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Heuschrecke So hilft das große Heupferd im Garten

Ihr Zirpen gehört zum Sommer. Warum Heuschrecken seltener werden, wie wir ihnen helfen können und wie sie uns im Garten helfen.

Stand: 20.07.2022

Grüne Heuschrecke auf Grashalm | Bild: mauritius-images

Bei vielen wecken die kleinen grünen und braunen Insekten alte Kindheitserinnerungen, denn das Zirpen und Schnarren der Heuschrecken klingt nach Sommer und lässt an den Geruch von frischem Heu denken.

76 Heuschreckenarten in Bayern

Der Begriff "Heuschrecken" beschreibt mehr als 26.000 Arten weltweit. Rund 1.000 Heuschreckenarten leben in Europa, 76 davon in Bayern. Die in Bayern am häufigsten vorkommenden Arten sind die Laubheuschrecken, die Grillen, der Grashüpfer oder das grüne Heupferd.

Der Name "Heuschrecke" hat nichts damit zu tun, das Heuschrecken sehr schreckhaft und menschenscheu sind. Der Begriff geht zurück auf das althochdeutsche Wort "scricken" und  bedeutet "springen".

Woran erkenne ich eine Heuschrecke?

Heuschrecken sind grün und braun. Sie können aber auch leicht rot oder lila sein. Eine Sache haben jedoch alle Heuschreckenarten gemeinsam: Sie besitzen sehr kräftige und ausgeprägte Sprungbeine. Damit können die Insekten aus dem Stand das 30-fache ihrer Körperlänge überspringen. Die kleinste deutsche Heuschrecke ist die Ameisengrille. Sie ist nur etwa zwei bis drei Millimeter groß. Im Gegensatz dazu sind Heupferde echte Riesen. Sie werden bis zu fünf Zentimeter lang und springen bis zu zwei Meter weit.

Der Körper der Heuschrecken ist in drei Abschnitte gegliedert: Kopf, Brust und Hinterleib. Am auffälligsten sind Kopf und Fühler. Biologen unterteilen die Schrecken in Langfühler- und Kurzfühlerschrecken. Bei Langfühlerschrecken, wie zum Beispiel Grillen oder den Laubheuschrecken, sind die Fühler länger als der ganze restliche Körper. Kurzfühlerschrecken, wie der Grashüpfer, haben dagegen nur sehr kurze Fühler. Ein weiterer Unterschied ist die Lage des Gehörorgans. Dieses befindet sich bei Langfühlerschrecken an den Schienen der Vorderbeine und bei Kurzfühlerschrecken im ersten Segment des Hinterleibs.

Zirpen, schnarren und singen

Keine andere Insektengruppe beherrscht eine so große Fülle verschiedener Gesänge wie die Heuschrecken. Sie singen um Weibchen anzulocken, Rivalen zu vertreiben und ihr Territorium abzugrenzen. Ähnlich wie bei Vögeln hat jede Art ihren eigenen Ton, eine eigene Melodie und einen eigenen Rhythmus. Dabei kann man Heuschreckengesang bis zu 10 Meter weit hören. Das Zirpen und Schnarren erzeugen die Schrecken übrigens auf zwei verschiedene Arten:

"Feldheuschrecken reiben ihre Beine so schnell an den Flügeln, dass das Geräusch entsteht. Laubheuschrecken erzeugen den Gesang nur mit ihren Flügeln."

Dr. Christian Stierstorfer, LBV Niederbayern

Heuschrecken singen nur im Sommer, tagsüber und an sonnigen Tagen. Dabei kann man die Uhr nach ihrem Zirpen stellen. Das Männchen der Feldgrille zum Beispiel stimmt im Juni immer morgens ziemlich genau um neun Uhr seinen Lockgesang an. Spätestens um zwei Uhr nachts hört er wieder damit auf.

Wo leben Heuschrecken?

Heuschrecken lieben Wärme. Da unser Klima in den letzten Jahrzehnten immer wärmer wurde, gibt es in Bayern mittlerweile auch Heuschreckenarten, die man früher nur im Süden Europas finden konnte. Aber: Heuschrecken mögen es nicht nur warm, sie liegen gerne direkt in praller Sonne.

"Heuschrecken nehmen eine Wärmestellung ein. Sie spreizen ihre Beine so, dass jedes direkt von der Sonne angeschienen wird und nicht im Schatten stehen muss."

