Grüner Mutterpass und Ultraschalbild einer Schwangeren
Bildrechte: BR

Schwangere mit Mutterpass

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Baby oder Geld zurück – Wie Kliniken für die Eizellspende werben

Für Kinderwunschpatientinnen ist die Chance auf ein Baby mit einer Eizellspende oft höher als mit eigenen Eizellen. Eizellspenden sind in Deutschland verboten. Deshalb reisen Tausende jedes Jahr zur Behandlung ins Ausland. Ein lukratives Geschäft.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Elly und ihr Mann haben schon 38.000 Euro ausgegeben - für Kinderwunsch-Behandlungen, Tabletten und Spritzen. Sie wünschen sich seit drei Jahren ein Kind. Das Paar hat es mit mehreren künstlichen Befruchtungen in Deutschland versucht. Bis Elly, die nur ihren Vornamen nennen möchte, nach einer speziellen Diagnostik ihrer Eizellen erfährt: Ihre Chancen auf ein Baby sind sehr gering – zumindest mit den eigenen Eizellen.

Fast jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Vielen kann die Reproduktionsmedizin helfen. Doch wenn die Frau kaum noch Eizellen hat, zum Beispiel wegen vorzeitiger Wechseljahre, dann stößt das Paar in Deutschland schnell an Grenzen. Samenspenden sind erlaubt, Eizellspenden aber verboten – noch. In Berlin wird zurzeit diskutiert, wie und ob man auch in Deutschland Eizellspenden legalisiert. Noch aber entscheiden sich viele Paare, es im Ausland zu versuchen.

Letzter Ausweg Eizellspende

Elly erfährt am Telefon, dass ihre Eizellen “nicht in Ordnung” sind und dass es wenig Hoffnung auf ein Baby gibt. Für sie ist das ein neuer Tiefpunkt. Sie steht vor der Entscheidung: So weitermachen wie bisher oder es mit einer Eizellspende versuchen: "Und da habe ich dann gesagt, jetzt gehen wir ins Ausland."

Das Paar entscheidet sich für Spanien, denn dort sind Eizellspenden erlaubt, wie in fast allen EU-Ländern auch. Die Eizelle einer jungen, fruchtbaren Spenderin wird in der Petrischale mit dem Sperma von Ellys Mann befruchtet. Die Chancen pro Versuch liegen bei rund 50 Prozent, hieß es im spanischen Kinderwunschzentrum.

Diese Zahl bestätigt Prof. Heribert Kentenich vom Fertility Center Berlin. Die Schwangerschaftsrate bei Eizellspenden liege bei 49,6 Prozent bei frischen Eizellen; werden sie vor der Übertragung auf die Wunschmutter eingefroren, ist die Rate etwas niedriger.

Nach Angaben von Prof. Kentenich reisen jährlich mehrere tausend deutsche Patientinnen ins Ausland für diese Behandlung, meistens nach Spanien oder Tschechien. Europaweit gebe es mehr als 80.000 Behandlungszyklen mit Eizellspenden - pro Jahr. Mindestens dreimal pro Woche habe er Patientinnen in der Sprechstunde, denen er sagen müsse, dass ihre Chance auf ein Baby verschwindend gering sei. Er befürwortet die Eizellspende, betont aber, dass es auch Risiken geben könne wie etwa eine Präeklampsie, das ist eine Bluthochdruckerkrankung während der Schwangerschaft. Auch sei das Risiko einer Frühgeburt erhöht. Deshalb sollten deutsche Patientinnen die Eizellspende im Ausland keineswegs gegenüber deutschen Frauenärzten verschweigen.

Entscheidung für eine anonyme Spende

Elly will ihrem Kind später auf jeden Fall einmal sagen, auf welche Weise es entstanden ist. Kontakt zur Spenderin wird es aber nicht aufbauen können. „Wir sind der Spenderin total dankbar“, sagt die 40-Jährige, "aber mehr Berührungspunkte wollten wir nicht haben. Wir haben uns unter anderem deswegen für Spanien entschieden und für die anonyme Spende." 14.000 Euro zahlt sie für das “Eizellspende-Paket”.

