Die Kirche St. Benedikt im bayerischen Schäftlärn.
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Jetzt ist sie profaniert: Die Kirche St. Benedikt im bayerischen Schäftlärn.

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Auszug aus dem Gotteshaus: Ebenhausener Kirche profaniert

Letztes Geleit für eine Kirche: Die Ebenhausener Kirche St. Benedikt hat keine sakrale Bestimmung mehr. Hohe Kosten, zu wenige Gläubige - auch anderswo wurden Gotteshäuser geschlossen. Die Gemeinde von St. Benedikt feierte gestern die Profanierung.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Ministranten mit Weihrauch, Fahnen, Hunderte Gläubige mit Kerzen in den Händen, mittendrin der Pfarrer mit dem Allerheiligsten: Mit einer Lichterprozession und einem feierlichen Gottesdienst haben die Menschen im Schäftlarner Ortsteil Ebenhausen Abschied von ihrer Kirche St. Benedikt genommen.

Abschied mit Fahnen und Bläsern

Eine Blaskapelle und Fahnenabordnungen der örtlichen Vereine gaben dem Gotteshaus am Samstagabend eine Art letztes Geleit. Zuvor hatte Pfarrer Stefan Scheifele das Ewige Licht gelöscht, das Altartuch zusammengefaltet, das Allerheiligste aus dem Tabernakel genommen.

Die Kirche, erbaut in den 1960er Jahren, ist nun kein sakraler Ort mehr. Scheifele vollzog, was das Erzbistum München und Freising in Übereinstimmung mit den örtlichen Kirchengremien beschlossen hatte: das Haus zu profanieren. Das bedeutet: Der sakrale Zweck des Gebäudes wird entzogen und es wird für weltliche Zwecke geöffnet. Denn das Gebäude ist marode, das Fundament durchfeuchtet, das Dach nass, der Turm vorsorglich eingehüllt. Die Sanierung würde 2,5 bis 3,5 Millionen Euro kosten.

Die Pfarrkirche St. Benedikt in Schäftlarn war ab 1961 nach Plänen des Architekten Hans Heps errichtet und 1965 eingeweiht worden. Der in München geborene Heps war damals Leiter des erzbischöflichen Bauamtes in Freising und an der Errichtung zahlreicher Kirchen beteiligt.

Doch wurde das Haus mit 450 Plätzen zu groß konzipiert. Nur eine Handvoll Menschen kam zuletzt regelmäßig zu Gottesdiensten. Sieben bis 13 Leute seien es gewesen, sagt Scheifele.

Mehr Besucher als an Weihnachten

Anders an diesem Samstagnachmittag. Jeder Platz besetzt, viele stehen - es ist voll wie nicht einmal an Weihnachten. Einige haben Platz genommen auf den kleinen Stühlen in der hinteren Ecke der Kirche, wo sonst die Kleinsten während des Gottesdienstes malen durften.

Mit der Verlesung des entsprechenden Dekrets des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, sei die Profanierung amtlich, sagt Scheifele. "Die Kirche darf abgebrochen oder einer profanen, aber nicht unwürdigen Nutzung zugeführt werden", heißt es darin. Was mit dem Bau konkret geschieht, ist noch offen.

Kein Ersatzbau für St. Benedikt

St. Benedikt ist laut Erzbistum die erste Kirche in jüngerer Zeit, die ohne Ersatzbau profaniert wird. In München war Anfang des 19. Jahrhunderts die Augustinerkirche profaniert worden, in dem Gebäude ist heute das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum untergebracht. Die Karmeliterkirche und die Allerheiligen-Hofkirche in der Residenz werden nach massiven Kriegsschäden nicht mehr als Kirchen genutzt.

Pfarrer Scheifele erinnerte an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, das, befreit von der Knechtschaft, 40 Jahre als pilgerndes Volk unterwegs gewesen sei. Gott habe immer wieder für eine neue Heimat gesorgt. Diese finden die rund 700 Katholiken der Pfarrei Ebenhausen nun ein paar hundert Meter weiter in der kleinen Filialkirche St. Michael romanischen Ursprungs. Rund 60 Plätze hat sie - an normalen Tagen dürfte das genügen.

An diesem Abend aber herrscht dichtes Gedränge. Die meisten müssen mit ihren Kerzen draußen bleiben, als Pfarrer Scheifele mit dem Allerheiligsten aus St. Benedikt die barockisierte Kirche betritt.

Ort von Taufen und Eheschließungen, Ort der Heimat

"Betrüblich", "sehr schade", "traurig", aber auch: "nachvollziehbar" sind die Kommentare zur Profanierung. Mancher hat eine Träne in den Augen. Für viele ist es ein Abschied von Erinnerungen. Es seien Menschen gekommen, die hier ihre Kinder taufen ließen oder die Ehe geschlossen hätten, sagt Dekan Gerhard Beham. Es gehe nicht um das Gebäude - sondern um das, was hier erlebt und erfahren worden sei.

"Für mich war die Kirche auch Heimat", sagt der Schäftlarner Bürgermeister Christian Fürst (CSU). Für die Gemeinde sei es ein Einschnitt: Es gehe ein Raum für Veranstaltungen verloren, den sich die Gemeinde in dieser Größe selbst nicht leisten könne. In der Kirche fanden etwa immer wieder Konzerte statt. Fürst sagt aber auch: "Ich kann die Entscheidung verstehen, das Haus war immer zu groß."

Genug Kirchen zum Gottesdienstbesuch bleiben im Pfarrverband Schäftlarn jedenfalls, der neben Schäftlarn die Gemeinden Baierbrunn und Icking umfasst: Dort gibt es neun weitere Gotteshäuser.

Bundesweit 126 Kirchen in fünf Jahren profaniert

Bundesweit wurden in den vergangenen fünf Jahren 131 katholische Kirchen geschlossen. 126 von diesen wurden laut Deutscher Bischofskonferenz (DBK) auch profaniert. Im vergleichsweise reichen Erzbistum München und Freising ist das lange nicht geschehen. Doch auch hier muss gespart werden. Kirchenaustritte lassen die Steuereinnahmen sinken, dabei steigen die Kosten. Deshalb, so berichtet Scheifele, will das Erzbistum nicht zuletzt bei den Immobilien Kosten reduzieren - und sich unter Umständen auch von Kirchen trennen. Gut möglich, dass es nicht bei St. Benedikt bleibt.

(Mit Material von dpa)

Im Audio: Warum die Ebenhausener Kirche St. Benedikt geschlossen wird:

Die Kirche St. Benedikt im bayerischen Schäftlärn.
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Die Kirche St. Benedikt im bayerischen Schäftlärn.

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