Nach der Diskussion um Wahlplakate des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Nürnberg, zieht die Stadt jetzt Konsequenzen. Die Referentenrunde habe am Dienstagvormittag beschlossen, dass die entsprechende Sondernutzungssatzung für ausländische Parteien überarbeitet werden soll. Andreas Franke, Pressesprecher der Stadt Nürnberg, sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Das Ganze wird nun von der Verwaltung geprüft und muss dann auch von den politischen Gremien entschieden werden. Das dauert sicherlich ungefähr einen Monat und keine zwei Jahre."
Kritik an Erdogan-Plakaten in Nürnberg
Hintergrund: Am Wochenende sind im Stadtgebiet 25 Wahlplakate des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan aufgetaucht. Dies sorgte bei einigen Menschen der türkischen Community Nürnbergs sowie bei Politkern und Wissenschaftlern für Kritik. Bülent Bayraktar, Vorsitzender der türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg, sagte dem BR, es gebe in der Gemeinde unterschiedliche Reaktionen.
Liberale Stimmen sagten, wer Wahlen in Deutschland zulässt, sollte auch Wahlwerbung zulassen, damit sich die Menschen informieren können. Es gebe aber auch Kritik: "Eine große Mehrheit sagt, dass Wahlkampf von einer im Ausland stattfindenden Wahl in Deutschland nichts verloren hat."
Ausländische Wahlwerbung: Klare Regelung gefordert
Kritisch äußert sich auch Politikwissenschaftler Michael Krennerich, internationaler Wahlrechtsexperte von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er teilte dem Bayerischen Rundfunk in einem Statement mit: "(…) man sollte nicht indirekt einen Präsidenten unterstützen, der in der Vergangenheit autokratische Herrschaftszüge an den Tag gelegt hat und dem es immer wieder gelingt, sich im Wahlkampf Vorteile zu verschaffen."
Krennerich sieht zudem die Gefahr, dass der "hochpolarisierte Wahlkampf" nach Deutschland hineingetragen wird. Dies sei für den inneren Frieden des Landes nicht förderlich, so der Politikwissenschaftler. Eine klare Ansage des Auswärtigen Amtes und des Bundesjustizministeriums, ob und wie weit türkische Wahlwerbung in Deutschland zulässig sei, wäre sowohl für die Bundesländer, als auch für die Türkei wichtig, so Michael Krennerich.
Keine Erdogan-Plakate in München, Augsburg und Fürth
Städte in Bayern gehen mit Wahlwerbung aus dem Ausland unterschiedlich um. Die Stadt Augsburg teilte mit, dass es beim Ordnungsamt keine Anträge für eine Plakatierung zu Wahl in der Türkei gebe. Solche Anträge würden man nicht genehmigen, so die Stadt Augsburg. Ähnlich in München: Bislang habe die türkische AKP keine entsprechenden Anträge gestellt, teilte das Münchner Kreisverwaltungsreferat auf BR-Anfrage mit. Doch selbst wenn sich das noch ändern sollte, würde der AKP gemäß der entsprechenden städtischen Verordnung "keine Erlaubnis zur politischen Plakatierung erteilt werden", so eine Sprecherin der Behörde.
Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sagte dem BR, dass es seines Wissens keine Wahlplakate von türkischer Parteien in Fürth gebe. Er könne allerdings nicht ausschließen, dass solche Anträge in Zukunft prinzipiell nicht genehmigt werden würden.
Viele Wahlplakate wieder abgehängt
Unterdessen hat die CSU-Stadtratsfraktion in Nürnberg am Nachmittag einen Antrag gestellt, die Rechtsgrundlage für die Sondernutzung von ausländischer Wahlwerbung im Stadtgebiet zu ändern. Politische Werbung im Stadtgebiet bei Wahlen im Ausland soll in Zukunft untersagt werden. Die CSU-Fraktion will damit erreichen, dass über diesen Sachverhalt im Stadtrat abgestimmt wird.
Von den 25 Wahlplakaten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sind inzwischen viele Plakate wieder verschwunden. Wer sie abgehängt hat, ist unklar. Die Stadt Nürnberg teilte mit, dass sie die Plakate nicht abgehängt habe. Außerdem hat die Stadt auch einem Verein die Genehmigung erteilt, im Stadtgebiet Wahlplakate der Opposition aufzuhängen, so Andreas Franke. Im Stadtteil Gostenhof war zum Beispiel am Vormittag eines dieser Plakate der grünen Partei "Yesil Sol Partei" zu sehen.
Im Video: Erdoğan-Wahlplakate in Nürnberg
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