven Müller, ein Sprecher des Polizeipräsidiums München zu BR24. Bei einer Festnahme oder einer Widerstandssituation sei das natürlich nicht möglich, so Müller. "Der einzelne Polizist entscheidet, ob er sich an das Abstandsgebot hält. Das geht gar nicht anders, er kann bei einer Verfolgung ja schlecht seinen Vorgesetzten anrufen."

Zum Bild vor der Oper vom 2. Mai sagt der Sprecher, dass es sich hierbei vermutlich um eine Einsatzbesprechung im Vorfeld einer Demonstration zur Einhaltung der Grundrechte auf dem Max-Joseph-Platz gehandelt habe. Eine Einsatzbesprechung mit einer Hundertschaft sei bei einem Abstand von 1,50 Meter zwischen jedem Polizisten nicht durchführbar.

Auch bei Masken kommt es auf die Einsatzsituation an

Ähnlich verhält es sich bei der Verwendung von Masken: "Unsere Polizeibeamten sollen im Einsatz Masken tragen in allen Bereichen, wo es eine Tragepflicht gibt. Dazu wird empfohlen, auch in anderen Bereichen eine Maske zu tragen", sagt Müller. Aber auch hier kommt es auf die konkrete Situation an: Polizisten aus einer Einsatzhundertschaft wie die vor der Münchner Oper haben Schals, die sie im Einsatz über Mund und Nase ziehen können.

Manche Polizisten entscheiden sich aber auch dafür, Masken zu tragen.

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Polizisten Ende April am Münchner Marienplatz.

Polizisten haben Vorbildfunktion

Polizisten kommt bei der Einhaltung der allgemeinen Hygiene- und Verhaltensregeln eine Vorbildfunktion zu: "Die Akzeptanz würde vermutlich ganz schnell sinken, wenn die Polizei irgendwo ohne Schutz hinkäme und was von Maskenpflicht erzählen oder den Abstand nicht einhalten würde", schrieb zum Beispiel ein Polizeioberkommissar aus dem hessischen Wetzlar in einem Beitrag für die Hessenschau.

Angesprochen auf die Vorbildfunktion versichert das bayerische Innenministerium, "dass unsere Polizeibeamtinnen und -beamten bei ihrer Kontroll- und Streifentätigkeit in den für die Bevölkerung vorgeschriebenen Bereichen (sprich: Ladengeschäfte und ÖPNV) eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen."

Auch die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern gegenüber den Bürgern werde von den Beamtinnen und Beamten der bayerischen Polizei "- soweit möglich und aus einsatztaktischen Gründen umsetzbar – gewährleistet", sagte Martin Scholtysik, stellvertretender Sprecher des bayerischen Innenministeriums zu BR24.

Ansteckungsgefahr bei Polizisten geringer

Die Gefahr, dass sich Polizisten untereinander mit dem Coronavirus anstecken, hält der Münchner Polizeisprecher Müller für deutlich niedriger als in der Bevölkerung. Für die Gesundheit gebe es eine hohe Sensibilität, Infektionsketten seien bei der Polizei leicht nachzuvollziehen. Zu Beginn der Epidemie habe es eine hohe Durchtestung der Polizeibeamten gegeben.

Das bayerische Innenministerium bestätigt das:

"Bei den Bereitschaftspolizeiabteilungen in München, Nürnberg und in Würzburg wurden eigene 'Corona-Test-Straßen' eingerichtet, um Kontakt- und Verdachtspersonen in Reihen der Bayerischen Polizei frühzeitig zu testen und die entsprechenden Maßnahmen zum Wohl der Bediensteten - aber auch der Bürger, die mit diesen in Kontakt kommen - einleiten zu können." Martin Scholtysik, stellvertretender Sprecher des bayerischen Innenministeriums.

Zudem würden alle Polizistinnen und Polizisten in Bayern über die Gefährdungssituation des Corona-Virus sowie die darauf aufbauenden Verhaltensregeln tagesaktuell informiert und geschult.

Auch Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Handschuhe, Schutzbrillen, Schutzanzüge sowie Desinfektionsmittel sei inzwischen wieder ausreichend vorhanden.

Fazit: Beamte dürfte in einigen Fällen selbst entscheiden

Das Fazit: Prinzipiell gelten die allgemeinen Hygiene- und Verhaltensregeln zur Eindämmung des Coronavirus auch für Polizisten. Sie sind angehalten, in Ladengeschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln Masken zu tragen. Bei Einsätzen sollen sie gegenüber den Bürgern einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. In der Praxis gibt es aber auch Situationen, wo das nicht möglich ist, etwa bei Festnahmen oder Verfolgungen. Ob sie sich in so einem Fall an das Abstandsgebot halten, dürfen Polizisten selbst entscheiden.

Nachtrag vom 12. Mai 2020: In den Kommentaren zu diesem Artikel fragt ein Nutzer: "Ist das Foto wirklich vom 2.5.2020 oder nicht viel früher gemacht worden? Auf dem Bild ist ein VW T5 mit Kennzeichen M-PM 93.. zu sehen und diese Fahrzeuge waren ab 2010 im Einsatz. Wenn heute noch dieser VW T5 mit diesem Kennzeichen unterwegs ist, wäre das aber ein ziemlicher Oldtimer." Dazu stellen wir fest: Wir kennen den Urheber des Fotos und halten seine Angaben zu den Umständen der Aufnahme für glaubhaft. Das abgebildete Fahrzeug war am 2.5.2020 im Einsatz. Die Polizei München verwendet nach wie vor auch Transporter vom Typ VW T5, die teilweise auch zehn Jahre alt sind, wie sie uns auf Nachfrage mitteilte.

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