Hans-Josef Fell auf seinem Öko-Dach mit Solaranlagen in Hammelburg
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Hans-Josef Fell auf seinem Öko-Dach mit Solaranlagen in Hammelburg

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Energieautarkes Wohnen in Hammelburg: Rapsöl, Sonne und Co.

Steigende Strompreise sind für Hans-Josef Fell aus Hammelburg kein Thema. Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete produziert zuhause soviel elektrische Energie, dass er seinen Haushalt jetzt vom öffentlichen Stromnetz komplett abgemeldet hat.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

"Es war schon ein besonderes Gefühl, als ich den Schalter umgelegt habe und weg war vom öffentlichen Stromnetz". Hans-Josef Fell denkt immer wieder an diesen Moment. Es ist der vorläufige Endpunkt eines Weges, der vor Jahrzehnten begonnen hat.

Der damalige Physiklehrer war schon lange fasziniert von Strom aus Sonnenlicht. Gleichzeitig öffnete ihm die Ölkrise 1973 und die Abhängigkeit von ausländischen Energiequellen die Augen. Und schließlich überzeugten ihn die Argumente von Umweltschützern, die schon damals den Klimawandel vorhersagten. Er wollte etwas tun. Er wollte umweltfreundliche Energie erzeugen.

Im Keller das Herzstück der Autarkie

Fell baute zunächst in Hammelburg ein ökologisches Holzhaus für Frau und drei Kinder. Auf das mit Pflanzen begrünte Dach setzte er Solarmodule zur Produktion von Sonnenstrom. Doch um wirklich energieautark werden zu können, brauchte es eine wetterunabhängige Stromquelle. Hans-Josef Fell suchte und fand ein mit klimaneutralem Rapsöl betriebenes Blockheizkraftwerk. Das etwa Kühltruhen-große Gerät war eines der ersten seiner Art in einem privaten Wohnhaus weltweit.

Ein herkömmlicher Dieselmotor treibt einen Generator an. Der produziert Strom. Die Abwärme des Motors wiederum heizt einen 800 Liter großen Speichertank auf, der für Heizung und Warmwasser sorgt.

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Hans-Josef Fell an seinem Blockheizkraftwerk

Stromspeicher für mehrere Tage

Die letzte Komponente auf dem Weg zur Unabhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz ist ein Batteriespeicher in Fells Keller. Der Lithiumspeicher fasst 20 Kilowattstunden Strom. Das ist der durchschnittliche Bedarf von vier Tagen in einem bundesdeutschen Zwei-Personen-Haushalt wie bei den Fells. Gesteuert und überwacht werden die einzelnen Komponenten von modernster Computertechnik.

Selbst der Wetterbericht soll genutzt werden

"Noch läuft das nicht immer so, wie ich das will. Aber wir optimieren das ständig", sagt der 69-jährige, dem man die Lust am Tüfteln und Ausprobieren anmerkt. Einer der nächsten Schritte ist, dass sogar der Wetterbericht der nächsten Tage mit in die technische Steuerung einfließt. Ist blauer Himmel zu erwarten, soll das Blockheizkraftwerk weniger Strom produzieren. Dann bleibt Platz frei im Batteriespeicher für den kostenlosen Sonnenstrom.

Vater des EEG

Während seiner Zeit als Grünen-Bundestagsabgeordneter hat sich Hans-Josef Fell mit dem sogenannten EEG verewigt, mit dem "erneuerbare Energien-Gesetz", dessen wichtigster Vordenker er war. Ihm war früh klar, dass die Bereitschaft in der Bevölkerung, selbst umweltfreundlichen Strom zu produzieren, nur steigen wird, wenn es klare gesetzliche Vorgaben und Entgeltregelungen für die produzierte Elektrizität gibt. Die Einführung des EEG im März 2000 in Deutschland sorgte weltweit für Beachtung, um die EEG-Umlage gibt es aber bis heute Streit. Von 1998 bis 2013 war Fell Mitglied des Deutschen Bundestags.

Gegen Widerstände und Zweifler

Was Fell bis heute antreibt, ist der Wille den aus seiner Sicht Zauderern und Zweiflern mit Fakten entgegentreten zu können. So ist er auch nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter ständig zu Tagungen und Vorträgen unterwegs. Aber er will auch ganz praktisch Erfahrungen sammeln, um andere überzeugen zu können.

"Ich muss es selbst ausprobieren, nur dann kann ich es wirklich verstehen und einordnen", sagt er, der weiß, wie hartnäckig Kritiker jedes Detail beleuchten und mögliche Schwächen in seinen Konzepten und Ideen aufdecken.

Auch das ist ein Grund, warum er nicht geruht hat, bis er seine These vom energieautarken Wohnhaus nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch ein seinen eigenen vier Wänden umgesetzt hatte. Und natürlich auch wegen des "erhebenden Moments", wie er sagt, als er schließlich den Schalter umlegen konnte.

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