Noch stehen alle Menschen auf der gleichen Ebene einer Waage. Ein Wunschszenario für eine gerechte Gesellschaft.
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Wie wird unsere Gesellschaft die Krise überwinden?

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Prognosen für eine Gesellschaft nach Corona

Der Lockdown aufgrund der Corona-Krise besteht immer noch. Doch wie wird unsere Gesellschaft nach Corona aussehen? Erste Prognosen schwanken zwischen einer gerechteren Gesellschaft und einer noch stärkeren Ungleichheit. Was könnte realistisch sein?

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Die Corona-Krise hat die ganze Welt aus den Fugen gerissen. In vielen Bereichen des Lebens stehen wir im Moment vor enormen Herausforderungen, die uns vermutlich noch lange begleiten werden.

Viele müssen sich komplett neu orientieren

Firmen kämpfen ums Überleben, die Arbeitswelt ist in vielen Branchen zum Stillstand gekommen oder hat sich komplett verändert - abgesehen vom Pflege- und Gesundheitswesen, das in dieser Zeit besonders benötigt wird. Für manche Menschen bedeutet die Krise eine komplette Neuorientierung. Andere wiederum arbeiten unter ganz anderen Bedingungen im Homeoffice. Wer gleichzeitig noch Kinder zu betreuen hat, der gerät im Moment an seine Grenzen. Aber nicht nur Kitas und Schulen fallen aus, sondern auch die Großeltern. Wer sehnt sich da im Moment nicht nach einer Welt wie sie vor Corona war?

Gibt es ein Zurück zur Normalität vor Corona?

Es gibt bislang noch keine eindeutig wirksame Therapie und keinen Impfstoff gegen Covid-19. Wir müssen vermutlich noch länger mit dem Virus leben. Kann es da überhaupt ein Zurück zur Normalität vor Corona geben?

Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat noch mitten in der Krise ein optimistisches Szenario für die Welt nach Corona entworfen. Seine Prognose ist auch, dass es kein Zurück zur Normalität "vor Corona" geben wird. Aber in vielen Bereichen könnte sich die Welt zum Positiven wandeln. Matthias Horx geht davon aus, dass wir über uns hinaus wachsen können, wenn der erste Schock der Einschränkungen überwunden wurde.

"In der nächsten Stufe entdecken wir Menschen, dass daraus auch Freiheiten und Möglichkeiten entstehen. Innere Freiheiten auf der einen Seite und auch die Freiheit zu handeln und sich wieder zu finden, auch mit anderen. Dieser Kriseneffekt ist das, was das Zukünftige ausmacht. Also Zukunft entsteht dann, wenn wir in Krisensituationen über uns hinauswachsen und uns dadurch neu erfinden, als Gesellschaft und auch als einzelne Person.“ Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher

Hoffnung auf mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft

Wenn Menschen über sich hinauszuwachsen, dann suchen sie nach neuen Aufgaben. Eine Möglichkeit könnte sein, dass sie sich mehr um andere kümmern. Daraus folgt mehr Mitmenschlichkeit und Solidarität in unserer Gesellschaft. Viele Nachbarschaftshilfen, die während der Corona-Krise entstanden sind, könnten diese überdauern. Aber auch Kontakte, die trotz "Social Distancing" dann online wieder aufgenommen wurden, stärken das soziale Miteinander. Wir sorgen uns um andere und kümmern uns um unsere Mitmenschen. Für den Zukunftsforscher rücken dann materielle Werte zugunsten von emotionalen in den Hintergrund.

Wie geht es Menschen am Rande der Gesellschaft?

Weniger optimistisch sieht der Soziologe Stephan Lessenich die Welt nach der Corona-Krise. Denn Menschen am Rande der Gesellschaft oder jene, die ohne Arbeit und Perspektive leben, werden weiterhin ums Überleben kämpfen. Für sie entstehen weniger Freiheiten, im Gegenteil, sie werden noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Seine Prognose fällt weniger optimistisch aus, er vermutet sogar, dass wir sehr schnell in alte Muster zurückfallen werden.

Ökonomisches Handeln neu überdenken

Ungleichheiten werden nach der Corona-Krise weiterhin bestehen und die Schere zwischen Arm und Reich wird womöglich noch größer werden. Unser Wirtschaftssystem ist generell auf Wachstum ausgerichtet, da gibt es wenig Platz für ein soziales Miteinander und ein nachhaltiges Denken. Soziologen beschäftigten sich schon immer mit Krisen und können hier Vergleiche ziehen.

"Die jüngeren Krisen, Finanzmarkt, Geflüchtete, Klima, jetzt Covid-19 – das sind alles Ausdrucksweisen unserer Wirtschaftsweise, also der kapitalistischen Ökonomie und wie sie funktioniert und dass sie auf eine bestimmte Weise funktionieren muss.“ Stephan Lessenich, Soziologe, LMU München

Vor diesem Hintergrund ist ein Umdenken in vielen gesellschaftlichen Bereichen notwendig, damit die weltweite Krise in eine positive Richtung gelenkt werden kann. Noch können wir nur erahnen, was auf unsere Gesellschaft zukommen wird. Vieles wird aber auch davon abhängen, wann erfolgreiche Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 vorliegen.

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