Eine Frau hält einen Lebkuchen
Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene

Die Begriffe "Nürnberger Lebkuchen" und "Nürnberger Bratwurst" sind geschützt. Die EU sieht in Sachen Transparenz offenbar Nachholbedarf.

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EU-Zoff um Lebkuchen und Bratwurst: viel Rauch um nichts?

Müssen die Hersteller von Nürnberger Bratwürsten und Lebkuchen die Herkunft der Zutaten künftig auf die Verpackung drucken? Ein entsprechender Vorschlag der EU sorgt für viel Ärger – könnte aber am Ende vor allem eines sein: viel Rauch um nichts.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Nürnberger Lebkuchen und Nürnberger Bratwürste sind weltbekannt. Aushängeschilder der Stadt. Die Begrifflichkeiten "Nürnberger Lebkuchen" und "Nürnberger Bratwurst" sind als geographische Angaben durch EU-Recht geschützt. Und doch sieht die EU in Sachen Transparenz offenbar Nachholbedarf.

Künftig sollen die Hersteller solch regionaler Spezialitäten teils auf den Verpackungen mit angeben, woher die Zutaten stammen. Zumindest wenn diese aus dem Ausland importiert werden. Den Herstellern von Nürnberger Bratwürsten und Nürnberger Lebkuchen stößt das übel auf. Die fürchten immense Mehrbelastungen durch die damit verbundene Bürokratie – und steigende Kosten. Die EU kann die Empörung aber nicht nachvollziehen.

EU-Vorstoß sorgt für Empörung

Der Vorstoß des EU-Parlaments hat in Nürnberg für große Verärgerung gesorgt. Die Hersteller von Nürnberger Lebkuchen und Nürnberger Bratwürsten sollen künftig die Herkunft ihrer Zutaten angeben, wenn diese aus dem Ausland kommen. Wenn dieser Vorstoß umgesetzt werden sollte, wäre er "mit einem gigantischen, bürokratischen und auch Kostenaufwand verbunden", meint Rainer Heimler vom Schutzverband der Nürnberger Bratwurst. Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie polterte gar: der EU-Gesetzgeber plane, "Nürnberger Lebkuchen und Nürnberger Bratwurst zu diskriminieren".

Jürgen Brandstetter von Lebkuchen Schmidt hält den EU-Vorstoß gar für kaum umsetzbar. Schließlich muss der Lebkuchenhersteller teils die Verpackungen drucken lassen, bevor man – etwa bei Haselnüssen – die Verfügbarkeiten und Qualitäten der einzelnen Länder kenne. Um die Herkünfte der Zutaten genau angeben zu können, müsste man daher "Verpackungen für jedes Herkunftsland vorhalten – möglicherweise auch Kombinationen der Herkunftsländer". Das sei ein Irrsinn, sagt Brandstetter.

Verwunderung bei der EU – viel Rauch um nichts?

In Straßburg kann man den Ärger über den Zutaten-Vorstoß für regionale Spezialitäten nicht nachvollziehen. Denn eines sei "ganz klar" in dem Vorstoß beschrieben, sagt Maria Noichl, die für die SPD im EU-Parlament sitzt: Die Herkunft müsse nicht für alle importierten Zutaten angegeben werden, sondern nur bei der Hauptzutat. "Das ist die Zutat mit mehr als 50 Prozent", sagt Noichl. Ein Beispiel sei der Parmaschinken. Wenn dieser zwar in Parma reife, das Fleisch aber beispielsweise aus Argentinien stamme, dann sei dem Vorstoß gemäß künftig anzugeben: "Parmaschinken mit Fleisch aus Argentinien".

Nürnberger Lebkuchen gar nicht betroffen …

Die Nürnberger Lebkuchen seien anders als eben der Parmaschinken von der vorgesehenen Regelung zur Herkunftsangabe der Zutaten überhaupt nicht betroffen, sagt die EU-Parlamentarierin Maria Noichl. Der Grund: Hier mache schließlich keine Zutat über 50 Prozent aus.

… und Nürnberger Bratwürste (praktisch) auch nicht

Auch die Nürnberger Bratwürste trifft die geplante EU-Neuregelung nicht. Allerdings aus einem anderen Grund: Laut Rainer Heimler vom Schutzverband der Nürnberger Bratwurst verarbeiten die Hersteller – zumindest derzeit – ausschließlich Fleisch aus Deutschland. Eine Herkunftsangabe ist dem EU-Vorstoß zufolge aber nur nötig, wenn die Hauptzutat aus dem Ausland kommt, sprich importiert ist.

Viel Ärger und die Frage nach dem "Warum?"

Am Ende ist die Empörung um die Herkunftsangaben von Zutaten regionaler Spezialitäten wohl viel Rauch um nichts. Auf die Frage, wie es zu dem Dilemma kommen konnte, hat die EU-Parlamentarierin Maria Noichl zwei Erklärungen. Zum einen sagt sie: "Vielleicht hat die EU wieder mal schlecht kommuniziert". Die andere Seite sei aber auch, dass "oftmals nur noch reißerische Überschriften gern gelesen werden", sagt Noichl. Und da würde eine Schlagzeile "EU macht wahnsinnigen Blödsinn" lieber gelesen und in sozialen Netzwerken geteilt, als der konkrete Text. Der konkrete Text des EU-Vorstoßes sagte allerdings eindeutig: "Die primäre Zutat mit mehr als 50 Prozent muss angegeben werden", stellt Noichl fest.

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