In Spanien wird den Eizellspenderinnen gesetzlich Anonymität zugesichert. In Deutschland gilt dagegen das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Mehrere Vereine hierzulande sprechen sich daher dafür aus, nur offene Eizellspenden zuzulassen. Der Verein Spenderkinder fordert sogar: Auch Werbung für anonyme Spenden sollte in Deutschland verboten sein. Momentan ist es anders: Nach BR-Recherchen werben ausländische Kliniken nicht nur online, sondern auch auf Messen in Deutschland für Eizellspenden. Mit Rabattaktionen werden Patientinnen gelockt, es werden "Baby oder Geld zurück" -Garantien angeboten, die suggerieren, dass die Patientinnen auf jeden Fall schwanger werden.

Der Bundesverband reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands lehnt solche Messen ab und schreibt dem Bayerischen Rundfunk: Es gehe um ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Betroffenen – das sollte nicht wie auf einem Markt "meistbietend versteigert werden".

Werden Provisionen pro Patientin bezahlt?

Außerdem steht die Frage im Raum, ob Provisionen für die Vermittlung von Patientinnen bezahlt werden. In acht Hintergrundgesprächen mit Personen aus der deutschen Reproduktionsmediziner-Szene stellt sich heraus: Die meisten haben schon einmal mitbekommen, dass ausländische Kliniken eine Provision für deutsche Patientinnen anbieten, beispielsweise 500 Euro pro Patientin. In Deutschland sind Vermittlungsprovisionen gesetzlich verboten, sagt Mariam Asefi vom Forschungsbereich Medizintourismus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: "Es darf bei Patienten nicht pro Kopf eine Pauschale bezahlt werden, an die eine medizinische Behandlung gekoppelt ist." Im Ausland seien solche Provisionen aber erlaubt und auch üblich.

Informationen aus dem Netz

Kinderwunsch-Patientin Elly erwartet von Ärzten "absolute Unabhängigkeit". Sie erzählt, dass sie sich nach der Diagnostik ihrer Eizellen online auf die Suche machte. Ihre erste Anlaufstelle war das Portal Eizellspende.de. Innerhalb von 24 Stunden beantwortet dort der sogenannte "Forumsarzt" einer spanischen Klinik Fragen der Kinderwunschpatientinnen – auf Deutsch. Auf dem Portal stellen sich außerdem zehn ausländische "Partnerkliniken" ausführlich vor und es gibt kostenlose Webinare, etwa zum Thema "Eizellspende als ultima ratio". Wer mitmachen will, muss bei der Anmeldung zustimmen, dass die eigenen Kontaktdaten an die Klinik weitergegeben werden, die das Webinar gibt.

Patientendaten für ausländische Kliniken

Betreiberin von Eizellspende.de ist Claudia Schmid aus Zirndorf bei Nürnberg. Sie verneint auf Nachfrage, dass sie Provisionen pro Patientenkontakt bekomme. Die Patienten hätten “die super Möglichkeit”, mit einem Arzt zu sprechen: "Mir ist nur wichtig, dass die Leute gute Aufklärung haben", sagt die Betreiberin des Portals, "ich gebe die Daten dann weiter und was die daraus machen, ob da was draus wird oder nicht, ist mir egal." Wie sich das Portal finanziert, will Claudia Schmid allerdings nicht öffentlich sagen. Nach eigenen Angaben hat ihr Kinderwunsch-Portal jährlich eine halbe Million Besucher.

Kommission diskutiert über Legalisierung der Eizellspende

Wie viele deutsche Paare für Eizellspenden ins Ausland reisen, darüber gibt es nur Schätzungen. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt, es hätte keine Erkenntnisse "zur Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Verfahren im Ausland". Die deutsche Politik, die eine "gespaltene Mutterschaft" durch Eizellspenden verhindern will, verschließt davor offenbar die Augen.

In Deutschland diskutiert zurzeit die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin darüber, ob Eizellspenden in Deutschland künftig erlaubt werden. Das war der Wunsch der FDP, festgehalten im Koalitionsvertrag. Ergebnisse wird es im kommenden März geben, bis dahin laufen die Beratungen vertraulich, schreibt das Bundesgesundheitsministerium dem Bayerischen Rundfunk.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!