Teilnehmer hielten bei der Demonstration in Erding gegen die Klima-Politik der Ampel Schilder mit verschiedenen Aufschriften hoch.
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Teilnehmer hielten bei der Demonstration in Erding gegen die Klima-Politik der Ampel Schilder mit verschiedenen Aufschriften hoch.

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Bauunternehmer bei Erding-Demo - "weil es in mir sehr brodelt"

Das geplante "Heizungsgesetz" sorgt für Unmut. Den wollten Teilnehmer einer zurückliegenden Demo in Erding zeigen - auch ein oberbayerischer Bauunternehmer. Unter die Tausenden Anwesenden mischten sich verschiedene Gruppen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Demonstration in Erding unter dem Motto "Stoppt die Heizungsideologie" hallt immer noch nach. Nach viel Aufregung um den Auftritt von Bayerns stellvertretendem Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger hat etwa das Münchner Kulturzentrum Backstage eine Veranstaltung mit dem Freie-Wähler-Chef abgesagt.

Bauunternehmer einer von 13.000 Menschen in Erding

Auch inhaltlich hat sich um das geplante sogenannte Heizungsgesetz mittlerweile etwas getan: Nach langem Streit einigten sich die Ampel-Regierungsfraktionen auf "Leitplanken". Doch die seien viel zu allgemein, es werde taktiert, sagt der Bauunternehmer Otto Leibenger. Er war am 10. Juni noch einer unter den rund 13.000 Teilnehmern in Erding.

Über Freunde erfuhr er von der Veranstaltung. Sein Beweggrund, das erste Mal auf eine Demonstration zu gehen: "Weil die Stimmung auch in mir sehr brodelt", fasste er im Gespräch mit BR24 zusammen. Es gebe eine Vielzahl an Themen, die die Bevölkerung nicht hinnehmen wolle.

Schon im Vorfeld der Veranstaltung war befürchtet worden, dass es eine aufgeheizte Stimmung geben könnte. Mit-Initiatorin und Kabarettistin Monika Gruber hatte sich in der Vergangenheit mehrfach in politische Debatten eingebracht und damit polarisiert. Zudem hatten AfD-Politiker zu der Demonstration aufgerufen; von der Kundgebung selbst war die Partei ausgeladen worden.

Bunte Mischung an Teilnehmern

Leibenger blieb trotz mancher Befürchtungen bei seiner Position. Nach Gesprächen vor Ort beschreibt er es als seinen Eindruck, in Erding sei "ein Abbild der Gesellschaft" gewesen - bis auf einen kleinen Prozentanteil davon diejenigen, "die das Land am Laufen" hielten. So habe er es wahrgenommen. Doch eine kleine, aber lautstarke Gruppe habe versucht, die Veranstaltung zu stören, sie zu "infiltrieren".

So erzählte Leibenger, dass neben Applaus bei der Rede von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auch jemand hinter ihm gestanden und immer wieder rumgeschrien habe. "Sei mal still", hat Leibinger nach eigener Aussage versucht, entgegenzuhalten. So etwas sei kein demokratisches Verhalten - "ich wollte den Rednern zuhören", beschreibt er seine Motivation. Mit-Initiatorin Gruber musste jedoch wegen zahlreicher Pfiffe und Buh-Rufen dazu aufrufen, jeden Redner ausreden zu lassen.

Schilder oder Protestaufschriften wie "Hängt die Grünen" habe Leibenger wahrgenommen, aber nur vereinzelt: "Solche Aussagen verurteile ich." Viele hätte aber nichts hochgehalten. Gleichzeitig verurteilt Leibenger aber auch Aussagen, es sei eine "rechtsradikale Demo" gewesen, wie etwa Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, auf Twitter schrieb.

In Erding erschienen Sympathisanten für verschiedene Gruppen. Laut BR-Reportern waren auch AfD-Anhänger und Querdenker dabei. Für die Tagesschau hatte sich eine BR-Reporterin unter den Teilnehmern umgehört - dabei wurde klar, dass es nicht nur um das "Heizungsgesetz" ging: "Die Regierung" beziehungsweise "das gesamte Parteiensystem" gehöre weg, sagte jemand. "Wir sind ein kleines Land, das die Welt retten will, mit dieser Klimapolitik und das wird nicht funktionieren", meinte jemand anderes. Und: Die Grünen seien eine reine Verbotspartei.

Aiwanger in der Kritik

Vor allem Hubert Aiwanger steht seit dem vergangenen Wochenende im Kreuzfeuer. Kritiker werfen dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Populismus und fehlende Abgrenzung nach rechts vor - besonders wegen dieses Satzes: "Jetzt ist der Punkt erreicht, wo die große schweigende Mehrheit sich die Demokratie zurückholen muss (...)." Leibenger sagt: "Solche Sätze hätte man streichen können." Er findet aber auch, die Worte würden aus dem Zusammenhang gerissen. Der Ingenieur sieht in Aiwangers Ausspruch weniger einen Angriff auf die Demokratie, sondern vielmehr die Aussage "Wir lassen uns das nicht mehr bieten". Aiwanger selbst verteidigte zwei Tage nach dem Auftritt seine Haltung.

Neben Politikerreden waren auch teils zeitlich kürzer angesetzte Redebeiträge, etwa vom Präsidenten des Bayerischen Bauernverbands oder dem Präsidenten des Bayerischen Waldbesitzerverbands anberaumt. Beispielsweise hat laut Leibenger ein Bäcker unter anderem berichtet, wie dieser schließen müsse, weil er aufgrund der politischen Rahmenbedingungen seine Existenz verliere. In seiner Rede meinte dieser unter Applaus laut dem Online-Nachrichtenportal "Merkur.de" weiter: "Ich lasse aus meiner Heimat keine DDR 2.0 machen."

Der Oberbayer Leibenger ärgert sich darüber, dass die Teilnehmer auch durch die mediale Berichterstattung in eine rechte Ecke geschoben worden seien. Dort sieht er sich nicht. Nach eigener Aussage ist er politisch unabhängig, habe noch nie AfD gewählt. Für die nächsten Demonstrationen erwartet er noch viel mehr Teilnehmer - im Freundeskreis würden sich immer mehr melden, beim nächsten Mal auch dabei sein zu wollen.

Gruber: Vorerst keine Demo in München

Kabarettistin Gruber änderte derweil ihre Pläne: Zunächst soll es keine weitere Demo gegen das Gebäudeenergiegesetz, umgangssprachlich Heizungsgesetz, geben. "Aufgrund der Abänderung des Heizungsgesetzes stellen wir den Protest vorerst ein", sagte sie dem "Münchner Merkur" und "tz". "Jedoch würden wir wieder von unserem demokratischen Grundrecht Gebrauch machen und den Protest fortsetzen, falls ähnliche bürger- und wirtschaftsfeindliche Gesetze und Maßnahmen seitens der Ampelregierung geplant würden."

Im Audio: Eindrücke aus Erding

Teilnehmer hielten bei der Demonstration Schilder mit den Aufschriften "No Habeck - No cry" in die Höhe.
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Teilnehmer hielten bei der Demonstration Schilder mit den Aufschriften "No Habeck - No cry" in die Höhe.

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