Dr. Christian Stierstorfer, LBV Niederbayern

Deshalb kann man Schrecken auch oft regungslos an Hauswänden oder Straßen sitzen sehen. Auch, wenn Sie Heuschrecken vor allem von Wiesen kennen, gibt es kaum einen Lebensraum, der nicht besiedelt wird von Heuschrecken. Manche Schrecken sind Generalisten und haben wenige Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie leben auf kleinen Verkehrsinseln, in Sümpfen, auf Wiesen, in Hochmooren oder Vorgärten. Andere sind echte Spezialisten und auf ihre Umgebung angewiesen, wie der Kiesbank-Grashüpfer zum Beispiel. Er lebt ausschließlich auf Kiesbänken der Alpenflüsse. Genau diese spezialisierten Arten sind meist bedroht, da ihr Lebensraum durch den Klimawandel, die Landwirtschaft und viele weitere Einflüsse zerstört wird.

Fressen und gefressen werden

Die meisten Heuschrecken bevorzugen gemischte Kost. Sie lieben Gräser, Blätter und saftige Pflanzen wie Klee und Löwenzahn genauso gerne wie Insektenlarven oder kleine Raupen. Das weit verbreitete "große Heupferd" ist ein solcher Allesfresser. Es frisst auch Blattläuse. Genau deshalb sollten Sie sich freuen, wenn das große Heupferd in ihrem Garten zuhause ist.

Heuschrecken sind eine Delikatesse für viele Tiere: Vögel, Igel, Spinne, Spitzmäuse, Maulwürfe. Auch Marder, Füchse und Wildschweine fressen Heuschrecken. Weil es so viele natürliche Feinde gibt, haben viele Heuschrecken eine Taktik entwickelt, um in letzter Sekunde zu entkommen. Die Warzenbeißer zum Beispiel können, wenn Sie an einem ihrer Sprungbeine gepackt werden, dieses einfach abwerfen.

Das Heuschreckenjahr

Sobald es draußen warm wird, schlüpfen die Larven aus ihren Eiern. Danach häuten sie sich mehrmals. Innerhalb des riesigen Insektenreiches zählen die Heuschrecken nämlich zu den Halbumwandlern. Das heißt, es findet keine direkte Verwandlung statt wie bei Raupen, die sich verpuppen und zum Schmetterling werden. Die Heuschrecken häuten sich und machen so fünf bis sieben, Grillen sogar mehr als zehn Entwicklungsstadien durch. Allerdings sehen die Larven den erwachsenen Heuschrecken schon sehr ähnlich. Lediglich die Flügel fehlen.

Während viele Grillen bereits ab Mai oder Juni ausgewachsen sind, muss man bei den meisten anderen Schrecken bis mindestens Mitte Juli warten. Danach suchen sich Heuschrecken einen Partner. Die Weibchen legen die Eier in einer sogenannten Legeröhre ab. Das können dünne Erdritzen, Pflanzenstängel, Baumrinden oder Blätter sein. Brutpflege betreiben Heuschrecken in der Regel nicht. Die Mehrzahl der heimischen Schrecken lebt nur einen Sommer lang. Den Winter überdauern die neuen Heuschrecken in Eiform.

Sind Heuschrecken vom Aussterben bedroht

Wer die Bibel kennt, hat eher Angst vor einer Heuschreckenplage als davor, dass Heuschrecken irgendwann aussterben. Die Insekten gehören zu einer der Plagen, die über Ägypten hereinbrach, weil der Pharao das Volk Israel nicht ziehen lassen wollte. Tatsächlich gibt es Überlieferungen aus dem Mittelalter, die solche Heuschreckenplagen belegen. In den vergangenen Jahren gehen jedoch die Populationen von Heuschrecken stetig zurück.

Axel Hochkirch hat sich gemeinsam mit einer Forschergruppe der Universität Trier mit Heuschrecken und deren Gefährdungsstatus beschäftigt. Sie untersuchten alle 1.082 in Europa vorkommenden Heuschreckenarten. Das Ergebnis: 25,7 Prozent der Heuschreckenarten sind bedroht. Aus der Erhebung wurde die erste Europäische Rote Liste für Heuschrecken von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) koordiniert.

Einer der Gründe für die Gefährdung der Heuschrecken sind ihre oft extrem kleinen Verbreitungsgebiete, so Dr. Christian Stierstorfer vom Landesbund für Vogelschutz. Viele Arten kommen nur auf einzelnen Inseln oder an kleinen Berghängen vor. Jede Veränderung der Landnutzung auf solch kleinen Flächen kann daher schnell zum Aussterben von Arten führen.

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