Demonstranten mit zwei Plakaten, "Wir bleiben alle" und "Keine Rendite mit der Miete"
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Wem gehören die Wohnungen in Augsburg, München und Würzburg? Wo fließt die Miete hin und wer profitiert von den steigenden Preisen?

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Die Bürgerrecherche: Wem gehört die Stadt?

Steigende Mieten, knapper Wohnraum: In vielen Städten wird Wohnen zum existenziellen Problem. Der Bayerische Rundfunk und das Recherchezentrum Correctiv wollen mit Bürgerinnen und Bürgern herausfinden: Wem gehören Augsburg, München, Würzburg?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Claudia Raufer lässt zusammen mit ihren beiden kleinen Kindern Spielzeug-Autos durchs Wohnzimmer fahren. Die 40-jährige Augsburgerin erwartet Mitte Januar ihr drittes Kind. Dann wird es noch enger in der 3-Zimmer-Wohnung. Schon seit zwei Jahren versuchen sie und ihr Mann, eine größere Wohnung oder ein Haus in ihrer Heimatstadt zu finden – ohne Erfolg. "Da müssen beide Vollzeit arbeiten, dass die Familien sich das überhaupt leisten können, weil die Preise sind ja so hoch", sagt sie.

Wohnungsnot in Augsburg, München und Würzburg

Die Augsburgerin hat miterlebt, wie sich der Mietmarkt in ihrer Heimatstadt entwickelt hat: Die Preise steigen rasant. Wie auch in München – einer der teuersten Städte Deutschlands. Ein besonders drastisches Beispiel dort: ein "Künstlerhaus". Einst eine Art Kommune für Kreative, soll das Ensemble jetzt eine Luxusimmobilie werden. Mieter Tilman Schaich ist einer der wenigen, die noch da sind. Doch auch er fürchtet, dass er bald seine Wohnung räumen muss, denn nach den Modernisierungsmaßnahmen soll sich seine Miete um rund 120 Prozent erhöhen. Er ärgert sich: "Da geht es nicht um den Mieter oder um den Menschen, da geht es um Investment und um möglichst hohen Profit."

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Drei Städte, viele Probleme auf dem Wohnungsmarkt

Auch in der Universitätsstadt Würzburg ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt. Marco Löscher studiert hier E-Commerce und lebt mit seiner Freundin in einer Dreier-WG. Jetzt ist ihnen die Wohnung zu teuer geworden, weil die Nebenkosten stark gestiegen sind. "Unser Problem ist, dass wir uns diese Wohnung noch gerade so leisten, aber nichts mehr zurücklegen können", erzählt der 26-Jährige. Weg wollen und können sie nicht: Die Studienplätze sind in Würzburg. Aber eine bezahlbare neue Wohnung finden: Fehlanzeige.

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Augsburg, München, Würzburg: Woran liegt es, dass die Miet-Preise so rasant steigen? Wer profitiert von hohen Renditen? Und wohin fließt das Geld aus den Mieteinnahmen? Um solche Fragen geht es bei der Bürgerrecherche "Wem gehört die Stadt?" des Bayerischen Rundfunks und des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv.

Bürgerrecherche für mehr Transparenz

Die Eigentumsverhältnisse vor allem in größeren Städten sind oft intransparent. BR und Correctiv rufen Bürgerinnen und Bürger in den drei Städten dazu auf, Informationen zum Wohnverhältnis zur Verfügung zu stellen. Ab dem 13. Januar können Bürger in Augsburg, München, Würzburg und dem jeweiligen Umland sechs Wochen lang unter br.de/wemgehoert Informationen zu den Eigentümern ihrer Wohnungen eingeben und ihre Mietergeschichte erzählen.

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Ziel ist es, mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen. Denn ein öffentliches Immobilien-Register gibt es, anders als zum Beispiel in Großbritannien, in Deutschland nicht. Mit Hilfe der von Bürgern zur Verfügung gestellten Informationen recherchieren Journalisten weiter, um herauszufinden, welche Rolle institutionelle Anleger und ausländische Investoren am Markt spielen, wo das Geld für die Investitionen herkommt, und wo Gewinne hinfließen. Es geht darum, Strukturen und Muster zu erkennen. Politik und Gesellschaft müssen Lösungen finden für die Krise auf dem Wohnungsmarkt. Das funktioniert nur, wenn sie wissen, wem die Städte gehören.

Bereits in sechs Städten erfolgreich

Die Bürgerrecherche "Wem gehört die Stadt?" wurde 2018 von Correctiv ins Leben gerufen und bisher in sechs Städten, darunter Hamburg, Berlin, Minden und Lüneburg, mit lokalen Kooperationspartnern durchgeführt. Mehrere tausend Bürger haben sich bereits deutschlandweit beteiligt. So kam in Hamburg ans Licht, dass ausgerechnet die städtische Wohnungsbaugesellschaft einer der Preistreiber ist; in Berlin, dass eine in Deutschland nahezu unbekannte Londoner Familie mit rund 3.000 Wohnungen zu den Großeigentümern in der Stadt gehört. Das hatte sie mit Hilfe eines Geflechts von Briefkastenfirmen verschleiert.

Hier geht's zu den meistgestellten Fragen zu unserer Bürgerrecherche.

Datenschutz hat oberste Priorität

Die von den Bürgern zur Verfügung gestellten Daten werden mit größter Sorgfalt behandelt. Der Server zur Plattform befindet sich in Deutschland, das heißt auch: Die Daten bleiben in Deutschland. Zugriff darauf hat nur ein ausgewähltes Team von Journalisten, das die Daten intern auswertet. Informationen, die Rückschlüsse auf die Informationsgebenden zulassen, werden nicht veröffentlicht – es sei denn, die Teilnehmer haben explizit zugestimmt.

Mieten, kaufen, wohnen: Wem gehört die Stadt?

Der Fokus liegt auf großen Finanzinvestoren mit Einfluss auf den Wohnungsmarkt und Organisationen, die fragwürdig handeln. Namen von Einzelpersonen oder genaue Adressen von deren Wohnungen oder Häusern werden nur veröffentlicht, wenn sich aus der Recherche ein berechtigtes, öffentliches Interesse ergibt.

Auch Tilman Schaich aus München will bei der Bürgerrecherche mitmachen. Er wünscht sich, dass der Mietmarkt transparenter wird: "Es ist ganz viel unbekannt. Niemand weiß, wer kauft wo, und wer ist der Eigentümer."

Sollten Sie Fragen oder Hinweise haben, schreiben Sie uns an wemgehoert@br.de

Correctiv ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum. Correctiv arbeitet unabhängig und nicht gewinnorientiert. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge von Unterstützerinnen und Unterstützern und über Spenden. Mehr über Correctiv unter correctiv.org.

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Der Titel "Wem gehört die Stadt?" in einer Collage über einer Stadtansicht
Bildrechte: BR, picture-alliance/dpa, Montage: BR
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Wem gehört die Stadt? Gemeinsam mit den Bürgern möchten BR und Correctiv den Immobilienmarkt transparenter machen.