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Söder und Seehofer

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CSU-Parteitag: Versuch einer Harmonie

Die CSU steht vor einem interessanten Experiment: Nach wochenlangem, zermürbendem Machtkampf zwischen Horst Seehofer und Markus Söder sollen auf dem Parteitag alle Geschlossenheit demonstrieren - als wäre nichts gewesen. Von Sebastian Kraft

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die beiden Alphatiere dürften Profis genug sein, ihre persönlichen Differenzen zu überbrücken. Nur zieht auch die Basis mit? Sie hat es in der Hand, mit welchem Ergebnis Horst Seehofer nach Hause fährt.

Vorerst keine Spitzenkandidaten-Kür

Die Parteitagsregie hat vorgesorgt, nichts soll die Harmonie stören. Wenn am späten Freitagnachmittag Angela Merkel ihre Gastrede hält, ist es kaum vorstellbar, dass Horst Seehofer sie danach auf offener Bühne kritisiert wie 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsfrage. Es wird harmonisch werden, das ließ der CSU-Chef im Laufe der Woche in München schon durchklingen. Der größte politische Sprengsatz wurde ohnehin mit einem Kniff aus der Satzung aus dem Weg geräumt: Die Kür des Spitzenkandidaten (und damit wohl zukünftigen Bayerischen Ministerpräsidenten) für die Landtagswahl im Herbst 2018.

Zauberwort Akklamation

Akklamation heißt das Zauberwort am Samstagmittag, wenn Markus Söder vom Parteitag in seiner Heimatstadt Nürnberg als Seehofers Erbe aufs Schild gehoben wird. Laut CSU-Satzung ist das möglich, die Erklärung simpel: Die Wiederwahl von Parteichef Horst Seehofer am Samstagmorgen muss in geheimer Wahl erfolgen. Bevor alte Gräben wieder aufbrechen könnten und die Wahlergebnisse von Seehofer und Söder vergleichbar werden, müssen die Delegierten also nur die Hand heben – oder es lassen. Im Gegensatz zur geheimen Wahl fällt das dann aber auf und kein Delegierter will wohl abends als derjenige über die Bildschirme laufen, dessen Hand unten bleibt.

Für Söder-Gegner bleibt höchstens die rechtzeitige Flucht aus der Messehalle und für Beobachter somit die Frage, ob die Toiletten in diesem Moment überbevölkert sein werden und wie lange die Schlage vor der Kaffeeausgabe in der Eingangshalle wird. Soll ja alles schon vorgekommen sein.

Erreicht Seehofer nochmal Spitzenwerte?

Horst Seehofer wird bei seiner fünften Wiederwahl allerdings um ein geheimes Abstimmungsergebnis nicht herumkommen. Bisher hatte er immer Spitzenergebnisse vorzuweisen, zwischen 87,3 und 95,3 Prozent. Die spannende Frage wird nun, ob er ein ähnliches Ergebnis überhaupt erreichen kann. Er hat schließlich das historische schlechteste CSU-Wahlergebnis bei Bundestagswahlen (38,8 Prozent) zu verantworten und steht bei großen Teilen der Basis wegen seiner Wendigkeit gegenüber Angela Merkel stark in der Kritik.

Auf der anderen Seite hat er den erbitterten Machtkampf mit seinem Rivalen Markus Söder aus eigenen Stücken beendet und will im Frühjahr 2018 als Bayerischer Ministerpräsident zurücktreten. Nicht zuletzt will und darf die CSU ihren Parteichef vor den schwierigen Verhandlungen in Berlin mit der SPD nicht unnötig beschädigen.

Seehofer setzt auf "kollektive Intelligenz" der CSU

Seehofer selbst gibt sich im Vorfeld gelassen und weist auf die "kollektive Intelligenz" der CSU hin. Die Abgeordneten, so ist zu hören, rufen ihre Delegierten schon zur Geschlossenheit auf. Trotzdem bleibt die Wahl unberechenbar, weil bei der CSU nicht mehrheitlich Mandatsträger wie bei der CDU abstimmen, sondern Vertreter der Basis. Und geheime Wahlen sind nun mal ein Ventil, um Unzufriedenheit auszudrücken und Luft abzulassen.

Ein "Signal der Geschlossenheit" wünscht sich auch Seehofers innerparteilicher Konkurrent Markus Söder. Der designierte bayerische Ministerpräsident steht vor der schweren Aufgabe, die absolute Mehrheit in einem Dreivierteljahr zu verteidigen. Der noch amtierende Finanzminister lässt in diesen Tagen in seinen unzähligen Interviews kaum eine Gelegenheit aus, Seehofer zu loben - um das stark ramponierte Außenbild der CSU wieder zurecht zu rücken.

Erzwungener Schulterschluss

Am Ende war es vor allem die existentielle Lage mit ständig sinkenden Umfragewerten, die die beiden Streithähne Seehofer und Söder zum Schulterschluss förmlich zwang. Die Ereignisse des Jahres 2007 waren beiden eine Warnung: Damals jagte die CSU in einer ähnlichen Situation Edmund Stoiber vom Hof – das Duo Günther Beckstein / Erwin Huber verlor ein Jahr später die Landtagswahlen.

"Kontinuität und Erneuerung"

"Kontinuität und Erneuerung" lauten nun die Schlagworte, der Parteitag soll der Startschuss für die neue Geschlossenheit mit einer Doppelspitze werden und einen Schlussstrich unter den heftigen Machtkampf ziehen. Gelingt das, fangen die eigentlichen Aufgaben erst an: Wahlkampf gegen die AfD, die in Bayern bei den Bundestagswahlen 12,4 Prozent holte. Die unzufriedenen Protestwähler will Markus Söder zurück zur CSU holen. Horst Seehofer parallel dazu eine Koalition in Berlin verhandeln. In der Zuwanderungsfrage wollen beide Härte zeigen, sonst, so die einhellige Meinung, ist die Landtagswahl schon verloren. Die ewigen Rivalen brauchen sich mehr denn je gegenseitig.