Horst Seehofer (CSU)
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Demokratieförderung: Union bremst Seehofer aus

Die Anschläge in Hanau und Halle, der Mord an Walter Lübcke – eine Antwort der Bundesregierung darauf sollte das Demokratiefördergesetz sein. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte es mit der SPD vorangetrieben. Doch die Union im Bundestag bremst.

Vor einer Woche zeigte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer fast euphorisch. Der CSU-Politiker sprach von "Glückshormonen" – ausgelöst dadurch, dass in lange festgefahrene Gesetzesvorhaben wieder Bewegung komme. Er habe persönlich Druck gemacht. Heute zeigt sich: Dieser Druck scheint auf den letzten Metern von Seehofers Amtszeit nur noch begrenzt zu wirken.

Schon Ende November 2020 hatte der Kabinettsausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus 89 Maßnahmen beschlossen. Ein Teil: das Demokratiefördergesetz. Das Bundeskabinett hat heute nur die Eckpunkte gebilligt, das eigentliche Gesetz lässt auf sich warten. Denn die Unionsfraktion im Bundestag bremst – und stellt sich damit nicht nur gegen den Koalitionspartner SPD, sondern auch gegen den eigenen Innenminister.

Union pocht auf Verfassungsbekenntnis

Das Gesetz sieht unter anderem eine dauerhafte finanzielle Förderung vor, für Vereine und Initiativen, die sich gegen Hass, Hetze, Gewalt und Extremismus stark machen. Bisher fördert der Bund nur einzelne Projekte dieser Initiativen. Nach einigen Monaten oder Jahren sind sie abgeschlossen und die Förderung endet. Die Vereine beklagen, dass eine kontinuierliche Arbeit so kaum möglich ist.

Die Union verlangt von diesen Gruppen, dass sie sich bei ihrem Antrag künftig schriftlich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Einige Initiativen sehen sich dadurch unter Extremismus-Verdacht gestellt. Deshalb plädierte die SPD zuletzt dafür, dieses Bekenntnis in Form eines Hakens auf dem Antragsformular zu verkürzen. Die Diskussion dazu läuft noch.

Vor zehn Jahren hatte die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) schon mal eine Extremismusklausel eingeführt, ehe sie von Gerichten und schließlich auch von der Politik wieder kassiert wurde.

Weiter keine Lösung für "Rasse"-Begriff

Ein weiterer Streitpunkt in der Koalition: Der "Rasse"-Begriff in Artikel 3 des Grundgesetzes. Der Kabinettsausschuss hatte beschlossen, den Begriff zu ersetzen. Künftig solle es "Diskriminierung aus rassistischen Gründen" heißen – so ein Kompromiss der Koalition vor gut zwei Monaten. Doch auch hier gibt es Bedenken in der Unionsfraktion.

Zudem wäre für die Änderung des Grundgesetzes eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag nötig. Es ist unwahrscheinlich, dass die in den verbleibenden drei Sitzungswochen dieser Legislaturperiode noch zusammenkommt. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) rechnet offenbar nicht mehr damit. In einem Interview sagte sie: "Jetzt schließt sich das Zeitfenster, in dem eine Grundgesetzänderung möglich wäre."

  • Zum Artikel: Bundesrat: Streichung des "Rasse"-Begriffs aus dem Grundgesetz?

Regierung setzt bisher nur einen Teil der Beschlüsse um

Einige der 89 beschlossenen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus werden momentan umgesetzt. So soll das Schreiben und Verbreiten sogenannter "Feindeslisten" zum Beispiel unter Strafe gestellt werden. Auch verhetzende Beleidigungen sollen bald als Straftat geahndet werden.

Doch etliche Punkte, wie das Demokratiefördergesetz, bleiben offen. Bundesinnenminister Seehofer formuliert es so: "Wir haben ein solides Fundament geschaffen, auf dem die nächste Regierung aufbauen kann." Die Bekämpfung von Extremismus sei eine politische Daueraufgabe.

Seehofers Bauland-Gesetz stößt auf Widerstand in Bayern

Seehofer bekommt aber noch bei einem anderen Vorhaben Gegenwind. Am vergangenen Freitag hatte der Bundestag sein Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Es soll helfen, mehr bezahlbare Wohnungen zu schaffen.

Doch die bayerische Staatsregierung will das Gesetz über den Bundesrat stoppen. Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) befürchtet einen zu großen Eingriff ins Eigentum und hat deshalb beantragt, den Vermittlungsausschuss einzuschalten. Ob sie dafür bei den anderen Bundesländern eine Mehrheit finden wird, ist fraglich.

Doch wenige Monate vor dem angekündigten Ende seiner politischen Karriere zeigt sich: Der Bundesinnenminister stößt vor allem in den eigenen Reihen mehr und mehr auf Widerstand.

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